18.02.2016

Neuartige Neutronenquelle ohne Kettenreaktion

Kollision beschleunigter Deuteriumatomen mit Metallfolien liefert gebündelte Neutronenstrahlen.

Forschung mit Neutronen ermöglicht einzigartige Einblicke in das Innere von Materie und ist damit eine Schlüssel­technologie für viele Wissenschafts­bereiche. Die aufwändigen Untersuchungen finden oft an Forschungs­reaktoren statt, von denen viele in den kommenden Jahren das Ende ihrer Betriebsdauer erreichen werden. Das Forschungs­zentrum Jülich hat mit der Entwicklung eines Konzepts für kosten­effiziente Neutronen­quellen begonnen, die mittelgroße Anlagen ablösen sollen. Sie funktionieren ohne die reaktor­typische Ketten­reaktion. Auch kleinere Anlagen im Labormaßstab lassen sich mit dem gleichen Prinzip realisieren. Das Konzept und die Ergebnisse erster Komponenten­tests haben die Forscher auf einem Festakt anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Jülich Centre for Neutron Science (JCNS) am 17. Februar vorgestellt.

Abb.: Eine extrem kompakte Neutronenquelle mit Beschleunigern relativ niedriger Endenergie soll neueste Entwicklungen in den Bereichen Target, Moderator, Strahlextraktion, Strahlführung und Neutronenoptik realisieren und große Anlagen ergänzen. (Bild:FZ Jülich)

„Leistungsfähige mikroskopische Analysemethoden sind eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung neuer Materialien und Material­systeme. Neutronen sind dabei wegen ihrer einzig­artigen Eigenschaften für Wissenschaftler vieler Disziplinen unverzichtbar, von der Physik über die Chemie, Biologie, Geologie bis hin zu den Material- und Ingenieurs­wissen­schaften", betonte Sebastian M. Schmidt, Mitglied des Jülicher Vorstands, auf dem Festakt in Jülich. Die ungeladenen Bausteine von Atomkernen verraten unter anderem, wo sich Atome befinden, wie sie sich bewegen und welche magnetischen Eigen­schaften sie besitzen. Im Gegensatz zu Techniken wie der Elektronen­mikroskopie oder der Röntgen­beugung liefern sie auch Informationen über leichte Elemente und lassen sich für sensible Proben nutzen.

Die wissenschaftlich und technisch anspruchsvollen Untersuchungen finden an großen und mittel­großen spezialisierten Forschungs­anlagen statt. Oft handelt es sich bei diesen Neutronen­quellen um Forschungs­reaktoren. Einige davon werden jedoch bereits in weniger als fünf Jahren ihren Betrieb einstellen.

Das Jülicher Konzept basiert auf der Nutzung neuester technologischer Entwicklungen, die eine beschleuniger­basierte Produktion stark gebündelter Neutronen ermöglicht. Anders als bei Reaktoren findet hier keine Ketten­reaktion statt – stattdessen werden Neutronen durch Kollisionen von beschleunigten Deuterium­atomen mit Metall­folien freigesetzt.

Mit der neuen Neutronenquelle können Neutronen für ausgewählte Zwecke besonders effizient genutzt werden. „Für bestimmte Frage­stellungen werden so Ergebnisse möglich, die den derzeit führenden Quellen nicht nachstehen, und dies mit nur zirka dreißig Prozent der Kosten", erläuterte Thomas Brückel, Direktor am JCNS. Die gebündelten Neutronen eignen sich sehr gut, um kleine Proben zu untersuchen, etwa Protein­kristalle, die oft kleiner als einen Kubik­milli­meter sind. So lässt sich etwa die Position leichter Elemente ermitteln, die oft entscheidend für die biologische Funktion ist.

Zunächst soll die Machbarkeit an einem Prototypen gezeigt werden. Dazu haben die Jülicher mittels Computersimulationen und Tests an Bauteil­proto­typen bereits erste Komponenten für die HBS optimiert. Die Helmholtz-Gemeinschaft hat das Projekt wegen seiner Bedeutung für den Forschungs­standort Deutschland auf die „Roadmap für Forschungs­infra­strukturen 2015" aufgenommen.

„In der Forschung mit Neutronen ist Europa weltweit führend. Diese Stellung hat es einem Netzwerk von Neutronenquellen zu verdanken. Selbst die zukünftig weltweit stärkste beschleuniger­basierte Neutronen­quelle, die European Spallation Source (ESS), die derzeit im schwedischen Lund entsteht, kann allein die Lücke nicht schließen, die durch den Wegfall der Forschungsreaktoren gerissen wird", so Brückel . „Um bestimmte wissenschaftliche Experimente durchführen, Nutzer anwerben, Nachwuchs ausbilden und Methoden entwickeln zu können, brauchen wir daher weiterhin ein europäisches Netzwerk von Neutronenquellen."

FZ Jülich / DE

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