Nichts, Alles und die Zeit
30 Jahre Vakuum in Forschung und Praxis – die Jubiläumsausgabe.
Seit aus dem bloßen Gedanken über das Nichts vor fast vierhundert Jahren eine messbare Größe und ein technisch immer besser zu realisierender Zustand wurde, hat sich viel getan. Das weltgrößte Vorzeigevakuum am CERN hält stabil niedrigere Druckverhältnisse, als sie auf der Mondoberfläche herrschen, und kleine Vakua-To-Go gestatten mittlerweile viele mobile Anwendungen dieser apparatelastigen Technologie. Ob die Theorie von Allem oder die Optische Einzelionen-Uhr für Anwender entwickelt werden soll, ohne Vakuum geht es nicht. Aber auch aus unserem Alltag sind die Ergebnisse der vakuumgestützten Technologien nicht mehr wegzudenken, und in den letzten 30 Jahren durften wir so manche Umsetzung in Anwendung und Markt in der Vakuum in Forschung und Praxis (ViP) hautnah miterleben. Wie sich ausgewählte Zweige der Vakuum-, Plasma- und Dünnschichttechnologie in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben und als Querschnittstechnologien nahezu alle Bereiche unserer heutigen Zeit prägen, stellen die Autoren der nun erschienen Jubiläumsausgabe der ViP für ihre Fachgebiete vor.
Abb.: Die Dünnschichttechnologie vereint alle in der ViP vertretenen Technologiefelder - Vakuum, Plasma, Dünne Schichten und Oberflächen – und kommt als Querschnittstechnologie in nahezu allen Branchen zum Einsatz – beispielsweise in Form von plasmadeponierten Antihaftschichten auf Tablettenstempeln. (Quelle: Fraunhofer IST, Rainer Meier, BFF Weimar)
Professor Günter Bräuer nimmt uns mit auf eine rasante Reise durch vier Jahrzehnte Dünnschichttechnologie, auf der klar wird, dass wir uns in vielen Aspekten unseres Lebens auf hauchdünne Schichten verlassen. Hier wird eindrucksvoll ersichtlich, welche Flexibilität und Innovationskraft in der Kombination von Vakuum- und Plasmatechnik stecken.
Abb.: Untersuchung von Kathodenstrahlen mittels crookesscher Schattenkreuzröhre. (Bild: J. Cipo)
Den langen und spannenden Weg von ersten Naturbeobachtungen zu prozessreifen Plasmaquellen beschreiben Julia Cipo und Professor Holger Kersten in ihrem Beitrag. Hier fallen die Namen einiger ganz großer Wissenschaftler und Wegbereiter heutiger Hochtechnologien.
Ein Paradebeispiel für „aus der Forschung in die Praxis“ stellt Patrick Walther mit dem Quadrupol-Massenspektrometer vor. Dessen Weiterentwicklung lieferte ein kompaktes, bedienerfreundliches Plug-and-Play-Gerät, das vergessen lässt, dass hier Nobelpreiswissen zur Anwendung gekommen ist.
Abb.: Partikelarme Montage mittels mobiler Reinräume am European XFEL. (Bild: DESY)
Unter dem neuen DVG-Slogan „Nichts geht ohne Vakuum“ präsentieren wir ab dieser Ausgabe in loser Reihe ausgewählte Themen zur Vielfältigkeit der Vakuumtechnik. Den Auftakt macht direkt ein Vakuum mittlerer Superlative: die Strahlrohre des European XFEL erstrecken sich über mehr als drei Kilometer. Welche Tricks und Kniffe angewendet werden, um die Bahn für die Elektronen frei zu räumen, beschreiben Martin Dommach, Dr. Sven Lederer und Dr. Lutz Lilje in ihrem Beitrag für uns.
Einen abgewogenen Blick auf die große Branche der chemischen Industrie und drei dort zum Einsatz kommenden Pumpentypen wirft Ulli Merkle, indem er ihre Entwicklung historisch verankert und die Vor- und Nachteile der technologischen Ansätze für verschiedene Anwendungen vergleicht.
Abb.: Einen Welt der Möglichkeiten eröffnet sich jedem, der im Bereich der vakuumgestützten Technologien und Wissenschaften arbeitet. (Bild: Leybold)
In diesem Jahr weist auch unser Magazinteil Neuerungen auf. Zum einen stellen wir Unternehmen und Institute in Form von Interviews über ihre wichtigsten Meilensteine und Zukunftsperspektiven einmal etwas genauer vor, zum anderen schauen wir auf die Arbeitsmöglichkeiten in den zugehörigen Branchen. Die familiengeführte Kurt J. Lesker Company und das Berufsprofil des Physikers in der Vakuumbranche machen hier den Anfang.
Unsere neue Rubrik GiG – Gelernt ist gelernt führt zunächst in knapper Form zurück zu den Grundlagen der Vakuumphysik, um dann sukzessive wichtige Details der Vakuumtechnik von allen Seiten ganz genau zu beleuchten.
Dass wir an diesem Punkt froh zurück und gespannt nach vorne blicken können, verdanken wir nicht nur unserem engagierten Kuratorium, unseren qualifizierten Autoren und zuverlässigen Anzeigenkunden, die Inhalt und Aufmachung jeder der mittlerweile rund 150 Ausgaben ermöglicht haben, sondern vor allem unseren Leserinnen und Lesern, denen wir auch an dieser Stelle noch einmal unseren großen Dank für ihr beständiges Interesse an der ViP und ihren Themen aussprechen.
Lisa Kleinen
Redaktion Vakuum in Forschung und Praxis