20.12.2023

Neuronale Funktionaltheorie

Durchbruch für die Untersuchung von Flüssigkeiten mithilfe künstlicher Intelligenz.

Forscher der Uni Bayreuth entwickeln eine neue Methode für die Untersuchung von flüssiger und weicher Materie mittels künstlicher Intelligenz: Mit der „neuronalen Funktionaltheorie“ eröffnen sie ein neues Kapitel der Dichtefunktionaltheorie. Die Theorie stellt neue Methoden zur Verfügung, die großen Einfluss haben können auf weit verbreitete Simulationstechniken, so dass komplexe Substanzen am Computer künftig schneller, genauer und weitreichender untersucht werden können. Das könnte perspektivisch Einfluss auf Produkt- und Prozessgestaltung haben. Dass sich die Struktur von Flüssigkeiten durch die neu formulierten neuronalen mathematischen Beziehungen so vorzüglich repräsentieren lässt, ist ein großer Durchbruch, der eine Bandbreite von Möglichkeiten zur Gewinnung von tiefen physikalischen Einsichten eröffnet.

Abb.: Workflow der neurofunktionalen Theorie.
Abb.: Workflow der neurofunktionalen Theorie, beginnend von der Datengewinnung durch Teilchen-basierte Computersimulationen.
Quelle: U. Bayreuth

„In der Studie zeigen wir modellhaft, wie künstliche Intelligenz verwendet werden kann, um fundamentale theoretische Physik zu betreiben. Betrachtet und behandelt wird dabei das Verhalten von Flüssigkeiten und weiteren komplexen Systemen der weichen Materie“, sagt Matthias Schmidt von der Uni Bayreuth. „Wir haben ein fortgeschrittenes wissenschaftliches Verfahren zur Untersuchung von Materie auf atomarer und makromolekularer Ebene entwickelt, wobei maschinelles Lernen und mathematische Methoden kombiniert werden, um komplexe physikalische Eigenschaften zu berechnen.“

Die Forscher präsentieren ein Hybridschema, basierend auf klassischer Dichtefunktionaltheorie und maschinellem Lernen, zur Bestimmung der Gleichgewichtsstruktur und der Thermodynamik von verschiedenartig zusammengesetzten Fluiden. „Wir demonstrieren die Verwendung von neuronalen Netzwerken in der selbstkonsistenten Berechnung von Dichteprofilen“, so Schmidt. „Die Qualität der Ergebnisse übertrifft den State-of-the-art der Fundamental-Measure-Dichtefunktionaltheorie. Die Resultate etablieren das maschinelle Lernen von Funktionalen als ein effizientes Werkzeug zur multiskaligen Beschreibung von weicher Materie.“

So werden fundamentale Einsichten in die Struktur von Materie gewonnen. Hierbei kann der Typ von Materie alltäglich sein kann, aber auch die Grundlage von technologischen Prozessen und kommerziellen Produkten bilden. „Diese schlagkräftige Kombination von im Grunde einfachen Basistechniken hat ein neues Kapitel der Dichtefunktionaltheorie aufgeschlagen“, betont Schmidt, „denn die durch Simulationsdaten trainierten Netzwerke sind genauer als die gegenwärtig ‚von Hand‘, also mit Papier und Bleistift entworfenen theoretischen Näherungen.“

„Neben der Bedeutung für das engere Fachgebiet von statistischer Mechanik von weicher Materie wirft unsere Methode meines Erachtens auch grundlegende Fragen zum menschlichen Selbstverständnis unserer intellektuellen Tätigkeit auf“, so der Forscher weiter. „Für mich selbst gibt unsere Studie viel Hoffnung auf eine positive Entwicklung und dass die Künstliche Intelligenz uns eben gerade nicht ersetzt, sondern eher auf für mich sehr überraschende Weise erweitert.“

U. Bayreuth / RK


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