Neuer Massenrekord bei Schwarzen Löchern
Schwarze Löcher mit etwa 10 bzw. 20 Milliarden Sonnenmassen liefern neuen Blick auf die Entwicklung großer Galaxien.
Die Entdeckung der bislang größten Schwarzen Löcher meldet ein Team amerikanischer Astronomen: Demnach besitzt das Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie NGC 3842 eine Masse von 9,7 Milliarden Sonnenmassen. NGC 3842 ist die hellste Galaxie im rund 320 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen Abel 1367. Eine vergleichbare, möglicherweise sogar mehr als doppelt so große Masse hat den Messungen des Teams zufolge NGC 4889, die hellste Galaxie im 335 Millionen Lichtjahre entfernten Coma-Haufen. Der bisherige Rekordhalter, das Schwarze Loch im Zentrum von M87, bringt dagegen „nur“ 6,3 Milliarden Sonnenmassen auf die Waage.
Abb.: Rasante Bewegung: Künstlerische Darstellung der Sternbewegung unter dem Einfluss eines supermassiven Schwarzen Lochs. (Bild: Gemini Observatory / Aura / L. Cook)
Eine Vielzahl von Beobachtungen aus den letzten Jahrzehnten spricht dafür, dass nahezu alle Galaxien ein großes Schwarzes Loch in ihrem Zentrum besitzen. Die extreme Leuchtkraft und Variabilität von Quasaren im frühen Kosmos wiederum deutet darauf hin, dass einige dieser Schwarzen Löcher Massen von über zehn Milliarden Sonnenmassen besitzen. Bislang konnte derartige Monster jedoch im nahen Kosmos nicht nachgewiesen werden.
Die besten Kandidaten für solche extrem massereichen Schwarzen Löchern sind die jeweils hellsten Galaxien von Galaxienhaufen. Nicholas McConnell von der University of California in Berkeley und seine Kollegen haben zwei dieser Exemplare genauer mit dem Gemini-Nord-Teleskop und dem Keck-2-Teleskop auf Hawaii studiert. Dazu haben die Astronomen die Verteilung der Sterngeschwindigkeiten an 82 unterschiedlichen Stellen von NGC 3842 gemessen. Anhand dieser Daten haben sie ein Modell der Umlaufbahnen der Sterne entwickelt und daraus die Masse des zentralen Schwarzen Lochs – das mit seiner Anziehungskraft entscheidend die Geschwindigkeit der Sterne beeinflusst – bestimmt.
Die beste Übereinstimmung mit den Beobachtungsdaten erzielen die Forscher mit einer Masse von 9,7 Milliarden Sonnenmassen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 68 Prozent liegt der Wert im Intervall von 7,2 bis 12,7 Milliarden Sonnenmassen - und ist damit also auch ein neuer Rekord.
Bei NGC 4889 haben McConnell und seine Kollegen die Verteilung der Sterngeschwindigkeiten an 63 Stellen vermessen und erhalten ein 68-Prozent-Konfidenzintervall von 9,8 bis 27 Milliarden Sonnenmassen, sowie einen mittleren Wert von 21 Milliarden Sonnenmassen.
Im Allgemeinen korreliert die Masse des zentralen Schwarzen Lochs stark mit der Geschwindigkeitsdispersion der Sterne in der zentralen Verdichtung, der Bulge der Galaxie. Die nun von McConnell und seinem Team gefunden Massen für die Schwarzen Löcher von NGC 3842 und 4889 sind jedoch signifikant größer als es dieser empirische Zusammenhang vorhersagt. Die Forscher ziehen daraus den Schluss, dass das Wachstum der größten Galaxien und ihrer Schwarzen Löcher von anderen Entwicklungsprozessen bestimmt wird als bei Galaxien mittlerer Masse.
Rainer Kayser
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