15.08.2024

Neuer Halbleiter für leistungsfähigere Elektronik

Aluminiumyttriumnitrid zeigt vielversprechende elektronische Eigenschaften.

Aufgrund seiner hervor­ragenden Material­eigenschaften hat Aluminium­yttriumnitrid (AlYN) das Interesse verschiedener Forschungs­gruppen weltweit geweckt. Das Wachstum des Materials stellte bisher jedoch eine große Heraus­forderung dar. Bislang ist es nur gelungen, AlYN mit dem Magnetron-Sputter-Verfahren abzuscheiden. Nun haben Forschende des Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF es geschafft, das neue Material mithilfe der MOCVD-Technologie (metall­organische chemische Gasphasen­abscheidung) herzustellen und damit die Erschließung neuer, vielfältiger Anwendungen zu ermöglichen.

Abb.: Die verschiedenen Farbnuancen der AlYN/GaN-Wafer resultieren aus...
Abb.: Die verschiedenen Farbnuancen der AlYN/GaN-Wafer resultieren aus unterschiedlichen Yttrium-Konzentrationen sowie Wachstumsbedingungen.
Quelle: Fh.-IAF

„Unsere Forschung markiert einen Meilenstein in der Entwicklung neuer Halbleiter­strukturen. AlYN ist ein Material, das eine Leistungssteigerung bei gleichzeitiger Minimierung des Energieverbrauchs ermöglicht und damit den Weg für Innovationen in der Elektronik ebnen kann, die unsere digital vernetzte Gesellschaft und die stetig steigenden Anforderungen an Techno­logien dringend benötigen“, sagt Stefano Leone, Wissenschaftler am Fraunhofer IAF im Bereich Epitaxie. Aufgrund seiner vielver­sprechenden Material­eigenschaften kann AlYN zu einem Schlüsselmaterial für zukünftige technologische Innovationen werden. 

Jüngste Forschungen hatten bereits die Material­eigenschaften von AlYN wie Ferro­elektrizität nachgewiesen. Die Forschenden am Fraunhofer IAF konzentrierten sich bei der Entwicklung des neuen Verbindungs­halbleiters vor allem auf dessen Anpassungs­fähigkeit an Galliumnitrid (GaN): Die Gitterstruktur von AlYN lässt sich optimal an GaN anpassen und die AlYN/GaN-Hetero­struktur verspricht wesentliche Vorteile für die Entwicklung zukunfts­weisender Elektronik. 

2023 hat die Forschungsgruppe am Fraunhofer IAF bereits bahn­brechende Ergebnisse erzielt, als es ihnen erstmals gelang, eine 600 Nanometer dicke AlYN-Schicht abzuscheiden. Die Schicht mit Wurtzit-Struktur enthielt eine bis dato unerreichte Yttrium-Konzentration von mehr als dreißig Prozent. Nun haben die Forschenden einen weiteren Durchbruch erzielt: Sie haben AlYN/GaN-Hetero­strukturen mit präzise einstell­barer Yttrium-Konzen­tration hergestellt, die sich durch hervorragende strukturelle Qualität und elektrische Eigen­schaften auszeichnen. Die neuartigen Hetero­strukturen verfügen über eine Yttrium-Konzen­tration von bis zu sechzehn Prozent. Unter der Leitung von Lutz Kirste führt die Gruppe für Struktur­analyse weitere detaillierte Analysen durch, um das Verständnis der strukturellen und chemischen Eigenschaften von AlYN zu vertiefen.

Die Forschenden konnten bereits äußerst vielver­sprechende und für den Einsatz in elek­tronischen Bauteilen interessante elektrische Eigenschaften von AlYN messen. „Wir konnten beeindruckende Werte für den Schicht­widerstand, die Elektronen­dichte und die Elektronen­beweglichkeit beobachten. Diese Ergebnisse haben uns das Potenzial von AlYN für die Hochfrequenz- und Hochleistungs­elektronik vor Augen geführt“, berichtet Leone. 

Dank seiner Wurtzit-Kristall­struktur lässt sich AlYN bei geeigneter Zusammen­setzung sehr gut an die Wurtzit-Struktur von Galliumnitrid anpassen. Eine AlYN/GaN-Hetero­struktur verspricht die Entwicklung von Halbleiter­bauelementen mit verbesserter Leistung und Zuverlässigkeit. Zudem besitzt AlYN die Fähigkeit zur Induktion eines zwei­dimensionalen Elektronengases (2DEG) in Hetero­strukturen. Neueste Forschungs­ergebnisse des Fraunhofer IAF zeigen optimale 2DEG-Eigenschaften in AlYN/GaN-Hetero­strukturen bei einer Yttrium-Konzentration von etwa acht Prozent.

Die Ergebnisse aus der Material­charakterisierung zeigen auch, dass AlYN in Transistoren mit hoher Elektronen­beweglichkeit (HEMTs) eingesetzt werden kann. Die Forschenden konnten einen signifikanten Anstieg der Elektronen­beweglichkeit bei niedrigen Temperaturen beobachten. Das Team hat bereits bedeutende Fortschritte bei der Demonstration der epitaktischen Hetero­struktur erzielt, die für die Herstellung erforderlich ist, und erforscht den neuen Halbleiter weiter im Hinblick auf die Herstellung von HEMTs.

Auch für die industrielle Nutzung können die Forschenden eine positive Prognose wagen: Bei AlYN/GaN-Hetero­strukturen, die auf Vier-Zoll-SiC-Substraten gewachsen sind, konnten sie eine Skalierbarkeit und strukturelle Gleichmäßigkeit der Hetero­strukturen demonstrieren. Die erfolgreiche Herstellung von AlYN-Schichten in einem kommerziellen MOCVD-Reaktor ermöglicht die Skalierung auf größere Substrate in größeren MOCVD-Reaktoren. Diese Methode gilt als die produktivste für die Herstellung großflächiger Halbleiter­strukturen und unterstreicht das Potenzial von AlYN für die Großserienfertigung von Halbleiter­bauelementen.

Aufgrund seiner ferroelektrischen Eigenschaften eignet sich AlYN in hohem Maße für die Entwicklung nichtflüchtiger Speicher­anwendungen. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist, dass das Material keine Begrenzung der Schichtdicke aufweist. Daher regt das Forschungsteam an, die Eigenschaften von AlYN-Schichten für nichtflüchtige Speicher weiter zu erforschen, da AlYN-basierte Speicher nachhaltige und energie­effiziente Daten­speicherlösungen vorantreiben können. Dies ist besonders relevant für Rechenzentren, die zur Bewältigung des exponentiellen Anstiegs der Rechen­kapazität für künstliche Intelligenz eingesetzt werden und einen deutlich höheren Energieverbrauch aufweisen.

Eine wesentliche Hürde für die industrielle Nutzung von AlYN ist seine Oxidations­anfälligkeit, die die Eignung des Materials für bestimmte elek­tronische Anwendungen beeinträchtigen. „In Zukunft wird es wichtig sein, Strategien zur Minderung oder Überwindung der Oxidation zu erforschen. Dazu könnten die Entwicklung hochreiner Vorläuferstoffe, die Anwendung von Schutz­beschichtungen oder innovative Herstellungs­techniken beitragen. Die Oxidations­anfälligkeit von AlYN stellt eine große Herausforderung für die Forschung dar, um sicher­zustellen, dass die Forschungs­anstrengungen auf die Bereiche mit den größten Erfolgs­aussichten konzentriert werden“, folgert Leone.

Fh.-IAF / JOL

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe
ANZEIGE

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Virtuelle Jobbörse

Virtuelle Jobbörse
Eine Kooperation von Wiley-VCH und der DPG

Virtuelle Jobbörse

Innovative Unternehmen präsentieren hier Karriere- und Beschäftigungsmöglichkeiten in ihren Berufsfeldern.

Die Teilnahme ist kostenfrei – erforderlich ist lediglich eine kurze Vorab-Registrierung.

Meist gelesen

Themen