06.08.2024

Neue Optionen für das Reservoir Computing

Ferroelektrische Materialien ermöglichen multidimensionales und hybrides Rechnen.

Spracherkennung, Wettervorhersagen, Smart Home-Anwendungen: Künstliche Intelligenz und das Internet der Dinge erobern unseren Alltag. Vielversprechend sind dabei Systeme, die auf Reservoir Computing basieren. Hierzu forscht die Arbeitsgruppe um Karin Everschor-Sitte an der Universität Duisburg-Essen (UDE). Sie befasst sich vor allem mit neuen Möglichkeiten des Reservoir-Computings, etwa durch magnetische Materialien. Jetzt hat das Team gemeinsam mit Spezialisten aus dem Bereich ferroelektrischer Materialien gezeigt, dass sich auch diese Systeme eignen, um komplexe Daten schneller und effizienter zu verarbeiten. 


Abb.: Yin und Yang aus ferroelektrischen (blau) und magnetischen Mustern (rot)
Abb.: Yin und Yang aus ferroelektrischen (blau) und magnetischen Mustern (rot)
Quelle: R. Msiska / J. Schaab / D. Meier / amb design & illustrations

Vereinfacht ausgedrückt wird beim Reservoir Computing ein großes Netzwerk (das Reservoir) genutzt, um komplexe Aufgaben in eine leicht zu verarbeitende Form zu bringen. „Als physikalisches Reservoir eignet sich jedes System, das über vier Kerneigenschaften verfügt: Komplexität, Kurzzeitgedächtnis, Nichtlinearität und Reproduzierbarkeit“, erklärt UDE-Professorin Karin Everschor-Sitte. „Sehr interessant sind magnetische Muster auf der Nanoskala, vor allem sogenannte Skyrmionen. Diese magnetischen Wirbel kann man bewegen und anregen – etwa durch elektrische Ströme, Temperatur, Spannung oder Lichtpulse –, sodass sie sich vergrößern, verkleinern oder verformen. Weil diese Systeme gut manipulier- und messbar sind, lassen sich energieeffiziente und leicht zu steuernde Reservoirs konstruieren. Sie sind mit unserer derzeitigen Computer-Hardware kompatibel.“

Mit ihren Forschungen haben Everschor-Sitte und ihr Team vor etwa sieben Jahren den Grundstein für das magnetische Reservoir-Computing gelegt. Jetzt entwickelten sie in Kooperation mit Kollegen der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) die Idee einer neuen Variante: ferroelektrisches Reservoir-Computing, das auf den besonderen Eigenschaften ferroelektrischer Materialien beruht: „Diese können Energie gut speichern, sie können ihre elektrische Polarisation ändern, etwa durch ein elektrisches Feld oder durch Temperatur; sie haben ein schnelles Schaltverhalten, und sie lassen sich mechanisch verformen“, zählt Co-Autor Atreya Majumdar (UDE) die Vorzüge auf.

Weil die magnetischen wie auch die ferroelektrischen Materialien so vielseitig sind, können auch die Systeme multidimensional und hybrid angelegt werden: Das heißt, sie haben viel größere Fähigkeiten, Daten zu verarbeiten, komplexe Muster zu erkennen und Informationen darzustellen. Auch vergangene Eingaben können besser gespeichert und genutzt werden; das ist besonders bei zeitabhängigen Daten wichtig.

Mit den neuen Möglichkeiten des Reservoir Computing ließen sich künftig leistungsfähigere Anwendungen entwickeln, die mit Sprach- und Bilderkennung, Sensorik oder eingebetteten Systemen zu tun haben. „Smart Home-Applikationen und das Internet der Dinge brauchen kompakte Systeme, die schnell sind und wenig Energie verbrauchen“, so Majumdar. „Das Reservoir Computing ist hierbei eine vielversprechende Lösung.“

UDE / DE


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