Neues Nano-Institut in Chemnitz
Zentrum für Materialien, Architekturen und Integration von Nanomembranen MAIN eröffnet.
Der Neubau des „Zentrums für Materialien, Architekturen und Integration von Nanomembranen“ –MAIN – wurde gestern feierlich vom Sächsischen Staatsministerium der Finanzen an die Technische Universität Chemnitz übergeben. Der mit rund 34,3 Millionen Euro Bundes- und Landesmitteln finanzierte Laborbau bietet künftig etwa einhundert Wissenschaftlern modernste Forschungs- und Arbeitsbedingungen. Die TU Chemnitz wird hier ihre Kompetenzen auf dem Gebiet der Nanomembranen, einem der modernsten Felder der Werkstoff- und Materialwissenschaften, ausbauen.
Abb.: Im Neubau des neuen Zentrums MAIN sind neben Reinräumen zahlreiche Labore mit hohen technischen Anforderungen untergebracht. (Bild: J. Müller, TU Chemnitz)
Nanomembranen zeichnen sich als extrem dünne funktionale Strukturen durch eine hohe mechanische Flexibilität aus. Sie bilden die Basis für neuartige Bauelemente, die bieg-, dehn- und formbar und damit extrem anpassungsfähig sind und sich mittels etablierter und neuartiger Prozesse und Verfahren herstellen lassen, die unter anderem im neuen Zentrum zu entwickeln sind. Das führt langfristig zu völlig neuen Szenarien in der mobilen Kommunikation, der Medizin- und der Energietechnik. „Die weltweite Entwicklung immer kompakterer und intelligenterer Sensor- und Kommunikationssysteme eröffnet ungeahnte Möglichkeiten für das alltägliche Leben und stimuliert visionäre Ideen, die weit über das heute Realisierbare hinausgehen. Zentrale Komponenten solcher Systeme werden künftig in MAIN erforscht, wie ultra-kompakte Energiespeichereinheiten für winzige und autonom arbeitende Sensorknoten oder flexible Sensorsysteme für die Implementierung des Konzepts einer künstlichen Haut“, blickt MAIN-Initiator Oliver G. Schmidt voraus.
Schmidt ist Inhaber der Professur für Materialsysteme der Nanoelektronik an der TU Chemnitz und Direktor des Instituts für Integrative Nanowissenschaften am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden. „Das fachübergreifende wissenschaftliche und technologische Potential von anorganischen und hybriden flexiblen Nanomembranen ist klar erkannt, aber dennoch weitestgehend unerforscht“, sagt Schmidt. Deshalb hat er diese Thematik vor mehr als einem Jahrzehnt in Deutschland und europaweit erstmalig etabliert, so dass die Region Chemnitz-Dresden bereits heute auf diesem Gebiet eine international führende Stellung einnimmt. Schmidt ist Pionier auf dem Gebiet der Nanoröhrchen und bewegt sich mit seiner Arbeit zwischen den Fachgebieten Physik, Chemie, Werkstoffwissenschaften, Elektronik und Mikrosystemtechnik. Er arbeitet daran, selbstorganisierte, dreidimensionale Nanostrukturen auf einem Chip zu integrieren. Für die Erforschung, Herstellung und innovativen Anwendung funktioneller Nanostrukturen wurde er 2018 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet.
„Die Forschung am Zentrum für Materialien, Architekturen und Integration von Nanomembranen wird insbesondere die Kernkompetenz der TU Chemnitz zu Materialien und Intelligenten Systemen weiter stärken und zu einer noch größeren nationalen und internationalen Sichtbarkeit der Universität in diesem Bereich beitragen“, sagt Gerd Strohmeier, Rektor der TU Chemnitz. Zentrales wissenschaftliches Ziel ist es, die Grundlagenforschung und die anwendungsnahe Forschung auf dem Gebiet der nanomembranbasierten Materialien voranzutreiben. „Die Erforschung grundlegender Gesetzmäßigkeiten und neuer Phänomene der Struktur-Eigenschafts-Beziehung, die Entwicklung neuartiger Architekturen sowie die Ausschöpfung und Weiterentwicklung von Verfahren der Systemintegration und die Erschließung von Anwendungsmöglichkeiten werden durch MAIN europaweit erstmals für ein interdisziplinär aufgestelltes Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in einem Forschungsbau vereint“, sagt Thomas Otto, Inhaber der Professur Mikrotechnologie der TU Chemnitz und Leiter der für die Implementierung von MAIN eingerichteten Task Force.
„Unter einem Dach werden nun bereits bestehende exzellente Aktivitäten der Fakultäten für Elektrotechnik und Informationstechnik sowie für Naturwissenschaften der TU Chemnitz und ihrer Forschungspartner auf einem zukunftsträchtigen Themenfeld zusammengeführt“, so Otto weiter. Kooperationen mit Instituten außeruniversitärer Forschungsorganisationen, wie Fraunhofer, Leibniz und Helmholtz, sollen intensiviert werden. Um die interdisziplinäre Forschung nachhaltig und auf höchstem Niveau zu sichern, werden in den Programmen der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Landes- und Bundesministerien und der Europäischen Union Projekte initiiert. Durch die räumliche Nähe von MAIN zum Gründerzentrum sowie zu kleinen und mittleren Unternehmen im benachbarten Smart Systems Campus sind bereits heute ideale Bedingungen für einen effizienten Technologietransfer gegeben.
Der 78 Meter lange MAIN-Neubau wurde gemäß dem Siegerentwurf der Architekten Heinle, Wischer und Partner (Dresden) von der Niederlassung Chemnitz des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement durchgeführt. Das Gebäude mit etwa 3.800 Quadratmetern Nutzfläche wurde als massiver Stahlbetonskelettbau mit tragenden Wandscheiben und Decken ausgeführt, um erschütterungsfreie Messungen zu ermöglichen. Als Erschütterungsschutz für die empfindlichen Laborgeräte ruht der Komplex auf einer rund 1,60 Meter starken Bodenplatte aus Stahlbeton. Funktionales Highlight sind die Reinräume, welche die Fertigung von Bauteilen in staubfreier Umgebung ermöglichen. Im Gebäude wurden auch zwei „Wissensgärten“ als Orte der Begegnung und des Austausches geschaffen, die etagenübergreifend die Idee der Verbindung von Forschungsbereichen unterstützen. Gestaltet wurden diese Bereiche von der Dresdner Künstlerin Patricia Westerholz, die den Wettbewerb „Kunst am Bau“ mit ihrer Arbeit „layers and structures“ gewann.
TU Chemnitz / JOL