Ohne Schlaufen zum Gel
Gerichteten Teilchenketten führen zur Stabilität.
Warum werden Gele fest, warum können sich gelbildende Teilchen nicht mehr frei wie in einer Flüssigkeit bewegen? Diese Fragen beschäftigen die Wissenschaft bereits seit Jahrzehnten. Eine Forschergruppe der Unis Erlangen-Nürnberg und Düsseldorf konnte nun nachweisen, dass in Gelen gerichtete Teilchenketten eine netzartigen Struktur bilden, die zur Stabilität führt.
Die Wissenschaftler untersuchten als Modellsystem ein Gel, das aus einer Mischung von Kolloiden und Polymeren entsteht. Bevor die flüssige Mischung zum Gel wird, können sich alle Teilchen frei bewegen. Die Kolloide stoßen sich dabei in der Regel ab. Kommen sie sich jedoch so nahe, dass selbst die kleineren Polymere nicht mehr dazwischen passen, werden sie von diesen noch dichter zusammengeschoben. Dadurch bilden sich Kolloidketten. Formt sich aus diesen Ketten ein komplexes Netz im gesamten System, entsteht ein Gel – so lautete zumindest die bisherige Annahme.
Doch die Wissenschaftler aus Erlangen und Düsseldorf haben jetzt herausgefunden, dass die Teilchenketten eine bestimmte Form haben müssen, um ein Gel zu bilden: Sie müssen gerichtet sein, sich also ohne Schlaufen durch das System ziehen. Durch diese gerichteten Teilchenketten, die dem System im Gegensatz zu Schlaufen Stabilität verleihen, entsteht die feste Eigenschaft des Gels.
Die Ergebnisse sind von großer Bedeutung für das Verständnis der Materialeigenschaften von Gelen, die zum Beispiel Zahnpasta, Gelatine und vielen anderen Kosmetik- und Lebensmittelprodukten beigemischt werden, um sie zu stabilisieren. „Wir konnten zudem nachweisen, dass Gele dazu neigen, sich zusammenzuziehen, sobald es systemdurchspannende Teilchenketten gibt“, sagt Michael Schmiedeberg von der Uni Erlangen-Nürnberg. „Das Wissen darum könnte dazu beitragen, die Herstellungsprozesse von Lebensmitteln noch zu verbessern.“
FAU / RK