Niederenergetischer Elektronenstrahl als Werkzeug für Antifouling-Beschichtungen
Antihaftbeschichtungen auf Kunststofffolien ohne Einsatz chemischer Vernetzer gelungen.
Antifouling-Beschichtungen verhindern die Ansiedlung unerwünschter Organismen an Oberflächen. Das ist besonders beim Schiffsbau nötig, aber auch bei medizinischen Geräten und Implantaten wichtig. Die niederenergetische Elektronenstrahltechnologie, kurz Ebeam genannt, ist ein multifunktionales Werkzeug mit einem breiten Anwendungsspektrum, das gezielt zur Modifizierung von Oberflächen eingesetzt werden kann. Durch den Einsatz der niederenergetischen Elektronenstrahltechnologie können Oberflächen entweder schonend desinfiziert und sterilisiert, Materialien durch Vernetzungsprozesse oberflächensensitiv gehärtet oder Oberflächeneigenschaften, wie Benetzbarkeit, effektiv moduliert werden.
Innovative oberflächensensitive Funktionalisierungstechnologien garantieren den Erhalt der Materialeigenschaften, während gleichzeitig die Oberflächeneigenschaften angepasst werden können. Die Verwendung von geringen Beschleunigungsspannungen bei niederenergetischen, nichtthermischen Elektronenstrahlprozessen garantiert die sehr gute Materialverträglichkeit und einen nachhaltigen Materialerhalt. Jetzt gelang am Fraunhofer-Institut für organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik die Erzeugung von Antihaftbeschichtungen auf Kunststofffolien durch die Beaufschlagung mit niederenergetisch beschleunigten Elektronen ohne Einsatz zusätzlicher chemischer Vernetzer.
Die Oberflächenfunktionalisierung mit beschleunigten Elektronen ist schnell und kommt ganz ohne umweltschädliche Chemie aus. Durch die niederenergetisch beschleunigten Elektronen können oberflächennah chemische Bindungen umstrukturiert, vernetzt, gebrochen oder neu gebildet werden. Treffen beschleunigte Elektronen auf eine Oberfläche, entstehen verschiedene reaktive Spezies wie Ionen und Radikale, die bei oberflächenspezifischen Modifikationsprozessen eine wichtige Rolle spielen. Die atmosphärischen Umgebungsbedingungen während des Elektronenstrahlprozesses können individuell an das Material angepasst werden und beeinflussen so den gewünschten Grad der Funktionalisierung. Konkret konnten die Forscher eine stabile, nichttoxische Hydrogelbeschichtung auf hydrophoben Polyethylen- und Polyethylenterephthalat-Folien erreichen.
Das Ebeam-gestützte Beschichtungsverfahren Ebeam-Grafting bietet die Chance, Materialien mit selektiven Oberflächenfunktionen auszustatten, so dass je nach Anforderungsprofil biozide, biokompatible oder Antifouling-Eigenschaften erzielt werden können. Alle Prozessparameter des nichtthermischen Ebeam-induzierten Beschichtungsvorganges können individuell überwacht und modular angepasst werden. Im Rahmen von verschiedenen Forschungsarbeiten am Fraunhofer-FEP konnte das Ebeam-Grafting bereits als zweistufiges Beschichtungsverfahren erfolgreich zur Ausrüstung von verschiedenen hydrophoben Kunststoffoberflächen mit Antifouling-Attributen etabliert werden.
Die nach dem Ebeam-Grafting zellabweisenden und proteinabweisenden Oberflächeneigenschaften können sowohl in technischen Branchen sowie speziell im Bereich der Biomaterialforschung als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer medizinischer Geräte oder Implantate genutzt werden, wo eine unkontrollierte Biofilmbildung verhindert werden soll. Diese Ebeam-Funktionalisierungsprozesse können beispielsweise in der Dentalmedizin helfen, Zahnimplantate zu optimieren.
Die niederenergetische Elektronenstrahltechnologie und damit auch das Ebeam-Grafting ist inlinefähig, also einfach in industrielle Prozesse kundenspezifisch integrierbar. Um beispielsweise eine Modifizierung großer flexibler Flächen, wie bei Verpackungen, zu realisieren, kann die Technologie auch in Rolle-zu-Rolle-Anlagen implementiert werden.
Fh.-FEP / RK
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