Neuer Halbleiter aus der Familie der Kohlenstoffnitride
Zweidimensionales Material bietet sich für optoelektronische Anwendungen an.
Manche organische Materialien könnten ähnlich wie Siliziumhalbleiter in der Optoelektronik eingesetzt werden. Ob als Solarzellen, Leuchtdioden oder auch als Transistoren – wichtig ist dabei die Bandlücke. Ein Team um den Chemiker Michael J. Bojdys an der Humboldt-Universität Berlin hat kürzlich ein neues organisches Halbleitermaterial aus der Familie der Kohlenstoffnitride synthetisiert. Das Triazin-basierte graphitische Kohlenstoffnitrid oder TGCN besteht nur aus Kohlenstoff- und Stickstoff-Atomen und lässt sich als brauner Film auf einem Quartzsubstrat aufwachsen.
Die Kohlenstoff- und Stickstoffatome bilden miteinander sechseckige Waben, ähnlich wie im Graphen, das aus reinem Kohlenstoff besteht. Wie bei Graphen ist auch beim TGCN die kristalline Struktur zweidimensional. Bei Graphen ist die Leitfähigkeit in der Ebene jedoch exzellent, senkrecht dazu sehr schlecht. Bei TGCN ist es genau umgekehrt: die Leitfähigkeit senkrecht zur Ebene ist rund 65mal größer ist als in der Ebene selbst. Mit einer Bandlücke von 1,7 Elektronenvolt ist TGCN ein guter Kandidat für Anwendungen in der Optoelektronik.
Der HZB-Physiker Christoph Merschjann hat daraufhin im Laserlabor JULiq, einem Joint Lab zwischen HZB und Freie Universität Berlin, die Transporteigenschaften in Proben aus TGCN mit zeitaufgelösten Absorptionsmessungen im Femto- bis Nanosekundenbereich untersucht. Solche Laserexperimente ermöglichen es, die makroskopische Leitfähigkeit mit mikroskopischen Transportmodellen zu verknüpfen. Aus den Messdaten konnte er ableiten, wie die Ladungsträger durch das Material diffundieren. „Sie verlassen die sechseckigen Waben aus Triazin-Einheiten nicht horizontal, sondern bewegen sich schräg zur nächsten Triazin-Einheit in der Nachbarebene. Sie bewegen sich entlang röhrenartiger Kanäle durch die Kristallstruktur“, sagt Merschjann.
Dieser Mechanismus könnte erklären, dass die Leitfähigkeit senkrecht zu den Ebenen deutlich höher ist, als in den Ebenen. Allerdings reicht er vermutlich nicht aus, um den tatsächlich gemessenen Faktor von 65 zu erklären. „Wir haben die Transporteigenschaften in diesem Material noch nicht vollständig verstanden und wollen diese weiter untersuchen“, kündigt Merschjann an. Dazu wird der verwendete Aufbau im JULiq-Nachfolgelabor, dem ULLAS-Lab am HZB in Wannsee, für neue Experimente einsatzfähig gemacht
„TGCN ist daher bislang der beste Kandidat, um gängige anorganische Halbleiter wie Silizium mit ihren teilweise kritischen Dotanden aus seltenen Elementen zu ersetzen“, sagt Michael Bojdys. „Unser Herstellungsverfahren, das wir in meiner Gruppe an der Humboldt-Universität entwickelt haben, führt zu flachen Schichten von halbleitendem TGCN auf isolierendem Quartzglas. Das ermöglicht Upscaling und einfache Device-Produktion.“
HZB / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
Y. Noda et al.: Directional Charge Transport in Layered Two‐Dimensional Triazine‐Based Graphitic Carbon Nitride, Ang. Chem Int. Ed., online 9. Mai 2019; DOI: 10.1002/anie.201902314 - Institut für Nanospektroskopie, Helmholtz-Zentrum Berlin HZB, Berlin
- Funktionelle Nanomaterialien, Humboldt-Universität Berlin