Neues Anodenherstellungsverfahren für Silizium-Batterien
Verfahren aus der Halbleiterindustrie verhalf zum Durchbruch.
Ein neues Verfahren zur industriellen Herstellung leistungsfähiger Anoden aus Silizium hat das Unternehmen NorcSi aus Halle an der Saale entwickelt. Silizium verfügt über eine zehnmal höhere Speicherkapazität als das derzeit in Batterien dominante Anodenmaterial Graphit. Viele Hersteller arbeiten daher mit aufwändigen Verfahren daran, höhere Anteile von Silizium in die Anode zu integrieren, um die Batteriekapazität zu erhöhen. Das patentierte Verfahren von NorcSi ermöglicht jetzt erstmals die Herstellung reiner Siliziumanoden im industriellen Maßstab. Dadurch können die Produktions- und Materialkosten zukünftiger Batterien massiv gesenkt werden.
Silizium bietet neben der hohen Speicherkapazität zahlreiche Vorteile gegenüber herkömmlichen Anodenmaterialien. Es ermöglicht eine höhere Ladegeschwindigkeit, ist weltweit verfügbar und günstiger als Grafit, welches zum Großteil in China abgebaut wird und zunehmend von Exporteinschränkungen betroffen ist. Zudem eignet es sich für den Einsatz in Feststoffbatterien. Allerdings durchläuft Silizium beim Be- und Entladen eine bis zu vierhundertprozentige Volumenänderung, die reine Siliziumanoden schnell porös werden lässt und so zu Kontaktverlusten führt. Alle bisherigen Lösungsansätze setzen daher auf Silizium-Nanodrahtstrukturen und Silizium-Nanopartikel, um diese Probleme zu kompensieren. Die Herstellung dieser Nanostrukturen ist jedoch sehr aufwändig. Solche Anoden werden in aller Regel im Sheet-to-Sheet-Verfahren, also in Einzelanfertigung, produziert.
Im Gegensatz dazu lässt sich der neue Herstellungsprozess im Rolle-zu-Rolle-Verfahren realisieren. Dabei handelt es sich um einen hochautomatisierten Prozess, der massive Skalierungseffekte ermöglicht und eine deutliche Reduktion der Produktionskosten verspricht. „Vor drei Jahren haben wir unsere Anoden zu Testzwecken auf einzelnen Bögen gefertigt“, erläutert Udo Reichmann, Gründer und Geschäftsführer von NorcSi. „2022 konnten wir unser Verfahren gemeinsam mit der TU Bergakademie Freiberg auf Rollen mit 180 Millimetern Breite erproben. Jetzt planen wir erstmals im Industriemaßstab von 400 Millimetern vollautomatisch Anoden zu fertigen.“ Aber auch durch die geringen Materialpreise ergeben sich bei der neuen Anode erhebliche Kostenvorteile.
NorcSi geht auf ein 2013 begonnenes interdisziplinäres Forschungsprojekt des Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und der TU Freiberg zurück. Dort entstand die Idee, ein Verfahren aus der Halbleiterindustrie für die Herstellung von Siliziumanoden zu nutzen. Dabei wird zunächst eine Kupferträgerfolie mit einer wenige Mikrometer dicken Lage aus Silizium beschichtet. Anschließend wird die Folie mit hochenergetischen Blitzen thermisch behandelt. Dabei entsteht eine einzigartige Nanostruktur, die die bekannten Probleme mit Silizium adressiert, indem sie Trägerfolie und Anode fest miteinander verbindet und durch eine gitterähnliche Struktur stabilisiert.
Gleichzeitig entstehen Poren und Löcher, die die mechanische Spannung bei der Volumenänderung kompensieren. Die Oberfläche der Anode bleibt hierbei homogen, sodass sie mit einer Schutzschicht versehen werden kann. Das verhindert die unkontrollierte Reaktion des Elektrolyten mit der Siliziumanodenoberfläche, wodurch anderweitig Lithium verloren gehen würde.
„Die Nutzung einer Siliziumschicht für die Anode galt lange als ungeeignet und wurde daher weitestgehend vernachlässigt. Mit unserem patentierten Verfahren sind uns die Schichtabscheidung und Nutzbarmachung erstmals gelungen“, sagt Marcel Neubert, technischer Geschäftsführer von NorcSi. Das Unternehmen ist nun dabei, die Anode für verschiedene Anwendungen zu optimieren.
Neben dem Einsatz in Lithium-Ionen-Akkus für Elektrofahrzeuge sind auch andere Anwendungen denkbar. Das Verfahren ist etwa für die Herstellung von Anoden zur Verwendung in Festkörperbatterien geeignet und wird somit als Plattformtechnologie gehandelt. „Wir rechnen damit, dass unsere Anode überall dort gefragt sein wird, wo die Kombination aus einer hohen Energiedichte und geringen Preisen besonders entscheidend ist“, so Reichmann. Das sind heute in erster Linie Akkus für batterieelektrische PKW, aber mittelfristig auch LKW, Drohnen und Flugzeuge.
NorcSi / RK