26.04.2005

Neuer Wasserstoffspeicher

Ein Material mit einzigartigen elektrischen Eigenschaften eignet sich für kleine Wasserstoffspeicher und -detektoren.




Ein Material mit einzigartigen elektrischen Eigenschaften eignet sich für kleine Wasserstoffspeicher und -detektoren.

Mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds haben Forschende des Laboratoriums für Kristallographie der Universität Genf eine neue Metalllegierung entdeckt, die bei Raumtemperatur und bei normalem Druck wie ein Schwamm große Mengen von Wasserstoff aufnimmt und speichert. Noch erstaunlicher: Die Legierung ist ein elektrischer Leiter, wird aber zum Isolator, sobald sie mit Wasserstoff voll gesogen ist. Dank dieser beiden Eigenschaften könnte das neue Material der Entwicklung eines empfindlichen Wasserstoffdetektors dienen.

Wasserstoff (H 2) ist eigentlich ein umweltverträglicher und nachhaltiger Energieträger. Seine Speicherung ist aber noch immer ein Problem. Forschungsteams auf der ganzen Welt suchen die Lösung bei den Metallhydriden. Tatsächlich können solche Legierungen Wasserstoff wie ein Schwamm aufnehmen und stabil und sicher speichern. Nur versteht man erst wenig, wie Wasserstoffgas von diesen Substanzen aufgenommen wird. Dieses Rätsel hat nun das Team um Klaus Yvon, Professor am Laboratorium für Kristallographie der Universität Genf, mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds gelüftet. Die Studie wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.

Die Verbindung LaMg 2Ni (links) ist ein elektrischer Leiter. Ist Wasserstoff (H 2, weiße "Hanteln") vorhanden, so bildet es das Metallhydrid LaMg 2NiH 7 (rechts), das keinen Strom mehr leitet. Dank dieser Eigenschaft könnte damit ein kostengünstiger Wasserstoffdetektor entwickelt werden. (Quelle: Schweizerischer Nationalfonds)

Vom elektrischen Leiter zum Isolator
Die Genfer Forschenden beschreiben in diesem Artikel eine neue Legierung aus Lanthan, Magnesium und Nickel (LaMg 2Ni). Sie kann nicht nur Wasserstoff unter normalen Bedingungen aufnehmen, was sehr selten ist, sondern besitzt auch einzigartige elektrische Eigenschaften. So ist dieses Metallgemisch eigentlich ein elektrischer Leiter, wird aber zum Isolator, sobald es mit Wasserstoff voll gesogen ist. Dank dieser überraschenden Eigenschaft könnte das neu entdeckte Material der Entwicklung eines empfindlichen Wasserstoffdetektors dienen. Außerdem haben die Forschenden dank der Lanthan-Magnesium-Nickel-Legierung endlich herausgefunden, wie solche Metallhydride Wasserstoff absorbieren.

Dass sich solche Metallmischungen wie richtige Schwämme mit Wasserstoff voll saugen ist seit längerem bekannt. Im Allgemeinen nehmen sie das Wasserstoffgas bei einer bestimmten Temperatur und einem bestimmten Druck auf und setzen es wieder frei, wenn die Temperatur leicht erhöht oder der Druck verringert wird. Erstaunlicherweise können diese Schwämme in ihrer Matrix mehr Wasserstoffatome bergen, als das gleiche Volumen flüssigen Wasserstoffs enthält. Und dies ohne Explosionsgefahr. Die meisten der bis heute entdeckten Metallhydride funktionieren allerdings bei Temperatur- und Druckbedingungen, die für eine Nutzung ungeeignet sind. So können sie oft erst bei Temperaturen von einigen hundert Grad dazu gebracht werden, das Gas zu «schlucken» oder wieder «auszuspucken». Außerdem sind Metallhydride sehr schwer und im Allgemeinen sehr teuer.

Die Lanthan-Magnesium-Nickel-Legierung der Genfer Forschenden umgeht manche dieser Hindernisse: Sie speichert und setzt Wasserstoff bei Umgebungsbedingungen frei. Außerdem verliert sie ihre elektrische Leitfähigkeit, sobald sie mit Wasserstoff gesättigt ist - ein bei Legierungen erstmals beobachtetes Phänomen. Diese beiden Eigenschaften haben die Forschenden auf die Idee gebracht, aus dem neuen Material einen Wasserstoffdetektor zu entwickeln.

«Ein wichtiges - sicher überbewertetes - Argument gegen die Verwendung von Wasserstoff als Energieträger ist die Sicherheit», erklärt Klaus Yvon. «Viele Leute haben Angst vor einer Explosion. Sie haben wahrscheinlich das Bild des Zeppelins Hindenburg vor Augen, der 1937 in Lakehurst in den USA in Flammen aufging, oder sie denken an die 1986 explodierte Raumfähre Challenger. Wenn Wasserstoff einmal breiter angewendet wird, werden deshalb empfindliche Detektoren benötigt, die kleinste Spuren austretenden Gases aufspüren. Es gibt bereits solche Detektoren, da zahlreiche Unternehmen und Forschungslaboratorien tagtäglich Wasserstoff einsetzen. Sie sind aber relativ teuer. Ein Detektor, der auf den isolierenden Eigenschaften unserer LaMg 2NiH 7-Verbindung beruht, wäre hingegen sehr kostengünstig, da nur kleinste Mengen dieses Materials benötigt würden.»

Auch als Material für die Wasserstoffspeicherung ist das neue Metallgemisch viel versprechend. So könnte es als Wasserstoffspeicher für kleine Brennstoffzellen zur Stromversorgung von Telefonen oder Notebooks dienen. Als Treibstofftank für Fahrzeuge dürfte das neue Material hingegen nie eingesetzt werden. Dazu ist es - wie die meisten heute bekannten Metallhydride - viel zu schwer und viel zu teuer (insbesondere Lanthan und Nickel). Außerdem speichert es maximal 2 Prozent des Eigengewichts an Wasserstoff, während für die Automobilindustrie erst Werte ab 6 Prozent interessant sind. Diese Grenze wurde von den US-amerikanischen Energiebehörden festgelegt, um eine Reichweite von mindestens 500 Kilometern sicherzustellen.

Wie der Wasserstoff absorbiert wird
Schließlich konnten die Forschenden mit der Lanthan-Magnesium-Nickel-Legierung zum ersten Mal den genauen Mechanismus der Aufnahme von Wasserstoff untersuchen. Dieser war lange Zeit unbekannt, da bei den bisher bekannten Metallhydriden die Aufnahme des Wasserstoffs die Kristallstruktur veränderte und so Modellierungen und theoretische Berechnungen verunmöglichte.

Die Lanthan-Magnesium-Nickel-Legierung zeichnet sich hingegen durch eine streng geordnete Kristallstruktur aus, die auch nach der Aufnahme von Wasserstoff erhalten bleibt. Dadurch konnten die Forschenden feststellen, dass die Wasserstoffatome über die regulären Zwischenräume in das Metallgitter eindringen und sich jeweils eines der in der Legierung frei beweglichen Elektronen aneignen. Auf diese Weise können sich die Wasserstoffatome chemisch mit den Nickelatomen verbinden: Es entstehen isolierende NiH 4-Moleküle.

Die Forschungsgruppe konnte damit zeigen, dass die Konzentration des aufgenommenen Wasserstoffs streng von der Anzahl der freien Elektronen der Legierung abhängt.

Quelle: SNF

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