21.02.2017

Neues Kopiersystem für DNA

Durch Kooperation von zwei simplen Hairpin-Spezies entsteht ein deut­lich schnel­lerer Repli­kator.

In allen lebenden Organismen gibt es auf molekularer Ebene eine Arbeits­teilung: DNA und RNA speichern die Infor­mation zum Aufbau von Proteinen, die wiederum verschie­dene Funktionen wie etwa das Kataly­sieren chemischer Reak­tionen über­nehmen. In den letzten Jahren hat sich aller­dings heraus­gestellt, dass insbe­sondere RNA diese Arbeits­teilung zu igno­rieren scheint und in vielen Pro­zessen entschei­dende Funktionen über­nimmt.

Diese Vielseitigkeit der Moleküle könnte auch erklären helfen, wie das Leben seinen Anfang nahm. So können Nuklein­säuren beispiels­weise das Kopieren anderer Nuklein­säuren kataly­sieren. Hierbei ist wichtig, dass nur Moleküle kopiert werden, deren Informa­tionen weiter­gegeben werden sollen. Primer helfen in biolo­gischen Prozessen oft, diese Spezies zu erkennen. Das sind kurze Nuklein­säuren mit einer bestimmten Sequenz, die mit einem Teil des Moleküls, das kopiert wird, eine Doppel­helix bilden. Sie sind der Start­punkt für die Repli­kation und verlängern sich im weiteren Prozess zur komple­mentären DNA-Strang.

Ausgehend von solch einem System haben sich Georg Urtel und Thomas Rind aus der Arbeits­gruppe von Dieter Braun an der Uni München gefragt, welche Eigen­schaften diese DNA-Moleküle haben. In Experi­menten repli­zierten die Wissen­schaftler dazu zunächst DNA mit einer Hairpin-Struktur. Bei diesen Molekülen sind einige Basen am Anfang und am Ende komple­mentär und bilden kurze Paar­folgen, so dass die Enden des Moleküls anein­ander binden

Beim Kopieren eines DNA-Moleküls entsteht das in der Basenfolge dazu komple­mentäre Molekül, da immer nur zwei der vier verschie­denen Basen zusammen­passen. Um beide Moleküle repli­zieren zu können, benötigt man daher normaler­weise zwei verschie­dene Primer. Der Vorteil von Hairpin-Molekülen ist, dass das Ursprungs­molekül und das entspre­chende Komple­ment den gleichen Primer benötigen. „Das macht Hairpins zu relativ simplen Repli­katoren“, erklärt Urtel. „Aller­dings erschwert die Hairpin-Struktur das Anbinden der Primer an das DNA-Molekül und bremst die Repli­kations­rate. Dieses Problem haben Spezies ohne Hairpin-Struktur nicht.“

In ihren Experimenten entdeckten die Wissenschaftler, dass durch Koope­ra­tion von zwei simplen Hairpin-Spezies ein deut­lich schnel­lerer Repli­kator entsteht, der zwei Primer benötigen. Die ausge­wählten Hairpin-Spezies benötigten unter­schied­liche Primer, besaßen aber ansonsten teil­weise iden­tische Sequenzen. Im ersten Schritt des Über­gangs muss die Repli­kation eines Hairpin-Moleküls unter­brochen werden. „In der Regel sind Repli­kations­prozesse in der Natur nie perfekt“, so Braun. „Dieses Verhalten muss man nicht erzwingen, sondern es passiert stochas­tisch und wir nutzen das für unsere Experi­mente.“ Ein unfertig repli­ziertes Hairpin-Molekül kann nun an ein Molekül der zweiten Spezies binden und dabei wie ein Primer verlän­gert werden. Das so entstan­dene Molekül hat keine Hairpin-Struktur mehr, sondern stellt eine neue Spezies dar. Solche Cross­breeds benö­tigen nun zwei Primer, repli­zieren aller­dings viel schneller.

In den Experimenten zeigte sich, dass DNA-Moleküle mit Hairpin-Struktur im Vergleich zu Cross­breeds bei Verdün­nung rasch aus­sterben. Durch die Bildung von Cross­breeds und die damit verbun­dene schnel­lere Repli­kation kann Hairpin-DNA ihre Informa­tionen in diesen sicher abspei­chern und weiter kopieren. Dass die Infor­mation tatsäch­lich erhalten bleibt, konnte durch die Umkehr­reaktion gezeigt werden: Haben Cross­breeds nur einen Primer zur Ver­fügung, entsteht die entspre­chende Hairpin-Spezies durch einen ähn­lichen Übergangs-Prozess wie oben beschrieben. Weil ein Primer fehlt, stirbt nun der Cross­breed aus. „Der Cross­breeding-Prozess erlaubt also nicht nur den Über­gang von simplen, lang­samen Repli­katoren zu schnelleren Repli­katoren, sondern ermöglicht es zudem, sich an die Umwelt­bedingungen anzu­passen“, beschreibt Urtel die Vorteile. „Solch ein Prozess zeigt uns daher auch, wie zu Beginn des Lebens bereits frühe Repli­katoren koope­riert haben könnten.“

LMU / RK

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