08.03.2018

Nanostrukturen aus bislang unmöglichem Material

Neues Verfahren ermöglicht Einbau hoher Anteile von Fremd­atomen in Kristalle.

Oft möchte man die physikalischen Eigenschaften eines Materials ver­ändern, indem man einen gewissen Anteil eines zusätz­lichen Elements hinzu­fügt. Aller­dings gelingt es nicht immer, die gewünschte Menge in die Kristall­struktur des Materials einzu­bauen. An der TU Wien ent­wickelten Forscher jetzt eine neue Methode, mit der bis­lang nicht erreich­bare Mischungs­ver­hält­nisse zwischen Germanium und gewünschten Fremd­atomen erreicht werden können. So ent­stehen neue Materi­alien mit deut­lich ver­änderten Eigen­schaften.

Abb.: Nanostrukturen aus bisher unmög­lichem Material. (Bild: TU Wien)

„In einen Kristall gezielt Fremdatome einzubauen, um seine Eigen­schaften zu ver­bessern, ist eigent­lich eine Standard­methode“, sagt Sven Barth von der TU Wien. Die moderne Elek­tronik beruht auf Halb­leitern mit bestimmten Zusätzen – ein Beispiel dafür sind etwa Silizium­kristalle, in die Fremd­atome wie Phosphor oder Bor eingebaut werden. Auch das Halb­leiter­material Germanium sollte seine Eigen­schaften grund­legend ändern und sich eher wie ein Metall ver­halten, wenn man eine aus­reichende Menge an Zinn bei­mengt – das war bereits bekannt. Doch in der Praxis war das bisher nicht zu erreichen.

Naiv betrachtet könnte man einfach versuchen, die beiden Elemente stark zu erhitzen, sie in flüs­siger Form gut durch­zu­mischen und dann erstarren zu lassen, wie man das seit Jahr­tausenden macht, um ein­fache Metall-Legie­rungen herzu­stellen. „Diese ein­fache thermo­dyna­mische Methode versagt aber in diesem Fall, weil sich die bei­ge­mischten Atome nicht effi­zient ins Gitter­system des Kristalls ein­fügen“, erklärt Barth. „Je höher die Tempe­ratur, umso beweg­licher sind die Atome im Material. Das kann dazu führen, dass sich diese Fremd­atome nach einem erfolg­reichen Ein­bau aus dem Kristall aus­scheiden und im Inneren wieder nur eine sehr geringe Konzen­tra­tion dieser Atome zu finden ist.“

Barth und sein Team entwickelte daher einen neuen Zugang, der ein besonders schnelles Kristall­wachs­tum mit sehr niedrigen Prozess­tempe­ra­turen ver­bindet. Dabei wird bei der Ent­stehung des Kristalls laufend die richtige Menge der Fremd­atome ein­gebaut. Die Kristalle wachsen in Form von Dräht­chen oder Stäb­chen im Nano­format, und zwar bei deut­lich gerin­geren Tempe­ra­turen als bisher. „Dadurch sind die ein­ge­bauten Atome von Anfang an weniger beweg­lich, die Diffu­sions­pro­zesse sind langsam, die meisten Atome bleiben dort, wo man sie haben will“, erklärt Barth. Mit der Methode gelang es bis zu 28 Prozent Zinn oder 3,5 Prozent Gallium in Germanium ein­zu­bauen. Das ist erheb­lich mehr als bisher durch gewöhn­liche thermo­dyna­mische Kombi­nation dieser Materi­alien möglich war – nämlich das Dreißig- bis Fünfzig­fache.

Für die Mikroelektronik eröffnet das neue Möglich­keiten. „Germanium ist einer­seits gut mit bestehender Silizium-Techno­logie kombi­nier­bar. Und der Zusatz von Zinn oder Gallium in solch hohen Konzen­tra­tionen bietet anderer­seits hoch­inte­res­sante opto­elek­tro­nische Anwen­dungs­möglich­keiten“, sagt Barth. Die Materi­alien wären etwa für Infra­rot­laser, für Photo­detek­toren oder neu­artige LEDs im Infra­rot-Bereich ein­setz­bar, da sich die physi­ka­lischen Eigen­schaften des Germaniums durch diese Zusätze signi­fi­kant ändern.

TU Wien / RK

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