30.01.2014

Neue Methode liefert Einblicke in die Materie

Die Photonen-Rückstoß-Spektroskopie ermöglicht Frequenzmessungen an beliebigen Teilchen.

Die Quantenlogik-Spektroskopie, eng verbunden mit dem Namen des Physik-Nobelpreisträgers von 2012, David Wineland, ist entscheidend erweitert worden: Photonen-Rückstoß-Spektroskopie (PRS) heißt die neue Methode, deren Potzenzial eine Forschergruppe um Piet Schmidt von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zusammen mit Kollegen der Leibniz-Universität Hannover aufgezeigt hat.

Video: Bei der Photonen-Rückstoß-Spektroskopie ist ein Hilfs-Ion (Logik-Ion, blau) zusammen mit dem zu untersuchenden Ion (Spektroskopie-Ion, rot) in einer Ionenfalle gefangen. Nach der Kühlung wird das Spektroskopie-Ion durch Laserpulse angeregt und versetzt dabei beide Ionen in Bewegung. Diese Bewegung ergibt das Spektroskopie-Signal und lässt sich über das Logik-Ion auslesen, das im Falle einer Bewegung dunkel wird. (Bild: PTB)

Mit der neuen Methode werden spektroskopische Untersuchungen an beinahe beliebigen Teilchen möglich. Diese müssen dazu nur wenige Photonen aus einem Laserstrahl absorbieren. Damit sind nicht nur extrem genaue Frequenzmessungen möglich, sondern die Chancen steigen auch, Diskrepanzen in Beobachtungen einer möglichen Änderung der Feinstrukturkonstante zu finden.

Schmidt war am National Institute of Standards and Technology (NIST) an der Entwicklung der Quantenlogik-Spektroskopie (QLS) beteiligt. Ein Vergleich von astronomischen mit Laborspektren lieferte damals erste Hinweise, dass sich die Feinstrukturkonstante geändert haben könnte. Die Aussagekraft der Messungen war jedoch eingeschränkt, da die Laborspektren der Metallionen nicht genau genug bekannt waren. Mit der Photonen-Rückstoß-Spektroskopie als Erweiterung der Quantenlogik-Spektroskopie lassen sich diese Ionen präzise untersuchen.

„Wie bei der Quantenlogik-Spektroskopie fangen wir das zu untersuchende Ion zusammen mit einem Hilfs-Ion in einer Falle ein“, erläutert Yong Wan von der PTB. Das Experiment wurde in einem ausgeklügelten Versuchsaufbau an einem Paar von zwei eng aneinandergekoppelten Ionen, einem Kalzium- und einem Magnesium-Ion, durchgeführt. Die beiden stoßen sich aufgrund der elektrischen Ladung gegenseitig ab, werden aber von einer Ionenfalle zusammengehalten. Das nutzten die Forscher aus, um Informationen über das zu untersuchende Ion (Spektroskopie-Ion, in ihrem Experiment Kalzium) aus dem Verhalten des gut kontrollierbaren zweiten Ions (Hilfs- oder Logik-Ion, in ihrem Fall das Magnesium) zu gewinnen.

„Über das Hilfs-Ion weisen wir die Schwingung des Spektroskopie-Ions sehr effizient nach, da wir dieses im Gegensatz zum Spektroskopie-Ion sehr genau kontrollieren und beobachten können“, sagt Wan. Das Hilfs-Ion verstärkt das bei bisherigen Verfahren kleine Signal vom Spektroskopie-Ion. „Das macht unsere Methode viel empfindlicher, als wenn wir die Photonen selber detektieren würden, wie das bei spektroskopischen Methoden bisher immer der Fall war“, fügt er hinzu. Nur zehn Photonen sind nun noch nötig, um ein aussagekräftiges Signal zu erhalten.

Video: Schema des experimentellen Aufbaus und der Funktionsweise der Photonen-Rückstoß-Spektroskopie. (Animation: PTB)

Wan und Kollegen haben so die Frequenz eines bestimmten Überganges in Kalzium auf 88 kHz genau gemessen. Das besondere an dem Experiment ist die Flexibilität: „Wir müssen einfach das Spektroskopie-Ion wechseln und den Laser neu abstimmen, dann können wir die nächste Ionen-Spezies untersuchen. Das Hilfs-Ion und die dafür erforderlichen aufwändigen Laseraufbauten bleiben unverändert“, erläutert Schmidt. Sein Ziel ist es, möglichst genaue Absolutfrequenz-Messungen von vielen verschiedenen Ionen durchzuführen.

Im Gegensatz zur ursprünglichen Quantenlogik-Spektroskopie lassen sich mit der neuen Methode auch Ionen untersuchen, die nur wenige Mikro- oder sogar Nanosekunden in einem angeregten Energieniveau verbleiben. Das erweitert den Einsatzbereich beträchtlich. Zusammen mit der hohen Nachweisempfindlichkeit eröffnen sich neue Möglichkeiten in der Präzisionsspektroskopie von Molekül- und Metall-Ionen, die im Weltraum vorkommen und für Astronomen häufig als Referenz dienen.

PTB / AH

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