23.06.2022

Optisch induzierte Magnetisierung

Interferenz zweier Pulse im extremen UV ermöglicht ultraschnelle magnetische Schaltvorgänge.

Die ultraschnelle, optische Kontrolle der Magnetisierung auf der Nanometer-Längenskala ist unabdingbar für konkurrenz­fähige Bitgrößen in zukünftigen Daten­speicher­technologien. Forscher des Max-Born-Instituts in Berlin und der Groß­forschungs­einrichtung Elettra in Triest, Italien, konnten erstmals die ultra­schnelle Entstehung rein optischer Schalt­vorgänge durch Erzeugung nanometer­skaliger Gitter mittels Interferenz zweier Pulse im extrem ultra­violetten Spektral­bereich demonstrieren.

 

Abb.: Die Interferenz von zwei Pulsen im extrem ultra­violetten...
Abb.: Die Interferenz von zwei Pulsen im extrem ultra­violetten Spektral­bereich führt zu einem nano­skaligen Anregungs­muster in einer ferri­magnetischen Legierung. (Bild: MBI)

Die Physik der optisch induzierten Magnetisierungs­dynamik auf der Femtosekunden-Zeitskala ist vor allem aus zwei Gründen von großem Interesse: Erstens, um die grundlegenden mikroskopischen Mechanismen der ultraschnellen Spin-Dynamik im thermischen Nicht­gleichgewicht zu verstehen, und zweitens, um potenzielle Anwendungen für die nächste Generation der Informations­technologie zu erforschen, die den Bedarf an schnelleren und energie­effizienteren Datenspeichern decken soll. Einer der interessantesten und vielversprechendsten Mechanismen für dieses Vorhaben ist das „all-optical switching“ (AOS), beziehungsweise die „optisch-induzierte Magnetisierungs­umschaltung“.

Hier wird der Magnetisierungs­zustand mit einem einzigen Femtosekunden-Laserpuls zwischen zwei Richtungen umgeschaltet, entsprechend der beiden Zustände 0 und 1 im binären Computerzahlensystem. Um eine rein optische Kontrolle des magnetischen Schaltens in technologischen Anwendungen zu realisieren, müssen jedoch insbesondere ultra­schnelle, laterale Transportprozesse im Nanometerbereich erforscht werden, die letztlich mit AOS konkurrieren. Da die Wellenlänge von Lichtimpulsen im sichtbaren Bereich einige hundert Nanometer beträgt, ist der Zugang zur Nanometer­skala stark einschränkt. Eine elegante Möglichkeit, diese Einschränkungen zu überwinden, ist die Reduzierung der Wellenlängen auf nur wenige Nanometer im extrem ultravioletten Spektralbereich (XUV). Dann können in Experimenten mit transienten Gittern durch Interferenz von zwei XUV-Strahlen Anregungsmuster im Nanometerbereich erreicht werden. Diese neuartige Methode wurde an der EIS-Timer-Beamline des Freie-Elektronen-Lasers FERMI in Triest, Italien, entwickelt.

Nun haben Wissenschaftler des Max-Born-Instituts sowie des FERMI ein solches transientes magnetisches Gitter (TMG) mit einer Periodizität von ΛTMG = 87 Nanometer in einer ferri­magnetischen GdFe-Legierungs­probe angeregt. Die räumliche Entwicklung des Magnetisierungs­gitters wurde durch Beugung eines zeitverzögerten, dritten XUV-Pulses untersucht, der eine Wellenlänge von 8,3 Nanometern (150 eV) hatte und damit resonant zur Gd-N Kante war. Da AOS eine stark nicht­lineare Abhängigkeit als Funktion der Anregung zeigt, erwartet man eine charakteristische Symmetrie­änderung des sich entwickelnden magnetischen Gitters, die sich von dem ursprünglichen sinusförmigen Anregungs­muster unterscheidet. Diese Information ist direkt im Beugungs­muster kodiert. Für niedrige Anregungsenergien, bei der kein AOS auftritt, bleibt die Änderung der Magnetisierung linear und die zweite Beugungs­ordnung ist unterdrückt. Tritt jedoch AOS auf, ändert sich die Form des Gitters und ermöglicht nun eine ausgeprägte Beugungs­intensität zweiter Ordnung. Mit anderen Worten, die Forscher konnten das Intensitäts­verhältnis zwischen der zweiten und der ersten Ordnung (R21) als eine sehr empfindliche Messgröße für AOS in Beugungs­experimenten identifizieren.

Schließlich konnten die Forscher ihre Beobachtungen durch ergänzende, rein optische Messungen im realen Raum mittels zeit­aufgelöster Faraday-Mikroskopie bestätigen. In zukünftigen transienten Gitterexperimenten mit deutlich kleineren Periodizitäten bis hinunter zu unter zwanzig Nanometern erwarten die Forscher den Einfluss von ultra­schnellen lateralen Transport­prozesse zu sehen, die die Anregungs­gradienten innerhalb weniger Pikosekunden ausgleichen können und damit die fundamentalen räumlichen Begrenzung von AOS festlegen.

MBI / DE

 

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