Neuartiger Speicher aus OLED und Isolator
pinMOS lässt sich optisch oder elektrisch beschreiben und auslesen.
An der TU Dresden haben Wissenschaftler des Dresden Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials (IAPP) sowie des Center for Advancing Electronics Dresden (CFAED) eine neuartige Speichertechnologie entwickelt, die aus der Kombination einer organischen Leuchtdiode und eines Isolators entstand. Mit diesem Bauelement ist es möglich, die gespeicherten Informationen sowohl optisch als auch elektrisch auszulesen. Zudem lassen sich die Informationen schrittweise hinzufügen – somit lassen sich mehrere Speicherzustände in einem Bauelement abbilden. Eine Neuerung kam auch bei sämtlichen Messungen in den Versuchsreihen zum Tragen: Diese wurden ausschließlich mit der innovativen Messsoftware „SweepMe!“ durchgeführt, die das gleichnamige Start-Up des IAPP sowie des CFAED entwickelt hatte.
Bereits 2015 hatten Stefan Mannsfeld, Professor für organische Bauelemente am CFAED / IAPP), und Axel Fischer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für organische Halbleiter des IAPP, überlegt, die Kombination herkömmlicher organischer Leuchtdioden (OLEDs) mit einer Isolatorenschicht müsse aufgrund der spezifischen physikalischen Effekte der verwendeten Materialien eine Speichereinheit ergeben, die sich sowohl mit Licht als auch mit elektrischen Signalen beschreiben und auslesen lassen sollte. Man könnte also von einer zweckentfremdeten Nutzung der OLED-Technik sprechen.
Die Wissenschaftler publizierten jetzt die Ergebnisse und beschreiben in der Fachveröffentlichung ihre neue Art von programmierbarem organischem kapazitivem Speicher, der eine Kombination aus einer OLED und einem MOS-Kondensator ist. Die „pinMOS“ genannte Speichereinheit ist ein nichtflüchtiger Memcapacitor mit hoher Wiederholgenauigkeit und Reproduzierbarkeit. Das Besondere ist, dass der pinMOS in der Lage ist, mehrere Zustände zu speichern, da Ladungen schrittweise hinzugefügt oder entfernt werden können. Eine weitere attraktive Eigenschaft ist, dass dieser einfache diodenbasierte Speicher elektrisch und optisch sowohl beschrieben als auch ausgelesen werden kann. Aktuell wird eine Lebensdauer von mehr als zehntausend Schreib-Lese-Lösch-Zyklen erreicht, und die Speicherzustände können über 24 Stunden erhalten und unterschieden werden. Den Ergebnissen zufolge ist das pinMOS-Speicherprinzip vielversprechend als zuverlässiges kapazitives Speichermedium für zukünftige Anwendungen in elektronischen und photonischen Schaltungen wie in neuromorphen Computern oder visuellen Speichersystemen. Die Koautoren vom Weierstraß-Institut Berlin konnten durch Drift-Diffusionssimulationen zur genauen Interpretation des Funktionsmechanismus beitragen.
Ein Dioden-Kondensator-Speicher wurde bereits 1952 erstmals von Arthur Holt auf einer Konferenz in Kanada vorgestellt, doch erst jetzt erfährt dieses Konzept durch die Verwendung organischer Halbleiter ein Revival, da alle Funktionen einer diskreten Verbindung von Dioden und Kondensator in eine einzige Speicherzelle integriert werden können.
Messen mit SweepMe! – innovativer Ansatz fürs Labor
Alle Messungen innerhalb dieser Studie wurden mit der neuartigen Labor-Messsoftware „SweepMe!“ durchgeführt, entwickelt von den Physikern Axel Fischer und Felix Kaschura als Spin-off des IAPP.
Die präsentierte Studie zeigt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von SweepMe!: Ob die Messung von spannungsabhängigen und zeitabhängigen Kapazitäten, die Erstellung von Strom-Spannungskennlinien, die Kombination von Signalgenerator und Oszilloskop oder die Verarbeitung von Bildern einer Industriekamera – alles ließ sich mit ein und derselben Software umsetzen, ebenso wie ausgefeilte Parametervariationen, die normalerweise erheblichen Programmier-Aufwand erfordern.
TUD / OD
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
Y. Zheng et al.: Introducing pinMOS Memory: A Novel, Nonvolatile Organic Memory Device, Adv. Funct. Mater., online 7. November 2019; DOI: 10.1002/adfm.201907119 - Chair for Organic Devices (S. Mannsfeld), cfaed – Center for Advancing Electronics Dresden / Electrical and Computer Engineering Dept., Technische Universität Dresden
- SweepMe! multi-tool measurement software, Axel Fischer und Felix Kaschura GbR, Dresden