19.11.2024

Nanoteilchen für bessere Katalysatoren

Komplexes Zusammenspiel von Metall-Nanopartikeln und Kohlenstoff-Untergrund.

Edelmetalle spielen eine wichtige Rolle als Katalysatoren: Mit Hilfe von Silber, Platin, Palladium oder anderen Elementen kann man chemische Reaktionen ablaufen lassen, die sonst nicht oder nur mit viel geringerer Reaktionsrate voranschreiten würden. Oft setzt man diese Metalle in Form winziger Nanopartikel ein. Wie gut sie wirken, hängt allerdings auch vom Untergrund ab, auf dem sie platziert werden. Nanopartikel auf einer Kohlenstoff-Unterlage scheinen besonders gut zu funktionieren – der Grund dafür war lange Zeit unbekannt. An der TU Wien gelang es nun aber erstmals, das Zusammenspiel von Metall-Nanopartikeln und Kohlenstoff-Untergrund präzise zu vermessen und zu erklären. 

Abb.: Ein winziger Nanopartikel aus Silber (spiegelnde Atome oben) auf einem...
Abb.: Ein winziger Nanopartikel aus Silber (spiegelnde Atome oben) auf einem Kohlenstoff-Träger. Besonders aktiv sind genau die Positionen des Grenzbereichs.
Quelle: TU Wien

Silber-Atome auf einem Kohlenstoff-Träger stellten sich dabei als zweihundertmal aktiver heraus als Atome in einem Stück reinem Silber. Entscheidend ist die Zone, in der das Silber in direkten Kontakt mit dem Kohlenstoff gerät, zeigen Computer­simulationen. Mit Hilfe von Wasserstoff-Isotopen­austausch entwickelte man eine Methode, Katalysator-Träger schneller und einfacher auf ihre Effektivität zu testen. „Der Einsatz von Kohlenstoff als Trägermaterial für die Katalyse hatte lange Zeit fast etwas Magisches“, sagt Günther Rupprechter vom Institut für Materialchemie der TU Wien. Die Herkunft des Kohlenstoffs stellte sich als wichtig heraus: Für manche Prozesse setzte man etwa Kohlenstoff ein, der aus Kokosnuss-Schalen, -Fasern oder speziellen Hölzern gewonnen wurde. Sogar in offiziellen Patent­schriften sind solche Rezepturen zu finden – dabei sollte die Herkunft chemischer Substanzen doch eigentlich relativ egal sein. „Es erschien immer ein bisschen wie schwarze Kunst“, sagt Günther Rupprechter.

Die Idee dahinter war, dass unterschiedliche Herstellungs­methoden zu minimalen chemischen oder physika­lischen Unterschieden führen könnten: Vielleicht ordnet sich der Kohlenstoff je nach Herstellungsart auf unterschiedliche Weise an? Vielleicht enthält er Spuren anderer chemischer Elemente? Oder an der Ober­fläche lagern sich funktionale Gruppen an – kleine molekulare Bausteine, die in die chemische Reaktion eingreifen? „In der chemischen Industrie gibt man sich naturgemäß oft damit zufrieden, dass ein Prozess funktioniert und man ihn zuverlässig wiederholen kann“, sagt Rupprechter. „Wir wollten der Sache aber auf den Grund gehen und auf atomarer Ebene genau verstehen, was hier eigentlich vor sich geht.“ Neben Rupprechters Team war auch das das Zentrum für Elektronen­mikroskopie der TU Wien und  die Universität Cádiz beteiligt.

Das Team stellte zunächst extrem präzise charak­terisierbare Proben her: Silber-Nanopartikel bekannter Größe auf einem Kohlenstoff-Untergrund und eine dünne Silber­folie ohne Kohlenstoff. Beide Proben wurden dann in einem chemischen Reaktor untersucht: „Silber kann eingesetzt werden, um Wasserstoff-Moleküle in einzelne Wasserstoff-Atome zu zerlegen“, erklärt Thomas Wicht. „Dieser Wasserstoff kann dann zum Beispiel für die Hydrierungs-Reaktion von Ethen verwendet werden. In analoger Weise kann man aber auch ‚gewöhnliche‘ Wasserstoff­moleküle mit Molekülen aus schwerem Wasserstoff mischen. Beide Moleküle werden dann durch das Silber dissoziiert und neu kombiniert.“ Je aktiver der Katalysator, umso häufiger kommt es zum Austausch der beiden Wasser­stoff-Isotope. Daher kann man auf diese Weise sehr zuverlässig Auskunft über die Katalysator­aktivität erhalten.

Somit konnte nun erstmals der Aktivitäts-Unterschied zwischen Silberatomen mit und ohne Kohlenstoff-Träger genau quanti­fiziert werden – mit spektakulärem Ergebnis: „Pro Silberatom erreicht man durch den Kohlenstoff-Untergrund eine zweihundert­fach höhere Aktivität“, sagt Thomas Wicht. „Das ist natürlich für industrielle Anwendungen sehr wichtig. Man braucht nur ein Zweihundertstel der Menge an teuren Edel­metallen, um dieselbe Wirkung zu erzielen – und das einfach, indem man vergleichsweise kosten­günstigen Kohlenstoff dazu nimmt.“

Alexander Genest aus dem TU Team führte entsprechende Computer­simulationen durch, die die Aktivierung von Wasserstoff durch Silber Nanopartikel auf Kohlenstoff und reinem Silber vergleichen. Dadurch wurde klar: Entscheidend ist die Grenzregion zwischen Silberpartikel und Kohlenstoff-Träger. Genau dort, wo beide in Kontakt treten, ist die Katalysator-Wirkung am größten. „Es liegt also nicht an der Größe der Kohlen­stoff-Oberfläche oder an irgendwelchen Fremdatomen oder funktionalen Gruppen. Eine extreme kata­lytische Wirkung tritt dann auf, wenn ein Molekül direkt an der Kontaktstelle sowohl mit einem Kohlenstoff- als auch mit einem Silberatom in Berührung kommt“, sagt Alexander Genest. Je größer dieser Bereich des direkten Kontakts, umso größer auch die Aktivität.

Durch diese Erkenntnis lassen sich nun auch unter­schiedliche Kohlenstoff-Chargen aus unterschiedlichen Quellen recht einfach auf ihre Wirksamkeit überprüfen. „Jetzt, wo wir den Wirkungs­mechanismus verstanden haben, wissen wir genau, worauf man achten muss“, sagt Günther Rupprechter. „Unser Experiment, bei dem wir die Kata­lysatoren einer Mischung aus gewöhnlichem und schwerem Wasserstoff aussetzen, ist relativ einfach durchzuführen und es gibt sehr verlässlich darüber Auskunft, ob diese Variante des Kohlenstoff-Trägers auch für andere chemische Reaktionen geeignet ist oder nicht.“ Die Abläufe auf atomarer Ebene erklären zu können soll nun also im industriellen Einsatz Zeit und Geld sparen und die Qualitäts­sicherung vereinfachen.

TU Wien / JOL

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