07.07.2008

Neue «Lehrkultur» und mehr Geld für Hochschulen

Die Hochschulen brauchen nach Auffassung des Wissenschaftsrates zur Verbesserung der Ausbildungsqualität mehr Geld und eine bessere «Lehrkultur» ihrer Professoren.

Neue «Lehrkultur» und mehr Geld für Hochschulen

Berlin (dpa) - Die Hochschulen brauchen nach Auffassung des Wissenschaftsrates zur Verbesserung der Ausbildungsqualität mehr Geld und eine bessere «Lehrkultur» ihrer Professoren. In seinen neuen «Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung von Lehre und Studium» fordert das Expertengremium 1,104 Milliarden Euro mehr pro Jahr für zusätzliches Personal, Tutorien und Studienberatung sowie für eine bessere Bibliotheksausstattung. Zugleich müsse sich aber auch das Berufsverständnis vieler Professoren ändern, die vorrangig ihre Forschung, zu wenig dagegen die Ausbildung der Studierenden im Blick hätten, heißt es dazu kritisch in den Empfehlungen. Sie liegen der Deutschen Presse-Agentur dpa vor.

Der Wissenschaftsrat, der Bund und Länder in der Hochschul- und Forschungspolitik berät, verweist dabei auf eine erschreckende «Schwundbilanz» in vielen Fächern: So wechselt in den Sprach- und Kulturwissenschaften nahezu jeder zweite Student das zunächst gewählte Fach - oder gibt sein Studium ganz auf. In den Ingenieur- und Naturwissenschaften schwankt diese Quote zwischen 37 und 39 Prozent. Von den 260 000 Studienanfängern des Jahres 2001 hat jeder fünfte die Hochschule ohne Abschluss verlassen. Alarmiert ist der Wissenschaftsrat auch deshalb, weil laut jüngstem Bildungsbericht in den neuen, betreuungsaufwendigeren Bachelor-Studiengängen die Zahl der Studienabbrecher entgegen ursprünglichen Erwartungen zunimmt.

Die Personalentwicklung an den Hochschulen entspricht laut Wissenschaftsrat bei weitem nicht dem Anstieg der Studierendenzahlen: Danach kommen an den Universitäten heute auf einen Professor im Schnitt 60,4 Studenten. Vor drei Jahrzehnten waren es nur 39,5.

In den Empfehlungen, die an diesem Montag in Berlin vorgestellt werden, wird aber auch scharfe Kritik an der Lehrqualität geübt. Die Professoren seien bei der Organisation ihrer Seminare wie auch bei der Art ihrer Vorlesungen «weitgehend Autodidakten». Dringend nötig sei eine «professionell durchgeführten Aus- und Weiterbildung» für Hochschullehrer. Auch widerspreche es «dem allgemeinen Ausbildungsauftrag der Universitäten», wenn sich Professoren vorrangig um die Forschung und die weitere Qualifikation der Nachwuchswissenschaftler kümmerten, sich aber zu wenig um gute Vorlesungen und Seminare für den Großteil der Studierenden bemühten.

Der Wissenschaftsrat fordert dabei ein Umdenken in vielen Fächern. «Selbst eine offensichtliche Vernachlässigung der Lehre und der Studentenbetreuung wird allenfalls in Ausnahmefällen sanktioniert», heißt es in dem 112-Seiten-Papier. «Erfolgreiche Forschung verhilft zu neuen Geldern, Mitarbeitern und besserer Ausstattung, größeres Engagement in der Lehre hingegen führt häufig zu höherer Arbeitslast durch mehr Studierende und mehr Prüfungen.»

Bei der Berufung von Professoren sollte künftig neben der Forschungsleistung stärker die Lehrqualität berücksichtigt werden, fordert der Wissenschaftsrat. Zur Förderung einer neuen «Lehrkultur» plädiert der Rat für den zügigen Aufbau eines «Qualitätsmanagements» an jeder Hochschule, wobei Abbruch- wie Erfolgsquoten sowie die durchschnittliche Studienzeit in jedem Fach erfasst werden. Neben gezielter Weiterbildung der Professoren sprechen sich die Experten für ein bundesweites «Fachzentrum für die Hochschullehre» sowie für einen «Nationalen Lehrpreis» aus.

Die Experten bekräftigen zugleich ihre frühere Forderung nach Einstellung spezieller Lehr-Professoren, die sich zwölf Stunden pro Woche der Lehre widmen - statt der heute üblichen acht oder neun Stunden. Diese Lehr-Professoren sollten aber trotz ihres anderen Arbeitsschwerpunktes nicht von der Forschung ausgegrenzt werden.

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