Optisch induzierte Magnetisierung
Interferenz zweier Pulse im extremen UV ermöglicht ultraschnelle magnetische Schaltvorgänge.
Die ultraschnelle, optische Kontrolle der Magnetisierung auf der Nanometer-Längenskala ist unabdingbar für konkurrenzfähige Bitgrößen in zukünftigen Datenspeichertechnologien. Forscher des Max-Born-Instituts in Berlin und der Großforschungseinrichtung Elettra in Triest, Italien, konnten erstmals die ultraschnelle Entstehung rein optischer Schaltvorgänge durch Erzeugung nanometerskaliger Gitter mittels Interferenz zweier Pulse im extrem ultravioletten Spektralbereich demonstrieren.
Die Physik der optisch induzierten Magnetisierungsdynamik auf der Femtosekunden-Zeitskala ist vor allem aus zwei Gründen von großem Interesse: Erstens, um die grundlegenden mikroskopischen Mechanismen der ultraschnellen Spin-Dynamik im thermischen Nichtgleichgewicht zu verstehen, und zweitens, um potenzielle Anwendungen für die nächste Generation der Informationstechnologie zu erforschen, die den Bedarf an schnelleren und energieeffizienteren Datenspeichern decken soll. Einer der interessantesten und vielversprechendsten Mechanismen für dieses Vorhaben ist das „all-optical switching“ (AOS), beziehungsweise die „optisch-induzierte Magnetisierungsumschaltung“.
Hier wird der Magnetisierungszustand mit einem einzigen Femtosekunden-Laserpuls zwischen zwei Richtungen umgeschaltet, entsprechend der beiden Zustände 0 und 1 im binären Computerzahlensystem. Um eine rein optische Kontrolle des magnetischen Schaltens in technologischen Anwendungen zu realisieren, müssen jedoch insbesondere ultraschnelle, laterale Transportprozesse im Nanometerbereich erforscht werden, die letztlich mit AOS konkurrieren. Da die Wellenlänge von Lichtimpulsen im sichtbaren Bereich einige hundert Nanometer beträgt, ist der Zugang zur Nanometerskala stark einschränkt. Eine elegante Möglichkeit, diese Einschränkungen zu überwinden, ist die Reduzierung der Wellenlängen auf nur wenige Nanometer im extrem ultravioletten Spektralbereich (XUV). Dann können in Experimenten mit transienten Gittern durch Interferenz von zwei XUV-Strahlen Anregungsmuster im Nanometerbereich erreicht werden. Diese neuartige Methode wurde an der EIS-Timer-Beamline des Freie-Elektronen-Lasers FERMI in Triest, Italien, entwickelt.
Nun haben Wissenschaftler des Max-Born-Instituts sowie des FERMI ein solches transientes magnetisches Gitter (TMG) mit einer Periodizität von ΛTMG = 87 Nanometer in einer ferrimagnetischen GdFe-Legierungsprobe angeregt. Die räumliche Entwicklung des Magnetisierungsgitters wurde durch Beugung eines zeitverzögerten, dritten XUV-Pulses untersucht, der eine Wellenlänge von 8,3 Nanometern (150 eV) hatte und damit resonant zur Gd-N Kante war. Da AOS eine stark nichtlineare Abhängigkeit als Funktion der Anregung zeigt, erwartet man eine charakteristische Symmetrieänderung des sich entwickelnden magnetischen Gitters, die sich von dem ursprünglichen sinusförmigen Anregungsmuster unterscheidet. Diese Information ist direkt im Beugungsmuster kodiert. Für niedrige Anregungsenergien, bei der kein AOS auftritt, bleibt die Änderung der Magnetisierung linear und die zweite Beugungsordnung ist unterdrückt. Tritt jedoch AOS auf, ändert sich die Form des Gitters und ermöglicht nun eine ausgeprägte Beugungsintensität zweiter Ordnung. Mit anderen Worten, die Forscher konnten das Intensitätsverhältnis zwischen der zweiten und der ersten Ordnung (R21) als eine sehr empfindliche Messgröße für AOS in Beugungsexperimenten identifizieren.
Schließlich konnten die Forscher ihre Beobachtungen durch ergänzende, rein optische Messungen im realen Raum mittels zeitaufgelöster Faraday-Mikroskopie bestätigen. In zukünftigen transienten Gitterexperimenten mit deutlich kleineren Periodizitäten bis hinunter zu unter zwanzig Nanometern erwarten die Forscher den Einfluss von ultraschnellen lateralen Transportprozesse zu sehen, die die Anregungsgradienten innerhalb weniger Pikosekunden ausgleichen können und damit die fundamentalen räumlichen Begrenzung von AOS festlegen.
MBI / DE