28.12.2011

Optische Biopsie soll Krebsdiagnose erleichtern

Konfokale Laserendomikroskopie sorgt an der Klinik der LMU für intraoperative Diagnostik.

Bösartig verändertes Gewebe etwa in den Verdauungsorganen zu erkennen, ist nicht immer einfach. Denn mit den bisherigen Diagnoseverfahren lässt sich bei einer Biopsie nicht optisch nachvollziehen, ob man wirklich eine krebsartig veränderte Stelle im „erwischt“ hat. Die Trefferquote könnte sich allerdings künftig verbessern: Durch ein konfonkales Laserendomikroskope, kurz PCLE genannt, lässt sich während der endoskopischen Untersuchung zumindest das Muster eines verdächtigen Bereichs identifizieren. Nach einer ersten Studie „erhöht sich die Trefferquote für die Gewebeentnahme mit der PCLE von bislang 75 auf 90 Prozent“, erklärt Jörg Schirra, Oberarzt an der Medizinischen Klinik II am Klinikum der Universität München (LMU).

Gekauft wurde das neue Gerät mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft von T.E.A.M., einem Netzwerk aus zwölf Kliniken und Instituten vorwiegend am Klinikum der Universität München. „T.E.A.M. leistet wissenschaftliche Pionierarbeit in der intraoperativen Diagnostik“, sagt dessen Sprecher, der Physiker Herbert Stepp.

Schon in den 1990er Jahren hat das Laser-Forschungslabor ein Fluoreszenz-Verfahren entwickelt, das Tumorgewebe rot leuchtend darstellt. Dieses Verfahren ist seit 2005 im Routine-Einsatz, um Harnblasenkrebs und Hirntumoren verlässlicher zu diagnostizieren. Damit sind an der Harnblasen-Schleimhaut auch Krebsherde sichtbar, die zuvor Augen und medizinischem Gerät verborgen blieben. Die T.E.A.M.-Mannschaft will die Methode jetzt so weit verbessern, dass mit Rechnertechnik die gesamte Harnblase abgebildet werden kann.

Allerdings erlaubt das Fluoreszenz-Verfahren keine direkten Aussagen über die Art der Gewebeentartung der Zellen – ein rot fluoreszierendes Areal kann auch gutartiger Natur sein, zum Beispiel eine Entzündung. „Dazu braucht es eine mikroskopische Auflösung, die mit der PCLE möglich ist“, sagt Stepp.

Im Kanal eines Endoskops schiebt der Arzt dabei eine hauchdünne Sonde bis zum Gewebe vor und setzt sie auf verdächtigen Stellen auf. Dann lassen sich bis etwa 150 Mikrometer tief unter die Gewebeoberfläche Zellen mikroskopisch darstellen. Das Gerät ist einsetzbar in allen Organen mit einem Hohlraum – also beispielsweise in der Blase, im Rachenraum oder eben im Verdauungstrakt.

Die Ausbreitung eines Tumors in das umgebende Bindegewebe kann die PCLE aber nicht bestimmen. Dies erfolgt mit einer Ultraschallsonde oder – mit deutlich besserer Auflösung - durch ein ebenfalls neues Verfahren, die optische Kohärenztomografie (OCT).

Noch ist die PCLE so neu, dass entsprechende Studien fehlen, die das Team um Schirra jetzt etwa für den Einsatz im Gallengang und in der Speiseröhre starten will. In der Speiseröhre geht es um die Erkennung von Krebsvorstufen bei Patienten mit dem „Barrett-Syndrom“ – einer chronisch-entzündlichen Erkrankung. Bei der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung „Colitis ulcerosa“ liegt dagegen bereits eine positive Studie des Universitätsklinikums Mainz vor. Nach etwa zehn Jahren haben diese Patienten ein erhöhtes Krebsrisiko, wobei sich die Tumorvorstufen im entzündeten Gewebe oft nur schwer identifizieren lassen. Bei der Studie zeigte sich, dass pCLE die Trefferquote bei der Gewebeentnahme verbessert.

Ob eines Tages eine intraoperative Diagnose so aussehen wird, dass erst die Fluoreszenz-Diagnostik verdächtige Gewebeareale lokalisiert, dann die PCLE ohne eine nachfolgende Gewebeentnahme die verdächtigen Zellen mikroskopisch beurteilt und die OCT in einem dritten Schritt die Mikroinvasion von Tumorzellen in Bindegewebe erkennt, bleibt einstweilen eine Vision. „Bis auf weiteres“, sagt Schirra, „entnehmen wir weiter Gewebe, und der Pathologe hat bei dessen Beurteilung im Labor das letzte Wort.“ Die Proben, die er bekommt, werden allerdings dank der PCLE schon jetzt oft besser sein als zuvor. Und nebenbei werden alle neuen optischen Verfahren wissenschaftlich auf ihren Wert geprüft.

LMU / PH

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