05.12.2025 • Quantenphysik

Neue Messtechnik für fragile Quantenzustände

Rastertunnelmikroskope können Quantenphänomene mithilfe spezieller Techniken über größere Distanzen hinweg erkennen und kontrollieren.

Hybride Materialien aus Magneten und Supraleitern zeigen interessante Quantenphänomene, die so empfindlich sind, dass es äußerst wichtig ist, sie möglichst störungsfrei zu messen. Forschende der Universität Hamburg und der University of Illinois Chicago haben nun sowohl experimentell als auch theoretisch gezeigt, wie sich diese Quantenphänomene mithilfe spezieller Techniken über größere Distanzen hinweg mit einem Rastertunnelmikroskop erkennen und kontrollieren lassen. Ihre Ergebnisse haben Beduetung für topologische Quantencomputer.

Ein Gehege für Quantenzustände (unten) wurde aus 91 Silberatomen so gebaut, dass ein Zustand mit vier „Bäuchen“ entstand. Auf dem linken „Bauch“ wurde ein magnetisches Atom positioniert. Die rot-braune Farbe in der Rastertunnelspektroskopie-Aufnahme (Mitte) zeigt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich das Yu-Shiba-Rusinov-Quasiteilchen auf dem gegenüberliegenden rechten „Bauch“ aufhält. Denselben Effekt konnten die Forschenden auch durch Simulationen mit einem Modell stark gebundener Elektronen nachweisen (oben).
Ein Gehege für Quantenzustände (grau) aus 91 Silberatomen fürt zu einem Zustand mit vier „Bäuchen“. Auf dem linken „Bauch“ wurde ein magnetisches Atom positioniert. Die rot-braune Farbe in der Rastertunnelspektroskopie-Aufnahme (Mitte) zeigt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich das Yu-Shiba-Rusinov-Quasiteilchen auf dem gegenüberliegenden rechten „Bauch“ aufhält. Denselben Effekt konnten die Forschenden auch durch Simulationen mit einem Modell stark gebundener Elektronen nachweisen (oben).
Quelle: Jens Wiebe / U Hamburg

Wenn sich ein magne­tisches Atom in einem Supra­leiter befindet, entstehen Yu-Shiba-Rusinov-Quasiteilchen. Mit hoher Detek­tions­wahr­schein­lich­keit lassen sie sich üblicherweise nur direkt am Ort des Atoms mit der Spitze eines Raster­tunnel­mikro­skops messen. Einem Team um Jens Wiebe vom Institut für Nano­struktur- und Festkörperphysik der Univer­sität Hamburg sowie der Univer­sity of Illi­nois in Chicago ist es nun gelungen, diesen Quanten­zustand über Distan­zen von über dem Zwanzig­fachen seiner ursprüng­lichen Ausdeh­nung hinweg zu messen – und damit die Störung der Mess­sonde zu mini­mieren.

Die Forschenden sperrten das magne­tische Atom in ein Gehege für Quanten­zustände, das sie mit der Spitze des Raster­tunnel­mikro­skops aus 91 Silber­atomen auf der Ober­fläche eines supra­lei­tenden Silber­kristalls zusammen­bauten. Dieses Quanten­gehege wurde in seinen Dimen­sionen exakt so bemes­sen, dass einer der Quanten­zustände der in dem Gehege einge­sperrten Silber­elek­tronen genau an der Fermi-Energie lag. So entstand ein Zustand mit mehreren „Bäuchen“. Die For­schen­den posi­tio­nier­ten das magne­ti­sche Atom auf dem linken „Bauch“ und bestimm­ten die räum­liche Ver­tei­lung der diffe­ren­tiel­len Leit­fähig­keit bei der Ener­gie des Yu-Shiba-Rusinov-Quasi­teilchens als Maß für dessen lokale Aufent­halts­wahr­schein­lich­keit.

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„Erstaunlicherweise ist das Yu-Shiba-Rusinov-Quasi­teilchen sogar noch an dem am weitesten von dem magne­ti­schen Atom ent­fernt lie­gen­den, rechten „Bauch“ des Quanten­gehege-Zustands mess­bar, ohne dass seine Aufent­halts­wahr­schein­lich­keit merk­lich mit dem Abstand zum Atom abfällt“, sagt Jens Wiebe, der auch im Ex­zellenz­cluster „CUI: Advanced Imaging of Matter“ forscht. Den­selben Effekt fanden die For­schen­den durch Simu­la­tio­nen mit einem Modell stark gebun­dener Elek­tronen. Im Ver­gleich mit den Mes­sungen zeigte sich, dass es sich um einen räum­lich kohä­renten Quanten­zustand handelt, der sowohl aus Cooper­paaren im Volumen als auch an der Ober­fläche des Silber­kris­talls besteht. Schließlich konnten sie nach­weisen, dass sich die Teilchen-Loch-Komposi­tion des de­lokali­sier­ten Yu-Shiba-Rusinov-Quanten­zustands vari­ieren lässt, indem die Größe und Form des Quanten­geheges ange­passt werden.

Die Technik ermöglicht es, fragile Quanten­zustände von Magnet-Supra­leiter-Hybriden mit einer lokalen Sonde zu ver­mes­sen, aber gleich­zeitig den störenden Ein­fluss der Sonde zu mini­mieren. Die For­schen­den hoffen jetzt, diese Tech­nik in Zukunft auf Majorana-Quasi­teilchen anwenden zu können, die über ein großes Poten­zial für die Ent­wick­lung von neu­artigen, topo­logi­schen Quanten­computern verfügen. Außerdem könnten Quanten­gehege in Zukunft genutzt werden, um Wechsel­wir­kungen zwischen den Quasi­teilchen von meh­reren Magnet-Supra­leiter-Hybriden gezielt zu kontrol­lieren. [U Hamburg / dre]

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