Pasta produzieren mit Solarpower
Energieversorgungssystem liefert Prozesswärme rund um die Uhr.
Weizen, Wasser und Energie – das sind die Zutaten für leckere italienische Pasta. Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wollen nun die Energie fürs Herstellen und Trocknen der Nudeln möglichst nachhaltig bereitstellen. So soll der CO2-Fußabdruck der Pasta schrumpfen. Im EU-Projekt HiFlex(High storage density solar power plant for Flexible energy systems) arbeitet das DLR dazu mit internationalen Partnern zusammen, darunter dem weltweit größten Pasta-Produzenten Barilla.
In den nächsten zwei Jahren soll in unmittelbarer Nähe der Barilla-Nudelfabrik im süditalienischen Foggia ein einmaliges Energieversorgungssystem entstehen. Mit dieser Pilotanlage wollen die HiFlex-Projektpartner zeigen, dass sie rund um die Uhr Strom und Wärme aus erneuerbaren Ressourcen herstellen sowie bedarfsgerecht und zuverlässig für den Produktionsprozess bereitstellen können. „Die Anlage dient dazu, die technische Machbarkeit zu demonstrieren und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit dieser Technologie unter Beweis zu stellen“, beschreibt Gabriele Bertoni, Gesamtprojektleiter beim italienischen Partnerunternehmen Kinetics Technology, die ambitionierten Ziele.
Ausgangspunkt der Pilotanlage ist ein solares Turmkraftwerk. Rund 500 bewegliche Spiegel, sogenannte Heliostate, bündeln die Sonnenstrahlen auf einen Punkt an der Spitze des Turms. Dort ist ein spezieller Strahlungsempfänger eingebaut. Dieser Receiver nutzt die gebündelte Sonnenenergie, um ein Millimeter kleine Keramikpartikel auf Temperaturen von bis zu 1000 Grad Celsius aufzuheizen. Die heißen Partikel lassen sich in großen wärmeisolierten Behältern speichern. Bei Bedarf wird die Wärme aus den heißen Partikeln genutzt, um Dampf für einen Stromgenerator oder heißes Gas für industrielle Prozesswärme zu erzeugen. So kann die Anlage zum Beispiel auch nachts Energie bereitstellen. Haben die Partikel ihre Wärmeenergie abgegeben und sind abgekühlt, kommen sie in einen zweiten Tank, von wo aus sie zurück zum Receiver transportiert und wieder erhitzt werden. Auch für den Fall, dass die Sonne einmal nicht intensiv genug scheint, hat das Projektteam von HiFlex eine Lösung parat: „Alternativ können wir die Partikel mit erneuerbarer Energie aus Wind, Photovoltaik oder Biogas erhitzen“, erklärt Miriam Ebert vom DLR-Institut für Solarforschung.
„Das HiFlex-Projekt gibt uns die Chance, innovative Methoden auszuprobieren, um eines unserer Werke mit erneuerbarer Energie zu versorgen. So können wir sagen: Wir fangen an, Pasta mit der Hilfe von Sonnenpower herzustellen“, sagt Luca Ruini, Vizepräsident Gesundheit, Sicherheit, Umwelt und Energie bei Barilla. Das HiFlex-System vereine mehrere Vorteile, beschreibt Miriam Ebert: „Die Anlage lässt sich sehr flexibel einsetzen, um Industrieprozesse komplett auf nachhaltiger Basis mit Strom sowie Wärme auf unterschiedlichem Temperaturniveau zu versorgen. Gleichzeitig bietet es die Möglichkeit, das Stromnetz zu stabilisieren und Schwankungen auszugleichen, indem wir gerade nicht benötigte Energie in Form von heißen Partikeln speichern und bei Bedarf wieder zur Verfügung stellen. Das Speichern von Wärme ist deutlich kostengünstiger als zum Beispiel das Speichern von Strom mittels Batterien.“ Für die Energieversorgung von morgen sind solche Flexibilisierungsoptionen extrem wichtig. Denn Strom und Wärme aus erneuerbaren Ressourcen unterliegen tageszeitlichen und wetterbedingten Schwankungen.
Beim Aufbau und Betrieb der Pilotanlage bringt das DLR vor allem sein umfassendes Know-how im Bereich konzentrierender Solarsysteme, Dampferzeuger und Werkstoffe ein. Neben dem DLR-Institut für Solarforschung sind am Projekt auch die Institute für Technische Thermodynamik (Konzept Dampferzeuger) und Werkstoffforschung (Partikelentwicklung) beteiligt. Die Firma HelioHeat stellt mit dem am DLR entwickelten und patentierten Solarreceiver CentRec einen Kernbestandteil des HiFlex-Systems zur Verfügung.
Kommerzielle solarthermische Kraftwerke arbeiten mit geschmolzenem Salz als Wärmeträgermedium. „Wir setzen stattdessen auf Keramikpartikel. Sie halten höhere Temperaturen aus, sind günstig und stellen keine Gefahr für die Umwelt dar. Gleichzeitig lassen sie sich einfacher lagern und transportieren als flüssiges Salz, das bei einem Temperaturabfall erstarrt“, fasst Ebert die Vorteile des Ansatzes zusammen. Erste Tests hat der spezielle Receiver bereits erfolgreich im Solarturm des DLR am Standort Jülich absolviert. Im Jahr 2021 soll der Receiver nach Italien geliefert werden, damit das Kraftwerk anschließend an den Start gehen kann.
DLR / DE