08.07.2015

Nobelpreisträger sorgen sich um Klimawandel

Die diesjährige Lindauer Nobelpreisträgertagung endet mit einem klimapolitischen Statement.

Wenn es um die wichtigen Belange der Menschheit geht, werfen Nobelpreisträger gerne ihre Autorität in die Waagschale. So warnten 18 Nobelpreisträger in der von Otto Hahn initiierten „Mainauer Erklärung“ vom 15. Juli 1955 vor den Gefahren der militärischen Nutzung der Kernenergie. Bei der 6. Tagung der Nobelpreisträger in Lindau 1956 war die Unterzeichnerzahl auf 51 gewachsen.

Die nächste Mainauer Erklärung ließ sechs Jahrzehnte auf sich warten. Sie ist dem Klimawandel gewidmet und wurde zum Abschluss der diesjährigen 65. Nobelpreisträgertagung präsentiert. Initiator war der Kosmologe Brian Schmidt, der 2011 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet worden war. Unter den 36 Unterzeichnern sind auch die deutschen Nobelpreisträger Stefan W. Hell, Klaus von Klitzing und Gerhard Ertl. In der „Mainauer Deklaration 2015 zum Klimawandel“ warnen sie: „Wenn wir dem rasch ansteigenden Rohstoffverbrauch nicht entgegensteuern, so wird die Erde schließlich nicht mehr in der Lage sein, den Bedürfnissen der Menschheit gerecht zu werden und unsere ständig zunehmende Nachfrage nach Nahrung, Wasser und Energie zu decken.“

Chemie-Nobelpreisträger Stefan Hell unterzeichnet die Mainauer Deklaration zum Klimawandel. (Foto: © Lindauer Nobelpreisträgertagung, 2015)

Die Unterzeichner der Erklärung berufen sich auf den aktuellen 5. Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC. „Im Bericht kommt man zu dem Schluss, dass die von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen die wahrscheinliche Ursache der derzeitigen globalen Erderwärmung sind“, heißt es in der Deklaration, die insgesamt sehr vorsichtig formuliert ist. So ist es nach dem 5. IPCC-Bericht sogar „extrem wahrscheinlich“ (95 %), dass menschliche Einflussfaktoren die Hauptursache der beobachteten Erderwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind.

Die Preisträger der Disziplinen Physiologie oder Medizin, Physik und Chemie fordern die Nationen der Welt auf, „die Chance der UN-Klimakonferenz in Paris im Dezember 2015 zu nutzen“. Dort soll eine neue internationale Klimaschutz-Vereinbarung in Nachfolge des Kyoto-Protokolls verabschiedet werden. Es gelte, entschlossen zu handeln, um die künftigen Emissionen von Treibhausgasen weltweit zu begrenzen.

Die Deklaration räumt zwar ein, dass das genaue Ausmaß des Klimawandels noch ungewiss sei, die Indizien für einen Klimawandel durch Treibhausgase seien dennoch erdrückend. „Bei den einzelnen Wirkmechanismen gibt es vielleicht noch Unklarheiten im Detail“, meint Steven Chu: „Das ist mit den 1950er-Jahren vergleichbar, als kein Mensch vorhersagen konnte, welche Konsequenzen das Rauchen hat – aber die Lungenkrebsrate stieg so rapide, dass die Politik handeln musste.“ Heute könne man das statistische Krebsrisiko aufgrund des jeweiligen Zigarettenkonsums recht genau vorhersagen. „Aber wollen wir wirklich fünfzig Jahre warten, um dann genau zu wissen, was der Klimawandel mit uns macht?“, warnte Chu.

Ein Teil der Unterzeichner der Mainauer Deklaration versammelte sich zum Abschluss der Nobelpreisträger-Tagung zu einem Gruppenbild. (Foto: © Lindauer Nobelpreisträgertagung, 2015)


Insgesamt haben allerdings nur 36 der 65 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der diesjährigen Nobelpreisträger-Tagung die Deklaration unterzeichnet, die zudem im veröffentlichten Dokument nicht explizit genannt werden (Liste der unterzeichnenden Physiker siehe unten). Einige Nobelpreisträger äußerten Skrupel, weil sie keine Experten auf dem Gebiet der Klimaforschung seien.

Es bleibt abzuwarten, welche Wirkung die Mainauer Deklaration auf den kommenden UN-Weltklimakonferenz entfalten kann. Der wird vom 30. November bis 11. Dezember 2015 in Paris stattfinden.

Alexander Pawlak

Physiker, welche die „Mainauer Deklaration 2015 zum Klimawandel“ unterzeichnet haben;
Claude Cohen-Tannoudji, Steven Chu, James Cronin, Gerhard Ertl, Roy Glauber, David Gross, John Hall, Stefan Hell, Serge Haroche, Klaus von Klitzing, William Moerner, Saul Perlmutter, William Phillips, Brian Schmidt, George Smoot, Robert Wilson

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