Neuronen im Scheinwerferlicht
„Light sculping” hilft bei der Darstellung der Aktivität von Nervenzellen im Mäusehirn.
Eine einzelne Nervenzelle kann weder Gedanken hervorbringen noch Verhalten steuern – Gehirnleistungen sind immer Teamwork. Aktive Nervenzellen bilden ausgedehnte Netzwerke und kommunizieren ständig miteinander. Wissenschaftler um Alipasha Vaziri am Wiener Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) und an der Rockefeller University in New York entwickelten eine Technik, mit der sie diese Aktivität in dreidimensionalen Aufnahmen abbilden können. Sie haben Experimente durchgeführt, bei denen sie die Signale tausender Neuronen im Gehirn aktiver Mäuse aufzeichnen und deren Kommunikation untereinander sichtbar machen konnten.
Abb.: Leuchtende Neuronen signalisieren Aktivität. (Bild: A. Vaziri)
„Unser Ziel ist es zu verstehen, wie weitläufig vernetzte Neuronen in Echtzeit miteinander ‚reden’ und wie diese Dynamik das Verhalten steuert“, sagt Alipasha Vaziri, der in Wien eine Arbeitsgruppe am IMP leitet und Associate Professor sowie Leiter des Laboratory of Neurotechnology & Biophysics an der Rockefeller University ist. „Mit neu erarbeiteten bildgebenden Verfahren, die auf der von uns entwickelten Technik des ‚light sculpting’ basieren, können wir die Aktivität eines Großteiles der Neuronen abbilden, die in der Gehirnrinde eine funktionale Einheit bilden. Damit sind wir unserem Ziel einen großen Schritt nähergekommen.“
Die technischen Herausforderungen an eine solche Methode sind enorm. Schließlich müssen die Forscher sehr kurzlebige Signale innerhalb einer Vielzahl von Zellen einfangen, während sie gleichzeitig große Teile des Gehirngewebes beobachten.
Das Team um Vaziri begann vor etwa sechs Jahren am IMP damit, die erforderlichen Technologien zu entwickeln. Zunächst gelang es den Forschern, mit speziellen lichtmikroskopischen Methoden die Aktivität aller 302 Nervenzellen eines Fadenwurm-
Um die Aktivität der Maus-
Das Mikroskop-System, das die Forscher zum Aufspüren dieser Signale entwickelten, musste schwierige Aufgaben bewältigen. Robert Prevedel erläutert die Anforderungen: „Wir mussten in jeder Sekunde Millionen von Bildpunkten abtasten – einen nach dem anderen. Um die Fluoreszenz der Zellen innerhalb von 250 Nanosekunden anzuregen, mussten wir ein eigenes Laser-
Die Technik, mit der die Forscher diese Anforderungen meisterten, nennt sich „light sculpting“. Dabei werden Femtosekunden-
Mittels light sculpting beobachtete das Team um Alipasha Vaziri die Gehirnaktivität von Mäusen, die sich frei auf einer rotierenden Scheibe bewegen konnten. Die Forscher konzentrierten sich auf jenen Bereich der Gehirnrinde, der für die Planung von Bewegung zuständig ist. Der untersuchte Gehirnausschnitt entsprach einer Gewebesäule von einem achtel Kubikmillimeter Größe und damit dem Großteil einer kortikalen Säule. In Zukunft planen die Forscher, die Dynamik und Aktivität sämtlicher Zellen innerhalb einer solchen kortikalen Säule zu erfassen und zu analysieren, um zu verstehen, wie das Gehirn arbeitet.
„Der Erkenntnisgewinn in den Neurowissenschaften ist – wie in anderen Bereichen der Biologie – durch die verfügbaren Technologien begrenzt“, sagt Alipasha Vaziri. „Indem wir zunehmend schnellere, hochauflösende bildgebende Verfahren entwickeln, hoffen wir, dass wir den Horizont für die Gehirnforschung beträchtlich erweitern können.“
IMP / DE