13.10.2022

Niederenergetischer Elektronenstrahl als Werkzeug für Antifouling-Beschichtungen

Antihaftbeschichtungen auf Kunststofffolien ohne Einsatz chemischer Vernetzer gelungen.

Antifouling-Beschichtungen verhindern die Ansiedlung unerwünschter Organismen an Oberflächen. Das ist besonders beim Schiffsbau nötig, aber auch bei medizinischen Geräten und Implantaten wichtig. Die nieder­energetische Elektronen­strahl­technologie, kurz Ebeam genannt, ist ein multi­funktio­nales Werkzeug mit einem breiten Anwendungs­spektrum, das gezielt zur Modifizierung von Oberflächen eingesetzt werden kann. Durch den Einsatz der nieder­energe­tischen Elektronen­strahl­technologie können Oberflächen entweder schonend desinfiziert und sterilisiert, Materialien durch Vernetzungs­prozesse ober­flächen­sensitiv gehärtet oder Ober­flächen­eigen­schaften, wie Benetz­barkeit, effektiv moduliert werden.

Abb.: Kunst­stoff­folie mit stabiler Anti­haft­be­schich­tung,...
Abb.: Kunst­stoff­folie mit stabiler Anti­haft­be­schich­tung, her­ge­stellt nach dem zwei­stufigen nieder­ener­ge­tischen elek­tronen­strahl­indu­zierten Be­schich­tungs­ver­fahren. (Bild: Fh.-FEP)

Innovative oberflächen­sensitive Funktio­nali­sierungs­techno­logien garantieren den Erhalt der Material­eigen­schaften, während gleichzeitig die Ober­flächen­eigen­schaften angepasst werden können. Die Verwendung von geringen Beschleunigungs­spannungen bei nieder­energe­tischen, nicht­thermischen Elektronen­strahl­prozessen garantiert die sehr gute Material­verträg­lichkeit und einen nach­haltigen Material­erhalt. Jetzt gelang am Fraunhofer-Institut für organische Elektronik, Elektronen­strahl- und Plasma­technik die Erzeugung von Anti­haft­beschich­tungen auf Kunststoff­folien durch die Beaufschlagung mit nieder­energetisch beschleunigten Elektronen ohne Einsatz zusätzlicher chemischer Vernetzer.

Die Oberflächen­funktio­nali­sierung mit beschleunigten Elektronen ist schnell und kommt ganz ohne umwelt­schädliche Chemie aus. Durch die nieder­energetisch beschleunigten Elektronen können ober­flächen­nah chemische Bindungen umstruk­turiert, vernetzt, gebrochen oder neu gebildet werden. Treffen beschleunigte Elektronen auf eine Oberfläche, entstehen verschiedene reaktive Spezies wie Ionen und Radikale, die bei oberflächen­spezifischen Modifi­ka­tions­prozessen eine wichtige Rolle spielen. Die atmo­sphä­rischen Umgebungs­bedingungen während des Elektronen­strahl­prozesses können individuell an das Material angepasst werden und beeinflussen so den gewünschten Grad der Funktiona­li­sierung. Konkret konnten die Forscher eine stabile, nicht­toxische Hydrogel­beschichtung auf hydrophoben Polyethylen- und Poly­ethylen­tereph­thalat-Folien erreichen.

Das Ebeam-gestützte Beschichtungs­verfahren Ebeam-Grafting bietet die Chance, Materialien mit selektiven Oberflächen­funktionen auszu­statten, so dass je nach Anforderungs­profil biozide, biokompa­tible oder Anti­fouling-Eigen­schaften erzielt werden können. Alle Prozess­parameter des nicht­thermischen Ebeam-induzierten Beschichtungs­vorganges können individuell überwacht und modular angepasst werden. Im Rahmen von verschiedenen Forschungs­arbeiten am Fraunhofer-FEP konnte das Ebeam-Grafting bereits als zwei­stufiges Beschichtungs­verfahren erfolgreich zur Ausrüstung von verschiedenen hydrophoben Kunststoff­ober­flächen mit Antifouling-Attributen etabliert werden.

Die nach dem Ebeam-Grafting zell­abweisenden und protein­abweisenden Oberflächen­eigen­schaften können sowohl in technischen Branchen sowie speziell im Bereich der Biomaterial­forschung als Ausgangs­punkt für die Entwicklung neuer medizinischer Geräte oder Implantate genutzt werden, wo eine unkontrol­lierte Biofilm­bildung verhindert werden soll. Diese Ebeam-Funktiona­li­sierungs­prozesse können beispiels­weise in der Dental­medizin helfen, Zahn­implantate zu optimieren.

Die nieder­energetische Elektronen­strahl­techno­logie und damit auch das Ebeam-Grafting ist inline­fähig, also einfach in industrielle Prozesse kunden­spezifisch integrierbar. Um beispiels­weise eine Modifi­zierung großer flexibler Flächen, wie bei Verpackungen, zu realisieren, kann die Technologie auch in Rolle-zu-Rolle-Anlagen implementiert werden.

Fh.-FEP / RK

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