14.08.2008

Neue Wege zur negativen Lichtbrechung

Perfekte Linsen oder Tarnkappen sind zwar noch Zukunftsmusik, doch Forscher aus Berkeley haben jetzt das erste dreidimensionale optische Metamaterial mit negativem Brechungsindex vorgestellt.



Perfekte Linsen oder Tarnkappen sind zwar noch Zukunftsmusik, doch Forscher aus Berkeley haben jetzt das erste dreidimensionale optische Metamaterial mit negativem Brechungsindex vorgestellt.

Gleich zwei neuartige Metamaterialien mit ungewöhnlichen optischen Eigenschaften haben Forscher um Xiang Zhang an der University of California in Berkeley jetzt vorgestellt. Die beiden nanostrukturierten Verbundwerkstoffe können Licht in die „falsche“ Richtung zu negativen Winkeln hin brechen, erreichen dies aber auf unterschiedlichem Wege. Während das eine Material nur Licht mit einer bestimmten Polarisation negativ bricht, handelt es sich bei dem anderen um das erste dreidimensionale optische Metamaterial mit negativem Brechungsindex. Beiden Materialien haben gemeinsam, dass sie das Licht weniger abschwächen als die bisher entwickelten negativ lichtbrechenden Metamaterialien.

Durch geeignete Strukturierung kann man künstlichen Materialien optische Eigenschaften geben, die natürliche Substanzen nicht besitzen. So hat man für den Mikrowellenbereich Verbundwerkstoffe aus ringförmigen Resonatoren hergestellt, deren elektrische und magnetische Antwort auf eine einfallende Lichtwelle sowohl dem elektrischen wie auch dem magnetischen Feld entgegen gerichtet war. Die elektrische Permittivität und die magnetische Permeabilität waren also gleichzeitig negativ und somit auch der Brechungsindex. Das führte dazu, dass Lichtwellen beim Übergang in das Material nicht zum Lot hin gebrochen wurden wie in normalen Substanzen, sondern über das Lot hinaus, sodass der Brechungswinkel negativ war. Mit solchen Materialien könnte man perfekte Linsen mit einem unerreichten Auflösungsvermögen oder Tarnmäntel herstellen, die das Licht um ein Objekt herumleiten.

Bis es solche Linsen oder Tarnmäntel gibt, sind noch einige Schwierigkeiten zu überwinden. Doch die Entwicklung der Metamaterialine macht rasche Fortschritte. So hat man inzwischen Metamaterialien entwickelt, die auf der Nanometerskala strukturiert sind und die für Infrarotes oder sichtbares Licht negative elektrische Permittivität und magnetische Permeabilität aufweisen. Möglich wurde dies, indem man elektrische und magnetische Resonanzen ausnutze, die jedoch zu hohen Verlusten und damit zu starker Absorption der Lichtwellen führten. Zudem bestanden die Metamaterialien für infrarotes oder sichtbares Licht bislang nur aus extrem dünnen Schichten, sodass in diesem Wellenlängenbereich ein dreidimensionales Experiment zum Nachweis der negativen Lichtbrechung bisher nicht möglich war.

Mit den von Xiang Zhang und seinen Kollegen entwickelten Metamaterialien hat sich das nun geändert. Das erste Material besteht aus parallelen Silbernanodrähten, die in gleichem Abstand in einer Marix aus nichtleitendem Aluminiumoxid eingebettet sind. Berechnungen zufolge sollten elektromagnetische Wellen, die sich entlang der Drähte ausbreiten, negativ gebrochen werden. Um das zu überprüfen, ließen die Forscher einen roten Lichtstrahl von 660 nm Wellenlänge schräg auf eine etwa 20 Lichtwellenlängen dicke Schicht dieses Materials fallen und beobachteten, wie er abgelenkt wurde. War der Strahl so polarisiert, dass sein elektrisches Feld senkrecht zu den Drähten stand, so wurde der Strahl normal gebrochen. Stand hingegen das magnetische Feld senkrecht zu den Drähten, so konnte das elektrische Feld Schwingungen entlang der Drähte anregen. Dabei wurde der Lichtstrahl tatsächlich im mehrere Grad in die negative Richtung gebrochen. Da nur die elektrische Permittivität dieses Materials negativ war, nicht jedoch sein Brechungsindex, konnte die negative Lichtbrechung nur für eine bestimmte Polarisation beobachtet werden.

Das zweite Material hatte nun tatsächlich einen negativen Brechungsindex, allerdings nur für infrarotes Licht oberhalb von 1500 nm Wellenlänge. Es bestand aus insgesamt 21 Silber- und Magnesiumfluoridschichten von 30 bzw. 50 nm Dicke, die abwechselnd übereinander gestapelt waren. Die Schichten waren löchrig und hatten eine regelmäßige Fischnetzstruktur: parallele breite Streifen wurden von dazu senkrecht ausgerichteten schmalen Stegen verbunden. Während die Stege für sich allein genommen eine elektrische Bandlücke aufwiesen, konnten sich in den Streifen unterschiedliche magnetische Moden ausbreiten, die durch eine magnetische Bandlücke getrennt waren. Wurden die Streifen und Stege zusammen betrachtet, so überlagerten sich ihre Bandlücken und es entstand ein Bereich mit elektromagnetischen Moden, für die das Material einen negativen Brechungsindex zeigte. Da es in diesem Bereich nicht zu Resonanzen kam, waren diese Moden nur schwach gedämpft.

Zum experimentellen Nachweis der negativen Brechung stellten die Forscher aus ihrem Metamaterial ein keilförmiges Prisma mit einem Neigungswinkel von 5 Grad her, wobei sich die Zahl der Schichten im Prisma stetig verringerte. Ein senkrecht durch die Unterseite des Prismas eintretender Laserstrahl wurde beim Austritt durch die geneigte Oberseite gebrochen. Je nach dem Wert des Brechungsindex n erwartet man folgendes: Für n=1 verlässt der Strahl das Prima unabgelenkt. Für n>1wird er zum dicken Ende des Prismas hin gebrochen, für 0

Als die Forscher die Wellenlänge des Laserstrahls von 1200 nm schrittweise auf 1800 nm vergrößerten, wanderte der gebrochene Strahl in die negative Richtung. Wie die Messungen zeigten, verringerte sich n von 0,6 auf etwa –1,2, wobei n=0 etwa bei 1550 nm erreicht wurde. Die dabei auftretenden Verluste durch Absorption, die so gering waren wie bei kaum einem anderen Metamaterial im optischen Bereich, sollten sich noch weiter verringern lassen. Diese ungewöhnlichen optischen Eigenschaften eröffnen zahlreiche neue Anwendungsmöglichkeiten, wenn auch die Herstellung von perfekten Linsen oder Tarnmäntel noch ein wenig dauern könnte.

Rainer Scharf

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