26.07.2018

Neuartiger Quantenzustand in Halbleiter

Wannier-Stark-Lokalisierung in Galliumarsenid-Kristall nachgewiesen.

Wissenschaftlern der Universitäten Konstanz und Paderborn ist es gelungen, die Wannier-Stark-Lokalisierung zum ersten Mal in einem hoch­reinen Gallium­arsenid-Kristall, der an der ETH Zürich hergestellt wurde, zu realisieren und nach­zuweisen. Die Physiker haben damit Hürden über­wunden, die auf dem Gebiet der Opto­elektronik und Photonik lange als un­über­wind­bar galten. Die kurz­zeitige Wannier-Stark-Lokalisierung geht einher mit drastischen Veränderungen der elektronischen Zustände und führt beispiels­weise zu extrem großen optischen Nichtlinearitäten und möglicherweise auch zu veränderten chemischen Eigenschaften.

Abb.: Schema des Versuchs (Bild: C. Schmidt et al., Springer Nature)

„In perfekten Isolatoren und Halb­leitern sind die elektronischen Zustände über den gesamten Kristall ausgedehnt. Das sollte sich laut einer schon zirka sechzig Jahre alten Vorher­sage ändern, wenn man eine elektrische Spannung anlegt“, erklärt Torsten Meier von der Universität Pader­born. „Wenn das elektrische Feld im Inneren des Kristalls stark genug ist, können die elektronischen Zustände auf wenige Atome lokalisiert werden. Dieser Zustand wird Wannier-Stark-Leiter genannt“, so der Physiker, der an der Universität Paderborn auch Vize­präsident für inter­nationale Beziehungen ist, weiter.

Das wesentliche Problem sei aber, dass auch perfekte Isolatoren und Halb­leiter in starken elektrischen Feldern metallisch würden und dann elektrischer Strom fließe, erklärt Alfred Leitens­torfer von der Universität Konstanz und ergänzt: „Bei diesem Effekt werden die Elektronen in energetisch hohe Bänder beschleunigt. Da dieses Phänomen in üblichen Halbleiter­materialien schon bei geringeren Feld­stärken auftritt, als zur Realisierung der Wannier-Stark-Lokalisierung not­wendig sind, kann dieser Zustand so nicht erreicht werden.“

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet die ultra­schnelle Optik, bei der die für die Wannier-Stark-Lokalisierung notwendigen Feld­stärken nur kurz­zeitig in Form von elektro­magnetischen Feldern im Kristall präsent sind. Dazu Leitenstorfer: „Verwendet man geeignete intensive Licht­impulse, die aus nur wenigen Schwingungen mit Perioden­dauern von einigen zehn Femtos­ekunden bestehen, kann die Wannier-Stark-Lokalisierung in einem kurzen Zeit­fenster realisiert werden.“

Diese Herausforderungen wurden jetzt in Experimenten überwunden, die am Lehr­stuhl für Ultra­kurz­zeit­physik und Photonik von Alfred Leitenstorfer durch­geführt wurden. Die erstmalige experimentelle Realisierung der Wannier-Stark-Lokalisierung in einem Gallium­arsenid-Kristall wurde durch hoch­intensive Tera­hertz-Strahlung mit Feld­stärken von über zehn Millionen Volt pro Zenti­meter möglich. Nach­gewiesen wurde dieser Zustand dann über die Veränderung der optischen Eigen­schaften mittels weiterer ultra­kurzer optischer Licht­impulse. „Die Mess­ergebnisse stimmen mit theoretischen Über­legungen und Simulationen überein, die in den Arbeits­gruppen meines Kollegen Wolf Gero Schmidt und mir durch­geführt wurden“, so Meier. Dieser extreme Materie­zustand soll zukünftig insbesondere auf atomarer Skala detaillierter unter­sucht und dessen besondere Eigen­schaften nutzbar gemacht werden.

U. Paderborn / DE

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