31.03.2016

Neue Theorie für Raman-Spektroskopie

Neuer theoretischer Ansatz löst uraltes Problem bei Raman-Spektroskopie an optisch anisotropen Kristallen.

Physiker der Universität Leipzig haben ein achtzig Jahre altes Problem der Raman-Spektro­skopie gelöst. Die Forscher um Marius Grund­mann stellten eine Theorie auf und erklärten damit die bei der Raman-Streuung auftretenden Intensitäten für beliebig orientierte Kristalle aller Klassen. Die Raman-Spektroskopie ist eine berührungs­freie Analyse­methode zur Material­charakterisierung. Sie lässt sich unter anderem zur chemischen und physikalischen Charakterisierung von Halb­leiter­materialien, Edel- und Halb­edel­steinen, Katalysatoren, Mineralien, Polymeren und vielen anderen Materialien verwenden.

Abb.: Blaue Leuchtdioden basieren auf Indiumgalliumnitrid. (Bild: Materialscientist, wikipedia.org)

Bei der Raman-Streuung regt auf den Kristall einfallendes Laser­licht mechanische Gitter­schwingungen der Atome an, verliert dabei an Energie und kommt mit etwas anderer Wellen­länge zurück. Das untersuchte Phänomen tritt bei nicht-kubischen Kristallen auf, wie beispielsweise bei Gallium­nitrid – dem Material, aus dem moderne, weiße Leucht­dioden hergestellt werden.

„Die mit der Doppelbrechung verbundenen Effekte auf die Raman-Streuung wurden, nach Scheitern erster Ansätze, jahrzehnte­lang ignoriert, als viel zu schwierig angesehen oder auch völlig falsch interpretiert", sagt Experimental­physiker Grundmann. Bei der Doppel­brechung breitet sich Licht verschiedener Polarisation im Kristall mit unter­schiedlicher Geschwindigkeit aus. Mit der neuen Leipziger Theorie, welche die durch Doppel­brechung verursachten Effekte berücksichtigt, gelingt es, die im Labor gemessenen Eigen­schaften von Gallium­nitrid und anderen doppel­brechenden Materialien wie Zinkoxid oder Gallium­oxid erstmalig voll­ständig zu erklären. „Es wird möglich, die Raman-Streuung an optisch anisotropen Materialien überhaupt zu verstehen. Anwendungen ergeben sich für alle kristallinen Materialien und insbesondere Dünnschicht­systeme, die nicht aus kubischen Materialien aufgebaut sind, also zum Beispiel blaue und weiße Leucht­dioden, UV-Photo­detektoren, UV-Laser, aber auch bestimmte Transistoren, die nicht aus Silizium sind", sagt Grundmann.

Bisherige Erklärungs­ansätze seien dadurch hinfällig geworden, ergänzt Christian Kranert aus Grundmanns Forscher­team. „Unsere Theorie lässt es zu, die Orientierung eines Kristalls zu bestimmen. Sie eröffnet uns einen völlig neuen Zugang für die Unter­suchung der Verbindung von elektronischen und strukturellen Eigenschaften", erklärt er. Die Kristall­orientierung ist eine Grund­eigenschaft, die für physikalische Experimente von großer Bedeutung ist. „Es ist nun erstmals möglich, diese optisch durch Raman-Spektroskopie zu bestimmen", erläutert Grundmann.
In folgenden Arbeiten werden die Leipziger Physiker ihren neuen Erkenntnisse auf weitere Materialien ausdehnen, die für Leuchtdioden, Photo­detektoren, Solar­zellen und Transistoren von Bedeutung sind.

U. Leipzig / DE

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Meist gelesen

Themen