09.07.2024

Neuer Effekt in halbleiterbasierten Lasern entdeckt

Regime ermöglicht die kohärente Manipulation von Quantensystemen mit großen Modulationsperioden.

Wissenschaftler des Paul-Drude-Instituts für Festkörper­elektronik (PDI) haben ein neuartiges Modulations­regime beobachtet, das durch das Auftreten bisher unbekannter Beschleu­nigungs-Beats in einem modulierten, Halbleiter­laser gekennzeichnet ist. Das wesentliche – und etwas kontra­intuitive – Merkmal dieses neuen Regimes ist die Fähigkeit, Quanten­systeme kohärent zu manipulieren, indem Modulations­perioden verwendet werden, die länger als die Kohärenzzeit sind – vorausgesetzt, die Modulations­amplitude ist groß genug.

Abb.: Ein Leuchtturm mit einer grünen Lampe, die sich mit der...
Abb.: Illustration des neuen Effekts: Ein Leuchtturm mit einer grünen Lampe, die sich mit der Winkelgeschwindigkeit ω dreht. Sein Spektrum zeigt bei zunehmender Rotationsfrequenz spektrale Zacken nahe den beiden Doppler-verschobenen Spitzen – die Beschleunigungsschläge.
Quelle: Kuznetsov & Santos, PDI

Die harmonische Modulation von Lichtquellen, wie Lasern, ist das Fundament vieler moderner und künftiger Tele­kommunikations­technologien. Dort sind zwei Modulations­regimes gut bekannt: das adiabatische und das nicht-adiabatische Regime. Einerseits zerfällt im adiabatischen Regime die Kohärenz des Lichts – das Ausmaß, in dem die Lichtwellen eine konstante, vorhersagbare Phasen­verbindung aufrecht­erhalten – schneller als die Modulationsperiode. Im nicht-adia­batischen Regime passen mehrere Modulationsperioden in die Kohärenzzeit des Systems. Dieses Regime ist besonders wichtig für die kohärente Manipulation von Quanten­systemen, erfordert jedoch typischer­weise hohe Frequenzen im Gigahertz-Bereich.

Die Steuerung von Modulationen wie sie zur Manipulation dieser Systeme für techno­logische Anwendungen notwendig ist, erfordert jedoch die Wahrung eines empfindlichen Gleichgewichts. Laut Alexander S. Kuznetsov wurde in früheren Studien die Amplitude der Modulation weitgehend übersehen. „Das Hauptproblem bestand darin, dass das System umso schneller seine Kohärenz verliert, je stärker die Erschütterung ist“, sagte er. „Nun hat das PDI-Team nach unserem Wissen zum ersten Mal gezeigt, was passiert, wenn eine laserähnliche opto­elektronische Resonanz mit extremen Modulations­amplituden moduliert wird, und enthüllt einen neuartigen Aspekt einer solchen Modulation, der durch die erhöhte Beschleunigung verursacht wird. Diese Form der Modulation ist weder adiabatisch noch nicht-adiabatisch, sondern ein grundlegend anderes Regime.“

Die von Kuznetsov durchgeführten Studien führten eine harmonische Modulation mit großer Amplitude in die Emissionsenergie einer halbleiter­basierten, mikrometer­großen kohärenten Lichtquelle ein. Sie beobachteten, dass diese extremen Änderungen in der Modulations­amplitude zum Auftreten von „Beschleunigungs-Beats“ führten – das sind spektrale Oszilla­tionen, die mit variierenden Raten der Energieänderung der Quelle zusammenhängen, anstatt mit der Geschwindig­keit der Energieänderungen, wie es bei den meisten physikalischen Systemen mit kleinen Amplituden der Fall ist. Paulo V. Santos, der das Modell für die Beschleunigungs-Beats entwickelt hat, vergleicht sie mit dem Effekt, der durch ein sich schnell drehendes Licht in einem Leuchtturm entsteht: Im Ruhezustand wird angenommen, dass die Lichtquelle eine schmale spektrale Verteilung hat – vielleicht einen einzelnen, gut definierten grünen Lichtstrahl. Aber wenn sich die Quelle dreht, sieht man zunächst statt eines einzelnen Strahls zwei Strahlen mit unterschiedlichen Farben. Diese Farbänderung resultiert aus der Doppler­verschiebung: der geschwindigkeitsabhängige Änderung der Frequenz die ein Beobachter wahrnimmt, wenn sich die Quelle auf ihn zu oder von ihm weg bewegt.

„Wenn die Rotationsfrequenz weiter zunimmt, sieht man kleine Wellen in der Nähe der doppler­verschobenen Emission“, sagte Santos. „Im Gegensatz zu den Dopplerverschiebungen, die aus Bewegungen mit konstanter Geschwin­digkeit resultieren, entstehen diese Wellen durch schnelle Geschwindig­keitsänderungen, also durch beschleunigte Bewegungen.“ Dieser beobachtete Effekt ist universell, was bedeutet, dass er prinzipiell in jedem System unter harmonischer Modulation beobachtet werden kann. Diese Ergebnisse sind jedoch der erste bekannte experimentelle Nachweise der Beschleunigungs-Beats, dank der Fähigkeit, ein Festkörper­system schnell genug mit ausreichend großer Amplitude zu modulieren. Dies wird auch dadurch untermauert, dass die Beats bereits mit bestehenden Modellen vorhergesagt werden konnten.

Zentral für das Design des Experiments war eine Halbleiter­mikrokavität, die von Klaus Biermann entwickelt wurde und die die Forscher verwendeten, um das von einem einge­schlossenen Polariton-Kondensat emittierte Laserlicht zu beobachten. „Eine ganz wesentliche Komponente ist, dass diese eingeschlossenen Licht-Materie-Polariton-Kondensate in Halbleiter­mikrokavitäten ideale helle Quellen sind, mit abstimmbarer Kohärenz und erhöhter Anfälligkeit für die mono­chromatischen akustischen Felder“, sagte Kuznetsov. „Eine weiterer Bestandteil sind piezo­elektrisch erzeugte akustische Wellen, die die Energie des Kondensats mit Amplituden modulieren können, die bis zu zwei Größenordnungen über dem Modulations­quantum liegen.“

Der fundamentale Charakter der Entdeckung wirft wichtige Fragen auf, ob Beschleunigungs-Beats auch unter anderen extremen Bedingungen in kosmischen Phänomenen und bei hochenerge­tischen Teilchen beobachtet werden können. Während potenzielle Anwendungen dieses neuen Regimes noch erforscht werden müssen, sagen die Forscher, dass die Studie neue Möglichkeiten eröffnet, hochfrequente spektrale Merkmale mit viel niedrigerer Modulations­frequenz zu erzeugen und neue Protokolle zur Steuerung von Quanten­systemen zu entwickeln.

PDI / JOL

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