09.07.2018

Ovale Kerne

Laserspektroskopie an schweren Atomkernen belegt theoretisch erwartete Abweichung von Kugelform.

Die Größe und Form künstlich hergestellter Atomkerne mit mehr als 100 Protonen war experimentell bisher nicht direkt zugänglich. Laser­spektroskopie ist eine etablierte Technik, um solche Eigenschaften exotischer Atom­kerne zu untersuchen. Einem inter­nationalen Team von Wissenschaftlern unter der Federführung des GSI Helmholtz­zentrums für Schwerionen­forschung ist es nun erstmals gelungen, mithilfe von Lasern die optische Anregung von Energie­niveaus in der Atom­hülle von drei Isotopen des schweren synthetischen Elements Nobelium mit 102 Protonen im Kern detailliert zu vermessen.

Abb.: Die gasgefüllte optische Zelle zur Laserspektroskopie an Nobelium-Isotopen (Bild: G. Otto, GSI)

Atomkerne der schwersten Elemente können in Kern­fusions­reaktionen mithilfe von Teilchen­beschleunigern in Raten von wenigen Atomen pro Sekunde hergestellt werden. Die erzielten Resultate lassen sich sehr gut durch theoretische Kern­modelle beschreiben, die etwa eine reduzierte Dichte im Zentrum von schweren Atom­kernen vorhersagen.

Atome bestehen aus einem Atomkern und der umgebenden Elektronen­hülle. Kern­nahe Elektronen durch­dringen den Atomkern, sodass sich aus der genauen laser­basierten Vermessung von Energie­niveaus in der Hülle die Form und die Größe von Atom­kernen bestimmen lassen. Ein Größen­unterschied zweier Atom­kerne, die sich beispiels­weise in der Anzahl der Neutronen unterscheiden, führt zu einer messbaren Verschiebung der Frequenz und entsprechend der Farbe des Laser­lichts, mit dem Elektronen im Atom angeregt, also auf höhere Energie­niveaus gebracht werden. Bisher konnte diese Methode nur auf Atom­kerne leichterer Elemente angewandt werden, die in vergleichsweise hohen Raten hergestellt werden können und zudem eine bekannte Atom­struktur besitzen. Atomkerne von Elementen jenseits von Fermium (Z=100) können in geringen Mengen von wenigen Atomen pro Sekunde in Fusions­reaktionen hergestellt werden und existieren meist nur für wenige Sekunden. Ihre atomare Struktur war daher bisher für eine Untersuchung mit dieser Methode unzugänglich.

Für die aktuellen Experimente wurden Nobelium-Isotope am Geschwindigkeits­filter SHIP der GSI-Beschleuniger­anlage durch die Fusion von Kalzium-Ionen mit Blei erzeugt und in einer mit Argon­gas gefüllten Zelle für die laser­spektro­skopischen Untersuchungen abgestoppt. Die Ergebnisse bauen auf einem voran­gegangenen, ebenfalls an der GSI durch­geführten Experiment auf, in dem erstmals atomare Übergänge in Nobelium identifiziert wurden. Das vor etwa sechzig Jahren entdeckte Element hat die Ordnungs­zahl 102. Nun konnten mittels Laser­spektroskopie die Nobelium-Isotope No-254, No-253 und No-252, bei denen sich die Anzahl der Neutronen jeweils um eins unterscheidet, untersucht werden. Die verfügbaren Ionen­raten am Experiment betrugen im Maximum vier Ionen je Sekunde für No-254 und weniger als ein Ion je Sekunde für das Isotop No-252.

Aus den Messungen der Anregungs­frequenzen für die einzelnen Isotope wurde die Verschiebung der Farbe des zur Anregung benötigten Laser­lichts bestimmt, während zusätzlich für das Isotop No-253 die Hyper­fein­struktur aufgelöst wurde. In Zusammen­arbeit mit Gruppen aus dem Helmholtz-Institut Jena, der Universität Groningen in den Nieder­landen und der University of New South Wales in Sydney in Australien wurden theoretische Berechnungen für atomare Eigenschaften im Nobelium durch­geführt, aus denen sich die Größe und die Form des Atom­kerns ableiten lassen. Die Resultate bestätigen, dass die Nobelium-Isotope keine Kugel­gestalt haben, sondern oval deformiert sind. Die gemessene Änderung der Größen steht dabei im Einklang mit kern­physikalischen Berechnungen einer Gruppe von theoretischen Wissenschaftlern von GSI und von der Michigan State University in den USA. Diese Berechnungen sagen vorher, dass die schweren Atom­kerne nicht massiv sind, sondern eine hohle Struktur durch eine deutlich reduzierte Ladungs­dichte im Zentrum des Atomkerns entwickeln.

Mit der laserspektroskopischen Methode können zukünftig weitere schwere Nuklide untersucht werden, um die Änderung der Form und Größe in der Region der schwersten Elemente systematisch zu untersuchen. Solche Messungen sind bisher nur bei der GSI möglich und vertiefen auf einzig­artige Weise das Verständnis des Atom- und Kern­aufbaus der schwersten Elemente. Die Ergebnisse spielen auch für die zukünftige Anlage FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research) eine Rolle, die aktuell bei GSI gebaut wird. Die gleichen Techniken und Methoden könnten auch am Niedrig­energie­zweig des Super-Fragment­separators von FAIR Anwendung finden.

GSI / DE

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