Neue Bohrturbine erschließt unterirdische Wärmespeicher
Erfolgreich Wegsamkeiten für Wasser in Gesteinsschichten in bis zu fünfhundert Meter Tiefe geschaffen.
Der Untergrund ist eine wichtige Ressource für die Wärmewende. Abwärme aus dem Gewerbe lässt sich im Sommer dort speichern und für die Heizung von Wohngebäuden im Winter nutzen. Doch die Erschließung unterirdischer Wärmespeicher benötigt innovative Bohrtechnik. Durch Einsatz des neuartigen Bohrverfahrens „Micro Turbine Drilling“ MTD konnte die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie erfolgreich Wegsamkeiten für Wasser in Gesteinsschichten in bis zu fünfhundert Meter Tiefe schaffen. Die Bohrtätigkeit war Teil einer laufenden Erschließung unter der Stadt Bern, die in kommenden Projektphasen zum Wärmespeicher ausgebaut werden soll.
„Wärmespeicher sind ein wichtiger Baustein der Wärmewende“, erklärt Niklas Geissler von der Fraunhofer-IEG, der mit seinem Team das Bohren mittels Mikrobohrturbine entwickelt hat. Die Turbine kann aus konventionellen Bohrlöchern heraus eingesetzt werden, um radiale Nebenarme zu bohren. Dadurch vergrößert sie kontrolliert und zuverlässig die innere Oberfläche des Bohrlochsystems und erhöht gezielt die Durchlässigkeit für das Arbeitsmedium Wasser.
Der regionale Energieversorger „Energie Wasser Bern“ EWB entwickelt an seiner Energiezentrale Forsthaus das Pilotprojekt „Geospeicher“. Es soll überschüssige Wärme speichern und im Winterhalbjahr nutzen. In der Energiezentrale Forsthaus betreibt EWB eine Kehrichtverwertungsanlage, ein Holzheizkraftwerk und ein Gas- und Dampf-Kombikraftwerk. Diese Anlagen erzeugen Strom und Wärme. Die produzierte Wärme wird an das Fernwärmenetz abgegeben. Insbesondere im Sommer kann die Wärme aus der Kehrichtverbrennung nicht vollständig genutzt werden. Im Winter hingegen wäre diese Wärme sehr gefragt.
An diesem Punkt setzt das Pilotprojekt „Geospeicher“ an. Im Sommer soll das Speichergestein in einer Tiefe bis zu fünfhundert Metern mit überschüssiger Abwärme der Energieanlagen erhitzt werden. Der Sandstein im Untergrund würde mit 90 Grad Celsius heißem Wasser erwärmt wie ein Kachelofen. In den Wintermonaten ließe sich die gespeicherte Energie des Gesteins dann wieder mit Wasser als Arbeitsmedium bei etwa 60 Grad Celsius zurückgewinnen und in das Fernwärmenetz einspeisen – also genau dann, wenn der Bedarf hoch ist. Auf diese Weise könnte der Energieversorger einen saisonalen Energievorrat von 12 bis 15 Gigawattstunden Wärme anlegen. Der Geospeicher würde die Effizienz der Energiezentrale Forsthaus weiter steigern, den Bedarf an Rohstoffen senken und die Emissionen an Treibhausgasen reduzieren.
Mittlerweile sind drei Hauptbohrlöcher bis zu einer Tiefe von fünfhundert Metern gebohrt worden. In der Tiefe hat das Projekt den begehrten Sandstein in mehreren Schichten entdeckt, die insgesamt 35 Meter mächtig sind. Die Auswertung der geologischen Daten und erste Zirkulationstests haben gezeigt, dass die Gesteinsschichten kompakter sind als erhofft und die erreichbare Zirkulation von Wasser nicht den notwendigen Wärmeein- und -austrag erbringen kann.
Um die Zirkulation zu verbessern, hat das Team der Fraunhofer-IEG mit seiner neuen Technologie weitere Wegsamkeiten für das Wasser erbohrt. MTD nutzt eine kompakte Mikro-Bohrturbine, die mit einem speziellen Bohrmeißel ausgestattet ist. Mit Abmessungen von gerade einmal 3,6 Zentimetern im Durchmesser und fünf Zentimetern in der Länge ist das Gerät extrem klein. Die Mikro-Bohrturbine ist an einem Schlauch befestigt, über den sie mit bis zu 150 Liter Wasser pro Minute bei etwa 150 Bar Eingangsdruck angetrieben wird, um den Meißel in Rotation zu versetzen. Dieser besteht aus einer Wolframcarbid-Matrix mit eingearbeiteten Diamantkörnern und schleift sich mit bis zu 80.000 Umdrehungen pro Minute zunächst durch die Stahlverrohrung der Bohrung und anschließend weiter in das Gestein.
In der Stunde schafft die Turbine mehrere Meter. Das Wasser, das die Mikroturbine antreibt, dient zugleich als Kühlung, damit der Bohrer nicht heiß läuft, und auch als Spülung, um den Bohrstaub abzutransportieren. Im Projekt „Geospeicher“ hat das Team von der Fraunhofer-IEG mehr als zwanzig Nebenarme mit einer Durchschnittslänge von fünf Metern in einer Tiefe von etwa fünfhundert Metern erbohrt. EWB führt die weiteren hydraulischen Tests durch, die die notwendigen Daten für die nächsten Ausbauphasen liefern.
Fh.-IEG / RK