Neue Basis für das Ampere
PTB-Forscher stellten das Ampere weitaus genauer dar als in der klassischen Definition.
Die Einheiten Meter und Sekunde sind schon vor Jahren auf ein solides, unveränderliches Fundament gestellt worden. Nun sollen Kelvin, Kilogramm, Mol und Ampere folgen. So ist es PTB-Forschern gelungen, die besonders kleinen Stromstärken einer Einzelelektronen-Pumpe in bisher unerreichter Genauigkeit zu messen. Damit setzten sie einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Revision des Internationalen Einheitensystems (SI).
Abb.: Halbleiter-Einzelelektronen-Stromquelle („Einzelelektronen-Pumpe“, links), angeschlossen an den hochgenauen Strom-Spannungswandler. (Bild: PTB)
Die heutige Definition des Ampere ist alles andere als günstig: Sie basiert auf einem hypothetischen Versuchsaufbau, der unter anderem zwei unendlich lange Leiter beinhaltet. In diesem Aufbau würde ein Ampere eine genau festgelegte Kraft erzeugen. Die Definition ist eng mit der Masse verknüpft, was den Physikern aufgrund der Instabilität des internationalen Ur-Kilogramms seit langem ein Dorn im Auge ist. Denn die derzeitige Kilogramm-Definition setzt der Genauigkeit, mit der sich das Ampere realisieren lässt, enge Grenzen. Daher wollen die Physiker das Urkilogramm im Jahr 2018 in den Ruhestand schicken und zeitgleich das Fundament des SI grundlegend sanieren.
Um dem Ampere den Sprung auf die Ebene der Naturkonstanten zu ermöglichen, zählen Physiker die Elektronen, die in einer bestimmten Zeiteinheit durch eine nur wenige Nanometer breite Leiterbahn fließen. Das setzt voraus, dass sie den Elektronenfluss manipulieren können, was ihnen mittels einer Einzelelektronen-Pumpe gelingt. Mit den gepumpten Elektronen ist es möglich, die Elektronen zu zählen und damit die Elementarladung zu bestimmen.
Beim Einsatz der Einzelelektronen-Pumpen mussten sich Physiker aus aller Welt in den vergangenen Jahren zwei wesentlichen Herausforderungen stellen: Zum einen liefern die Pumpen nur sehr kleine Stromstärken, die sich nur schwer messen lassen. Zum anderen kommt es beim Transport der Elektronen zu statistischen Fehlern, beispielsweise wenn ein Elektron wieder zurück in sein Ausgangstal fällt oder zwei Elektronen in dasselbe Tal gepumpt werden. Darunter leidet die Genauigkeit. Für die Pumpfehler wurde bereits eine Lösung entwickelt und mit sehr langsamen Pumpen demonstriert: Die Physiker schalten mehrere Pumpen hintereinander. Zwischen den Pumpen erkennen spezielle Detektoren, ob zu viele oder zu wenige Elektronen das Tal verlassen. Auf diese Weise lassen sich Fehler noch im Pump-Betrieb korrigieren.
Jetzt ist es den Wissenschaftlern der PTB durch innovative Technik auch gelungen, die messtechnische Herausforderung zu meistern. Dank eines neuartigen Verstärkers können die Forscher den kleinen Strom etwa tausendfach verstärken. Kombiniert mit zwei anderen quantenmetrologischen Verfahren ist es dann möglich, kleine Stromstärken mit weltweit unübertroffener Genauigkeit zu messen. Mit ihrer Arbeit haben die Physiker der PTB gezeigt, dass sich das Ampere mittels kontrolliertem Einzel-Elektronen-Transport deutlich genauer realisieren lässt, als es die klassische Ampere-Definition ermöglicht.
„Dabei wurde die Einzel-Elektronenpumpe zwar noch ohne Korrektur betrieben, aber durch die Messung wissen wir jetzt, dass die Fehler in der Tat so klein sind, dass das Korrekturverfahren auch mit schnellen Pumpen funktionieren sollte. Das ist ein echter Meilenstein auf dem Weg zum neuen SI“, sagt Franz Ahlers, Leiter des Fachbereichs Elektrische Quantenmetrologie an der PTB. Der für 2018 geplanten Neudefinition steht somit aus „elektrischer Sicht“ kaum noch etwas im Wege. Die Neudefinition der Einheit Ampere wird eine deutlich genauere Kalibrierung von Messinstrumenten ermöglichen.
PTB / JOL