01.07.2024

Optische Linse als Gassensor

Hybridglasmaterial verändert je nach Gaskonzentration seinen Brechungsindex.

Ein Forschungsteam der Universität Jena hat eine wenige Millimeter große optische Linse entwickelt, deren Lichtbrechungs­verhalten sich ändert, wenn Gas anwesend ist. Wie die Forschenden berichten, wird dieses intelligente Verhalten der Mikro-Linse durch das Hybridglas­material ermöglicht, aus dem sie besteht. Die Molekülstruktur der Linse besteht aus einem dreidimen­sionalen Gitter, in dessen Hohlräume Gasmoleküle aufgenommen werden können – was sich wiederum auf die optischen Eigen­schaften des Materials auswirkt.

Abb.: Die Forscherin Oksana Smirnova untersucht optische Mikrolinsen aus...
Abb.: Die Forscherin Oksana Smirnova untersucht optische Mikrolinsen aus Hybridgläsern.
Quelle: J. Meyer, U. Jena

„Mit Unterstützung der Carl-Zeiss-Stiftung entwickeln wir multi­responsive Materialien“, erklärt Lothar Wondraczek von der Universität Jena. „Am Beispiel der Hybridglas-Linse bedeutet das, dass sie das Licht stärker oder schwächer bricht, je nachdem ob in dem Linsen­material Gas absorbiert ist oder nicht.“ Die Heraus­forderung dabei war es, Methoden der klassischen Glasformgebung auf diese speziellen Materialien zu übertragen. „Die metall­organischen Gerüst­verbindungen, die wir hier verwendet haben“, führt Wondraczek aus, „werden als Materialien zum Speichern oder Trennen von Gasen erforscht und entwickelt.“ Doktorandin Oksana Smirvona ergänzt: „Allerdings zersetzen sich die meisten dieser Substanzen, wenn sie erhitzt werden und können daher nur sehr schwer geformt werden.“

Gemeinsam mit Alexander Knebel, Nachwuchs­gruppenleiter am Lehrstuhl für Glaschemie, mussten die Jenaer Forschenden zunächst einen geeigneten Synthese­prozess für hochreine Materialien entwickeln. Dann galt es, die optimalen Bedingungen zu identifizieren, unter denen das Material in die gewünschte Form gebracht werden kann. „Wir schmelzen das Material und überführen es dann in eine 3D-gedruckte Negativ­form, in der es gepresst wird. Innerhalb dieses Verfahrens lässt sich die gewünschte Form nahezu beliebig wählen“, erläutert die Chemikerin. „Wir haben bewusst die Linse als Form gewählt,“ erklärt sie weiter. Denn: „Bei einer Linse machen sich schon kleinste Verun­reinigungen bemerkbar, da sie die optischen Eigen­schaften direkt beeinflussen.“ 

Mit diesem neuen Verfahren seien nun grundsätzlich sehr vielfältige Formen und Geometrien denkbar, die über die konkrete Anwendung als Mikro-Linsen hinausgehen, erklärt Wondraczek. „Weil diese multi­responsiven Materialien auf mehrere Einflüsse gleichzeitig reagieren, können sie zum Beispiel für logische Schaltungen benutzt werden“, beschreibt der Material­wissenschaftler mögliche Anwendungen solcher Bauteile. „Konkret bedeutet das, dass für die beobachtbare Reaktion zwei Bedingungen miteinander verknüpft werden“, erläutert er. „Wenn etwa ein Lichtstrahl auf die Linse fällt und gleichzeitig ein Gas im Linsen­material absorbiert ist, dann wird das Licht auf eine bestimmte Art gebrochen und kann so kombinierte Rückmeldung geben.“ 

Möglich wären demnach auch Membranen zur Gastrennung, deren optische Eigenschaften sich ändern, wenn sich Gasmoleküle in ihnen befinden. Solche optischen Bausteine ließen sich beispiels­weise in der Sensorik einsetzen und könnten Mess­verfahren effizienter, platzsparender und „intelligent“ gestalten.

U. Jena / JOL

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