07.07.2022

Optische Wirbel für die Trennung chiraler Moleküle

Helikaler Dichroismus im Röntgenbereich unterscheidet Enantiomere effizienter.

Mithilfe einer neuen Methode lassen sich spiegel­bildliche Substanzen besser voneinander unter­scheiden. Das ist unter anderem bei der Herstellung von Arznei­mitteln wichtig, weil die beiden Varianten völlig unter­schiedliche Wirkungen im menschlichen Körper entfalten können. Nun hat ein Zusammen­schluss von Forschenden vom PSI, der EPFL und der Universität Genf eine neue Methode entwickelt, mit der sich Enantio­mere besser voneinander unterscheiden und somit trennen lassen: den helikalen Dichroismus im Röntgen­bereich.

Abb.: Mit schrauben­förmigem Röntgenlicht lassen sich Enantiomere...
Abb.: Mit schrauben­förmigem Röntgenlicht lassen sich Enantiomere unterscheiden. (Bild: B. Rösner, PSI)

Die bisher etablierte Methode, mit der Enantiomere unterschieden werden, ist der zirkulare Dichrois­mus, abgekürzt CD. Hierbei wird zirkular polarisiertes Licht durch die Probe geschickt. Dieses Licht wird von den Enantio­meren unter­schiedlich stark absorbiert. CD ist in der analytischen Chemie, in der biochemischen Forschung sowie in der Pharma- und Lebensmittel­industrie weit verbreitet. Allerdings sind bei CD die Signale von Natur aus sehr schwach: Die Licht­absorption der beiden Enantio­mere unterscheidet sich nur um knapp ein Zehntel Prozent. Es existieren verschiedene Strategien zur Verstärkung der Signale, die jedoch nur geeignet sind, wenn die Probe in der Gasphase vorliegt. Ein Großteil der Chemie und Biochemie jedoch wird in flüssigen Lösungen betrieben, vor allem in Wasser.

Die neue Methode nutzt dagegen den helikalen Dichroismus, kurz HD. Der Effekt, der diesem Phänomen zugrunde liegt, ist statt in der Polari­sierung des Lichts in dessen Form zu finden: Die Wellenfront ist hierbei schrauben­förmig gekrümmt. An der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS konnten die Forschenden erstmals erfolgreich zeigen, dass sich auch mit schrauben­förmigem Röntgenlicht Enantiomere unterscheiden lassen. An der cSAXS-Strahllinie der SLS demonstrierten sie dies an einer pulver­förmigen Probe des chiralen Metall­komplexes Eisen-tris-Bipyridin, die die Forschenden der Universität Genf zur Verfügung gestellt hatten. Das Signal, das sie erhielten, war um mehrere Größen­ordnungen stärker als dasjenige, das sich mit CD erreichen lässt. HD lässt sich auch in flüssigen Lösungen nutzen, und erfüllt damit eine ideale Voraus­setzung für Anwendungen in der chemischen Analytik.

Entscheidend für das Experiment war, Röntgenlicht mit den genau richtigen Eigenschaften zu erschaffen. Dies gelang den Forschenden mit Spiralzonen­platten, einer besonderen Art von Beugungsl­insen, durch die sie das Licht schickten, bevor es auf die Probe traf. „Mit den Spiralzonen­platten konnten wir auf sehr elegante Art unserem Röntgenlicht die gewünschte Form und somit einen Bahn­drehimpuls geben. Die Strahlen, die wir so erschaffen, werden auch als optische Wirbel bezeichnet“, sagt Benedikt Rösner, der die Zonenplatten für dieses Experiment entworfen und hergestellt hat. Jérémy Rouxel, Forscher an der EPFL, ergänzt: „Der helikale Dichroismus liefert eine völlig neue Art der Licht-Materie-Wechsel­wirkung. Wir können ihn für die Unter­scheidung von Enantiomeren perfekt ausnutzen.“

PSI / JOL

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