04.01.2013

Neues von Planeten nah und fern

2012 war auch für die Planetenforschung ein aufregendes Jahr mit spannenden Entwicklungen.

Von einem weißen Fleck auf der Karte des Sonnensystems zu einer gut untersuchten Welt: Die amerikanische Raumsonde Messenger funkte Anfang Mai ihr 100.000stes Foto des sonnennächsten Planeten Merkur zur Erde. Die Planetenforscher sind damit erstmals im Besitz globaler, hoch aufgelöster Karten des Merkur in acht verschiedenen Farbkanälen. Messenger umkreist den Planeten seit März 2011.

Im März dieses Jahres präsentierten zwei internationale Forscherteams im Fachblatt „Science“ erste Ergebnisse der Mission. Die Messungen der Raumsonde zeigten unter anderem, dass Merkur einen erheblich größeren Kern aus Eisen als bislang angenommen besitzt: Er erstreckt sich über 85 Prozent des Planetenradius. Die Forscher kamen außerdem zu dem Schluss, dass der Eisenkern von einer dünnen Schale aus Eisensulfid umgeben ist. Topografische Untersuchungen mit einem Laser-Höhenmesser an Bord der Messenger-Sonde lieferten weiterhin Hinweise darauf, dass es auf dem Planeten länger als gedacht tektonische und vulkanische Aktivität gab.

Abb.: Die Temperaturen auf Merkur können auch in höheren Breiten über 500 Kelvin erreichen. (Bild: D. Paige et al. / NASA)

Weitere, im November veröffentlichte Ergebnisse der Mission bestätigten die seit langem gehegte Vermutung, dass es auf dem heißen Planeten gefrorenes Wasser gibt. Das Eis befindet sich am Nordpol des Planeten in Gebieten, die ständig im Schatten liegen und deshalb trotz der Sonnennähe tiefe Temperaturen aufweisen. Radarmessungen von der Erde aus hatten dort bereits Gebiete mit hohem Reflexionsvermögen gezeigt.

Das wohl spektakulärste Ereignis der Planetenforschung im Jahr 2012 war am 6. August die Landung des amerikanischen Rovers Curiosity auf dem Mars. Das Manöver war komplex und niemals zuvor verwendet worden: Nacheinander wurden ein Hitzeschild, ein Fallschirm und Bremsraketen eingesetzt. Etwa zwanzig Meter über dem Marsboden blieb das Raumfahrzeug dann mit feuernden Treibwerken stehen und ließ den Rover an einem Seil herab. Nach dem sanften Absetzen wurde das Seil gekappt und die Antriebsstufe stürzte einige hundert Meter weiter in den roten Staub. Als das erste von Curiosity gesendete Bild im Kontrollzentrum eintraf, war der Jubel groß.

Inzwischen bewegt sich der Rover langsam auf den Zentralberg des 154 Kilometer großen Kraters Gale zu. Aus der Untersuchung der dort abgelagerten Sedimente erhoffen sich die Forscher eine Rekonstruktion der Klimageschichte der vergangenen 3,5 Milliarden Jahre.

Abb.: Rund 250 JPL-Ingenieure setzen die PLM-Software NX von Siemens für ihre Raumfahrtentwicklungen ein, wie etwa den neuen, hochkomplexen Mars-Rover Curiosity. (Bild: NASA / JPL-Caltech)

Für Aufsehen sorgte Ende November die ungeschickte Ankündigung des Chef-Wissenschaftler der Mission John Grotzinger, man habe eine „Entdeckung für die Geschichtsbücher“ gemacht. Spekulationen über Lebensspuren schossen ins Kraut – tatsächlich verkündete die Nasa Anfang Dezember den Nachweis einfacher Kohlenstoff-Verbindungen. Solche organischen Stoffe bilden zwar die chemische Grundlage des irdischen Lebens. Die Nasa selbst warnte jedoch vor vorschnellen Schlüssen – auch andere Prozesse können zur Entstehung von Kohlenstoffverbindungen führen.

Das auch Beobachtungen von der Erde – bzw. der Erdumlaufbahn – aus neue Erkenntnisse über unser Sonnensystem liefern können, zeigte die im Juli verkündete Entdeckung eines fünften Plutomonds auf Bildern des Hubble Space Telescopes. Der vermutlich unregelmäßig geformte Begleiter des Zwergplaneten hat einen Durchmesser zwischen 10 und 25 Kilometern und umkreist Pluto in einem Abstand von 42.000 Kilometern. Die Wissenschaftler vermuten, dass die vielen Monde Überreste einer Kollision zwischen Pluto und einem anderen Zwergplaneten sind.

Nicht nur unsere Sonne, auch andere Sterne besitzen Planeten – über 850 Exoplaneten haben Astronomen inzwischen aufgespürt. In diesem Jahr kamen 135 weitere hinzu, allein 77 davon hat das überaus erfolgreiche Weltraumteleskop Kepler nachgewiesen. Darüber hinaus warten rund 2500 von Kepler ausgespähte Planeten-Kandidaten auf ihre Bestätigung durch weitere Beobachtungen. Folgerichtig entschied die Nasa, die Mission, die ursprünglich in diesem November enden sollte, um vier Jahre bis 2016 zu verlängern.

Abb.: Der Exoplanet Kepler-35b hat etwa die Größe des Saturn und umläuft ein enges Paar sonnenähnlicher Sterne, die sich in nur 21 Tagen umkreisen. (Bild: Lior Taylor)

Einen Rekord stellt bislang der Stern HD 10180 auf: Mit insgesamt neun Planeten scheint er mehr große Begleiter zu besitzen als unser Zentralgestirn. Das zeigte eine im April publizierte neue Analyse der vorhandenen Beobachtungsdaten über die Bewegung des Sterns durch einen finnischen Astronomen. Bislang waren bei HD 10180 sieben Planeten bekannt. Die beiden neuen Begleiter haben die doppelte bzw. fünffache Masse der Erde, so der Forscher. Trotz der vergleichbaren Anzahl von Planeten ähnelt das System von HD 10180 allerdings in keiner Weise unserem Sonnensystem. Allein sechs der Planeten umrunden den Stern auf Bahnen, die enger sind als der Orbit des sonnennächsten Planeten Merkur. Und der Begleiter, dessen Bahn mit einer Umlaufzeit von 596 Tagen und der anderthalbfachen Entfernung Erde-Sonne am ehesten dem Orbit unseres Heimatplaneten ähnelt, besitzt die zehn- bis dreißigfache Masse der Erde.

Inzwischen geht es den Astronomen aber nicht mehr nur um die Entdeckung neuer Planeten, sondern immer mehr auch um die Erforschung ihrer Atmosphären. Im Februar veröffentlichte ein Team amerikanischer Wissenschaftler erstmals eine zweidimensionale Karte der Temperaturverteilung auf einem Exoplaneten. Dazu analysierten die Astronomen den genauen Verlauf der Helligkeit während der Eintritts- und Austrittsphasen der primären und sekundären Bedeckung des Systems. Die so erstellte Karte zeigt, dass der heißeste Punkt auf der Oberfläche des auf einer engen Umlaufbahn gebunden rotierenden Planeten nicht exakt dem Stern zugewandt ist, sondern auf dem Äquator um knapp 22 Grad nach Osten verschoben ist. Das Team deutet diese Verschiebung als Indiz für starke Winde in der Atmosphäre des großen Gasplaneten.

Insgesamt finden die Planetenjäger immer mehr Planeten, die eine ähnlich Masse wie unsere Erde besitzen – und auch immer mehr, die in der lebensfreundlichen Zone um ihren Stern kreisen. Die Entdeckung wahrhaft erdähnlicher Planeten scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Rainer Kayser

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