16.12.2015

Patientennahe Diagnostik mit Halbleiter-Nanostrukturen

Smart, kompakt und vielseitig: Neuartige Biosensoren lassen sich optisch anregen und auslesen.

Bislang werden Blutproben – nach einem spürbaren Nadelstich in die Vene – zumeist im Labor analysiert. Wäre es nicht praktischer, ein im Körper implan­tierter Mini-Sensor könnte die Blutwerte messen und per Funk direkt an den Arzt über­mitteln? Für Patienten, die beispiels­weise regelmäßig ihre Eisen­werte kontrollieren müssen, wäre solch ein smartes und kompaktes Miniatur­labor im Blut sicherlich sehr nützlich. Die Baden-Württemberg-Stiftung unterstützt nun ein Wissenschaftler­team der Uni Ulm mit etwa 500.000 Euro bei der Entwicklung solcher Mini­labors, konkret: halbleiter­basierter Biosensoren.

Abb.: Messaufbau zur Aufnahme von Emissionsspektren von mikroskopischen Halbleitersensorstrukturen. (Bild: H. Grandel, U. Ulm)

Die Ingenieure und Naturwissenschaftler arbeiten in den nächsten drei Jahren an der Entwicklung optisch ausles­barer intelli­genter Sensoren, die mit Halb­leiter-Strukturen auf der Basis von Gallium­nitrid (GaN) und Zink­oxid (ZnO) realisiert werden sollen. „Ein großer Vorteil solcher Sensoren besteht darin, dass sie ohne elektrische Kontakte auskommen und daher auch in einer chemisch aggressiven Umgebung verwendet werden können“, erklärt Projekt­koordinator Ferdinand Scholz vom Institut für Opto­elektronik. Die Biosensoren könnten im Körper­inneren zu Diagnose­zwecken eingesetzt werden, beispiels­weise um in Eisen­speicher- und Eisen­transport­proteinen die Art und Menge der Metall-Kationen zu bestimmen. „Mit Hilfe solcher Biosensoren sollte es beispiels­weise möglich sein, Eisen­speicher-Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und effektiv zu therapieren. Aber auch bei der Früherkennung von weiteren schweren Krankheiten, wie der Alzheimer­erkrankung oder bei Schlag­anfällen könnten die Biosensoren hilfreiche Dienste leisten, denn auch bei diesen Erkrankungen wurden bereits veränderte Metall­kationen­konzentrationen im Blut gefunden“, sagt Tanja Weil, die an der Uni Ulm das Institut für Organische Chemie III leitet. Die Chemikerin ist im Projekt für die Funktiona­lisierung der Sensor­ober­flächen mit spezifischen Detektor­molekülen verantwortlich, um nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip bestimmte Proteine oder DNA-Bestand­teile nachweisen zu können.

Der Biosensor basiert auf nitridischen und oxidischen Halbleiter-Nano­strukturen, die rein optisch angeregt und ausgelesen werden. Durch die Bindung spezifischer Biomoleküle auf der aktiven Zone dieser Nano­strukturen verändern sich Wellen­länge und Intensität der per Laser angeregten Licht­emission. Als optisch aktive Zone für diese Photo­lumineszenz-Effekte wirkt ein Quanten­film nahe der Oberfläche der Halbleiter-Strukturen. Ausgelesen werden die Veränderungen in den Licht­emissionen über kompakte Spektrometer, die im ultra­violetten und im sichtbaren Spektral­bereich ausreichend empfindlich sind. Ein kompakter Einplatinen-Computer übernimmt im Sensor-Modul die Steuerung der opto­elektronischen Komponenten, die spektrale Messung sowie die Erfassung und Auswertung der Daten. Durch die Integration eines WiFi-Moduls soll das Sensor-Modul drahtlos mit einem Server kommunizieren, um über diesen komplexere Analysen durchzu­führen und um dort Messdaten zentral zu speichern. Mit Hilfe intelligenter Software und der Möglichkeit, Referenz­proben parallel auszulesen, könnte sich der Detektor-Array automatisch kalibrieren. Die hierfür erforderliche intelligente Elektronik entwickelt die Arbeitsgruppe von Klaus Thonke, Leiter der Gruppe Halbleiter­physik am Institut für Quanten­materie.

Für diese smarten, kompakten und vernetzten Biosensor-Module gibt es vielfältigste Anwendungs­felder in der Medizin, der Pharmazie und der Biotechno­logie, sind sich die Wissen­schaftler einig. Die Flexibilität und Multi­funktionalität des Mess­systems sowie seine hohe Sensitivität und Selektivität machen es zu einem idealen Diagnose­instrument in der personali­sierten Medizin und der patienten­nahen Labor­diagnostik. Bis dieser Hoch­leistungs-Biosensor im Miniatur­format den Beweis für seine Praxis­tauglichkeit antreten kann, werden allerdings noch zahl­reiche Experimente und Unter­suchungen notwendig sein.

U Ulm / RK

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