09.09.2014

Optische Flüstergalerie für Moleküle

Mikrokugeln und Nanodrähtchen ermöglichen Nachweis einzelner unmarkierter Biomoleküle durch Licht.

Einzelne Biomoleküle aufzuspüren und sie in Aktion zu beobachten – das ist ein Traum von Biochemikern. Denn so könnten sie die Arbeitsweise der Nanomaschinen des Lebens, wie etwa Ribosomen oder DNA-Polymerasen, detailliert untersuchen und besser verstehen. Diesem Ziel sind Forscher des MPI für die Physik des Lichtes einen wesentlichen Schritt näher gekommen. Mit einer optischen Mikrostruktur und Nanopartikeln aus Gold haben sie die Wechselwirkung von Licht mit dem Erbgutmolekül DNA so weit verstärkt, dass sie die Interaktion zwischen einzelnen DNA-Molekülteilen verfolgen können. Ihr optischer Biosensor für einzelne, unmarkierte Moleküle könnte auch für Biochips relevant sein: fingernagelgroße Mini-Labore, die einen Tropfen Blut in mobilen Analysegeräten schnell auf mehrere Krankheiten gleichzeitig testen oder mit wenig Probenmaterial umfassende Umweltanalysen ermöglichen.

Abb.: Forscher versehen Mikrokugeln mit goldenen Nanodrähten, an denen Moleküle binden können. Diese lassen sich nachweisen, da sich die Wellenlänge des durch Mikrokugel und Nanodrähtchen verstärkten Lichts verschiebt. (Bild: MPL)

In Zellen fügen Ribosomen und DNA-Polymerasen einzelne Moleküle zu komplexen biologischen Strukturen wie Proteinen oder DNA-Molekülen zusammen. Um die Interaktion einzelner Moleküle mit Enzymen oder Ribosomen zu untersuchen, markieren Forscher sie zumeist mit Leuchtstoffen. Doch diese Markierung ist nicht bei allen Molekülen möglich und kann die Funktion der biologischen Nanomaschinen einschränken. Biomoleküle lassen sich zwar auch ohne Markierung mit Licht nachweisen. Doch die Wechselwirkung der Lichtwellen mit den Molekülen ist zu schwach, um einzelne DNA-Moleküle zu beobachten.

Frank Vollmer und seinen Kollegen gelang es, die Wechselwirkung von Licht mit DNA-Molekülen so weit zu verstärken, dass sie mit ihrem photonischen Biosensor einzelne, unmarkierte Moleküle und deren Interaktionen untereinander beobachten können. Dazu nutzen die Forscher Glaskügelchen von rund 60 Mikrometern Durchmesser und Nanodrähtchen aus Gold mit einem Durchmesser von etwa 12 Nanometern und einer Länge von 42 Nanometern. Mittels eines Prismas koppelten die Forscher Laserlicht in die Mikrokugel ein. Die Innenseite der Kugeloberfläche reflektiert das Licht immer wieder, es läuft letztlich an der Innenseite der Kugel entlang, ähnlich wie Schallwellen, die sich entlang der Wände von manchen runden Räumen – Flüstergalerien – ausbreiten: Flüstert eine Person an einer Seite des Gewölbes, kann sie eine andere Person an der gegenüberliegenden Seite verstehen, auch wenn sie dafür eigentlich zu weit entfernt ist.

Ist ein Molekül an der Oberfläche des Glaskügelchens gebunden, so kommt der Lichtstrahl mehr als hunderttausend Mal an ihm vorbei. Da die Lichtwelle stets etwas aus der Mikrokugel heraus lappt, kommt es zwischen ihr und dem Molekül zur Wechselwirkung, die durch den häufigen Kontakt zwischen Licht und Molekül deutlich verstärkt ist. Doch die Wechselwirkung ist immer noch zu schwach, um einzelne Moleküle zu registrieren.

Daher bringen Vollmer und seine Kollegen Nanodrähtchen auf der Oberfläche der Glaskügelchen an. In ihnen erzeugt das vorbeikommende Licht Plasmonen, kollektive Schwingungen von Elektronen. Die Plasmonen ziehen die Lichtwelle etwas weiter aus der Glaskugel heraus, dadurch verstärkt sich die Feldstärke der Lichtwelle um mehr als den Faktor 1000. Insgesamt reicht die Verstärkung des Detektors nun aus, um einzelne Biomoleküle wie etwa DNA-Fragmente nachzuweisen. Und das haben die Forscher auch getan. Sie befestigten den Teilstrang eines DNA-Moleküls an dem Nanodrähtchen. Bindet nun der dazu komplementäre DNA-Teilstrang an diesen Köder, so verschiebt sich die Wellenlänge des durch die Mikrokugel und das Nanodrähtchen verstärkten Lichts – und diese Verschiebung lässt sich messen.

Die Physiker verwendeten allerdings einen kürzeren Teilstrang, als dies bei ähnlichen Verfahren üblich ist. Kürzere DNA-Fragmente haften schlechter aneinander, sodass sich die Stränge relativ schnell wieder trennen. Dadurch können immer wieder neue Teilstränge an dem molekularen Köder binden, und zwar auch solche, die nicht vollkommen zu ihm passen. So lässt sich erforschen, wie lange die Teilstränge miteinander wechselwirken und wie oft der Köder einen Teilstrang einfängt. „Dieser Ansatz ermöglicht es, einen einzelnen DNA-Rezeptor zu benutzen und dessen sukzessive Interaktionen mit verschiedenen Teilsträngen in der Probenlösung zu verfolgen“, sagt Vollmer. „Anhand der Dauer und Häufigkeit der gemessenen Interaktionen lassen sich dann verschiedene unmarkierte DNA-Moleküle spezifisch nachweisen.“

Die Forscher testeten ihren optischen Biosensor mit einer Probe, die sowohl einen exakt passenden DNA-Teilstrang als auch ein Fragment enthielt, das nicht ganz so gut passte. Anhand der unterschiedlichen Reaktionskinetik der beiden Teilstränge konnten die Forscher diese unterscheiden. Auch in der Natur sind die Bindungen zwischen Nanomaschinen und Molekülen vorübergehend. Diese natürliche Kinetik lasse sich durch die neue Methode der Erlanger Forscher nun besser erforschen, so Vollmer. Das Team plant bereits entsprechende Forschungsprojekte, so wollen die Forscher beispielsweise beobachten, wie ein Enzym wie etwa die DNA-Polymerase Stoffe umwandelt. Zudem wollen die Wissenschaftler ihren photonischen Biodetektor in optische Mikrochips integrieren, um sie in der klinischen Diagnostik zur Anwendung zu bringen.

MPL / RK

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