12.06.2017

Neue Karte des virtuellen Kosmos

Hochpräzise Simulation der Grenzbereiche der Dunklen Materie.

Astro­physiker der Uni­versität Zürich haben während drei Jahren einen Code über­arbeitet, mit dem sich in einer bisher ein­maligen Präzision die Entwicklung der Dunklen Materie und das Auftreten großer Strukturen des Weltalls simu­lieren lassen. Der bis ins Detail verbes­serte Code „PKDGRAV3“ nutzt Speicher wie auch Rechen­prozessoren optimal aus und hat auf dem Super­computer Piz Daint des Nationalen Hochleistungs­rechenzentrum der Schweiz in nur 80 Stunden aus einem vir­tuellen Uni­versum mit zwei Billionen Teilchen einen Katalog mit 25 Milliarden Galaxien erstellt, wie Joachim Stadel, Douglas Potter und Romain Teyssier berichten.

Abb.: Ein Milliarden Lichtjahre umfassender Ausschnitt des virtuellen Kosmos zeigt, dass sich die Dunkle Materie zusammenklumpt. (Bild: J. Stadel, UZH)

Dank einer hohen Genauig­keit bei ihrer Berechnung der Gravitations­kräfte konnten die Forscher die Grenz­bereiche der Dunklen Materie, die Halos, im vir­tuellen Weltall präzise simulieren. Die so entstandene Karte des virtuellen Kosmos umfasst ein Gebiet von etwa der Größe eines Zehntels der Milch­straße. Die hoch­präzise Simulation ist damit groß und komplex genug, um die europäische Euclid-Mission zu kalibrieren. Diese hat zum Ziel, die Beschaf­fenheit des Dunklen Universums zu unter­suchen.

Ungefähr 95 Prozent des Universums sind dunkel. Der Dunkle Kosmos besteht zu 23 Prozent aus Dunkler Materie und zu 72 Prozent aus Dunkler Energie. „Woraus diese Energie entspringt und wie sie sich zusammen­setzt, sind für die Wissen­schaft noch immer unge­löste Rätsel“, sagt Romain Teyssier, UZH-Professor für Computer­gestützte Astrophysik. Rätsel, die nur durch indirekte Beo­bachtungen zu knacken sind: Wenn der Euclid-Satellit in Zukunft das Licht von zahl­losen Galaxien über große Bereiche des Himmels einfangen wird, müssen die Forscher die sehr subtilen Verzer­rungen messen, die sich ergeben, wenn das Licht aus Galaxien im Hinter­grund von Fluk­tuationen der Massen­dichte im Vorder­grund abgelenkt wird. „Das ist vergleichbar mit der Verzerrung des Blicks durch eine nicht ganz ebene Glas­scheibe“, sagt Joachim Stadel vom Institut für Computer­gestützte Wissen­schaften der UZH.

Ihr Galaxien­katalog soll helfen, die Beobachtungs­strategie des Euclid-Satel­liten zu optimieren und all­fällige Fehler­quellen zu quanti­fizieren, bevor der Satellit ab 2020 sechs Jahre lang im Weltraum auf Daten­sammlung geht. „Euclid wird eine Art Tomo­graphie des Univer­sums machen und die zehn Milliar­den Jahre alte Entwicklung des Weltalls nach­zeichnen“, sagt Stadel. Die Forscher erhoffen sich von der Euclid-Mission nicht nur Hinweise auf die Quellen der Dunklen Energie, sondern auch Auf­schlüsse, wieso die Dunkle Energie die Aus­dehnung des Univer­sums be­schleunigt.

UZH / JOL

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