Neuer Preis und neue Gravitationswelle
Der Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft 2017 geht an den Physiker Karsten Danzmann.
Der Physiker Karsten Danzmann, Direktor des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Hannover, erhält den diesjährigen Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft, der mit 750.000 Euro dotiert ist. Mit diesem Preis zeichnet die Körber-Stiftung seit 1985 jedes Jahr einen wichtigen Durchbruch in den Physical oder den Life Sciences in Europa aus.
Karsten Danzmann ist seit 2002 Direktor des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Hannover. Parallel dazu lehrt er seit 1993 als Professor an der Leibniz-Universität Hannover und leitet dort das Institut für Gravitationsphysik (Foto: Körber-Stiftung/Friedrun Reinhold)
Danzmann und sein Team entwickelten die Schlüsseltechnologien für das Gravitationswellenobservatorium LIGO, dessen Detektoren sich in Livingston (Louisiana) und Hanford (Washington) befinden. Damit gelang 2015 der erste direkte Nachweis von Gravitationswellen. Für die Astronomie öffnete sich dadurch neben dem elektromagnetischen Spektrum ein völlig neues Beobachtungsfenster.
Bei den LIGO-Detektoren handelt es sich um Michelson-Interferometer mit zwei sehr langen, rechtwinklig zueinander verlaufenden Messarmen. Läuft eine Gravitationswelle durch den Detektor, wird einer der Arme gestaucht, der andere gedehnt. Diese Längenveränderungen werden mit Lasern vermessen. Das ist prinzipiell einfach, erfordert aber wegen der notwendigen extremen Präzision eine komplizierte Messtechnik: Die vier Kilometer langen Messarme der LIGO-Detektoren schwanken in ihrer Länge lediglich um einige Tausendstel des Durchmessers eines Wasserstoff-Atomkerns.
Möglich wurde diese enorme Messpräzision u.a. durch die Laser, die das Team von Karsten Danzmann über Jahrzehnte hinweg entwickelt und im Detektor GEO600, der mit seinen 600 Meter langen Interferometerarmen südlich von Hannovor betrieben wird, getestet hat. Zudem sind etwa die optischen Systeme als Mehrfachpendel aufgehängt, um Erschütterungen abzufangen. Zur Verstärkung werden sowohl der Laserstrahl als auch gemessene Signale im System recycelt. Das hat die Messempfindlichkeit nochmals verzehnfacht. Diese zunächst für die Grundlagenforschung entwickelten Technologien werden inzwischen auch praktisch eingesetzt, so zum Beispiel in Erdvermessungssatelliten und in der Datenkommunikation.
Erstmals konnten die LIGO-Detektoren am 14. September 2015 eine Gravitationswelle registrieren. Sie stammte von zwei Schwarzen Löchern mit 29 und 36 Sonnenmassen, die 1,3 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt miteinander verschmolzen. Ein zweites Signal im Dezember 2015 von zwei verschmelzenden Schwarzen Löchern mit 14 bzw. 8 Sonnenmassen räumte Restzweifel aus, dass das erste Signal ein Artefakt gewesen sein könnte. Fast zeitgleich mit der Verkündung des Körber-Preises können die Forscher der LIGO-Kollaboration nun den dritten Nachweis von Gravitationswellen verkünden.
Karsten Danzmann erhält den Körber-Preis am 7. September im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses. Mit dem Preisgeld möchte Danzmann unter anderem die Lasertechnik für erdgestützte Detektoren weiter verfeinern.
Die europäische Weltraumbehörde ESA plant, ab 2034 ein Michelson-Interferometer im All zu stationieren. Drei Satelliten sollen dabei Messarme mit einer Länge von 2,5 Millionen Kilometern aufspannen. Dieser LISA-Detektor, dessen Grundkonzept ebenfalls vom Danzmann-Team stammt, ist besonders empfindlich für Gravitationswellen extrem massereicher Schwarzer Löcher in Zentren von Galaxien.
Alexander Pawlak / MPG