Optischer Speicher mit allen Schikanen
Hybrides Perowskit unterstützt Lese-, Schreib- und Löschfunktion allein mit optischen Mitteln.
Auf der Suche nach Halbleitermaterialien, welche die Effizienz von Solarzellen deutlich steigern können, hat die Forschung schon seit einigen Jahren ein starkes Interesse an der Materialklasse der Perowskite. Im Fokus stehen dabei Metall-
Abb.: Die orthorhombische Kristallstruktur sendet orangenes Licht aus. Dessen Intensität wird gemindert, wenn durch einen Laserpuls eine tetragonale Struktur entsteht, die zusätzlich rotes Licht aussendet. (Bild: F. Panzer)
Forscher an der Universität Bayreuth haben nun herausgefunden, dass es sich noch in einer weiteren Hinsicht um vielversprechende Materialien handelt. Ein aus Methylammonium, Blei und Jod zusammengesetzter Perowskit erfüllt alle Voraussetzungen für einen optischen Speicher, der nach dem Prinzip „schreiben – lesen – löschen“ („write – read – erase“) funktioniert. Dieser Effekt ist zwar nur bei sehr tiefen Temperaturen realisierbar. Gleichwohl ist die Bayreuther Forschungsgruppe zuversichtlich, dass sich auf der Basis der neuen Erkenntnisse ein kostengünstiger Hybridperowskit entwickeln lässt, den man bei deutlich höheren Temperaturen als komplett optischen Speicher einsetzen kann. Ein solcher Speicher würde ganz neue Möglichkeiten für die Datenspeicherung und -verarbeitung bieten.
Schon länger war bekannt, dass ein Perowskit aus Methylammonium, Blei und Jod bei wechselnden Temperaturen seine Gestalt ändert. Oberhalb von 163 Kelvin besitzt er eine tetragonale Kristallstruktur. Mit rechten Winkeln und Kanten, die parallel verlaufen oder senkrecht aufeinander stehen, hat er die Form eines in die Länge gezogenen Würfels und ähnelt insofern einem kurzen, aufrecht stehenden Gebäudepfeiler mit quadratischer Grundfläche. Sobald die Temperatur jedoch weiter absinkt, nimmt der Perowskit eine orthorhombische Kristallstruktur an. Der Pfeiler besitzt dann keine quadratische Grundfläche mehr, sondern eine dieser Kanten ändert geringfügig ihre Länge. Dieser Übergang zwischen zwei Kristallphasen hat Folgen für das Verhalten des Perowskits, wenn er mit Laserlicht bestrahlt wird.
Ein besonders interessanter Spezialfall ist hierbei die Superlumineszenz (Amplified Spontaneous Emission, ASE). Hierbei löst ein Laserstrahl Kettenreaktionen aus, bei denen sehr viele Elektronen nahezu zeitgleich in einen hohen Energiezustand geraten. Da die Elektronen dann auch wieder gemeinsam in den Grundzustand zurückfallen, ist das Licht, das dabei ausgesendet wird, dementsprechend intensiv.
Beim Perowskit aus Methylammonium, Blei und Jod haben die Bayreuther Forscher dieses Phänomen in jeder der beiden Kristallphasen beobachten können. Allerdings ist die Wellenlänge des emittierten Lichts verschieden. Wird der Kristall auf unter 163 Kelvin herabgekühlt, kann man Superlumineszenz erzeugen, bei der infolge der etwas unsymmetrischen, orthorhombischen Struktur nur orangefarbenes Licht abgegeben wird. Bei höheren Temperaturen wird infolge der geradlinigen, tetragonalen Struktur nur rotes Licht emittiert, Superlumineszenz mit andersfarbigem Licht ist nicht möglich.
Die Pointe der neuen Studie besteht darin, dass es dem Bayreuther Forschungsteam erstmals gelungen ist, beide Superlumineszenz-
So können die Kristallkörner nun in einen energetischen Zustand versetzt werden, durch den die beiden Superlumineszenz-
Damit sind im Prinzip alle Voraussetzungen gegeben, um einen komplett optischen Speicher zu entwickeln. Die Erzeugung der tetragonal strukturierten Inseln ist, informationstechnisch betrachtet, ein Schreibprozess. Das Ergebnis wird durch rotes Licht ausgelesen. Es wird gelöscht, wenn die Kristalle in eine durchweg orthorhombische Struktur übergehen. Vor dem „Schreiben“ und nach dem „Löschen“ kann per Superlumineszenz nur orangenes, kein rotes Licht erzeugt werden. Auf diese Weise ist es mithilfe des untersuchten Perowskits möglich, eine Vielzahl von Sequenzen zu erzeugen, in denen „0“-
So eröffnen sich spannende Perspektiven für eine Datenspeicherung und Datenverarbeitung auf rein optischer Grundlage. Das Haupthindernis für industrielle Anwendungen sind allerdings noch die tiefen Temperaturen, bei denen der Wechsel zwischen den beiden Kristallphasen auftritt. Ideal wäre ein Phasenübergang unter normalen Raumtemperaturen. „In den letzten Jahren hat die anwendungsorientierte Erforschung von Hybridperowskiten beeindruckende Fortschritte gemacht. Dass auf der Basis unserer neuen Ergebnisse in nicht allzu ferner Zukunft ein Funktionsmaterial entwickelt wird, das den industriellen Anforderungen an einen komplett optischen Speicher gerecht wird – dafür gibt es eine durchaus realistische Chance“, meint die Bayreuther Physikerin Anna Köhler, die Koordinatorin der jetzt veröffentlichten Studie.
Die Studie ist aus einer breiten interdisziplinären Zusammenarbeit von sechs Forschergruppen auf dem Bayreuther Campus hervorgegangen. „Ohne diese Vernetzung von Experimentalphysik, Makromolekularer Chemie, Material- und Ingenieurwissenschaften hätten wir diese spannenden Forschungsergebnisse nicht erzielen können“, meint Fabian Panzer, Physik-
U. Bayreuth / DE