Pentaquarks - existieren sie wirklich?
Neue Experimente lassen Zweifel aufkommen, ob es die vor zwei Jahren entdeckten „Pentaquarks“ tatsächlich gibt. (aus: Physik in unserer Zeit)
Für viel Wirbel sorgte vor zwei Jahren die Entdeckung eines „Pentaquarks“, eines bis dahin unbekannten Teilchens, das aus vier Quarks und einem Antiquark besteht. Seitdem hat es jedoch Experimente gegeben, welche die Messung nicht bestätigen konnten. Physiker vom Jefferson-Laboratorium in den USA haben nun kürzlich die Ergebnisse eines Experimentes mit sehr hoher Statistik vorgestellt. Auch sie fanden das Pentaquark nicht. Gibt es das Teilchen also gar nicht?
Vor zwei Jahren veröffentlichte die LEPS-Kollaboration ihren ersten Hinweis auf ein Pentaquark (Θ +), das eine Masse von 1540 MeV besitzen sollte. Das war eine wissenschaftliche Sensation. Pentaquarks bestehen aus fünf Quarks, im Falle des Θ + aus zwei Up-, zwei Down- und einem Anti-strange-Quark. Im Rahmen der Quantenchromodynamic (QCD), der Theorie der Starken Wechselwirkung zwischen den Quarks, ist die Existenz solcher Teilchen zwar erlaubt, allerdings würde man erwarten, dass diese Gebilde in außerordentlich kurzer Zeit zerfallen. Überraschend war deshalb, dass die LEPS-Experimente für das Θ + eine etwa hundertmal größere Lebensdauer erbrachten als erwartet. Einige Theoretiker sagten zwar eine solch lange Lebenszeit für eine bestimmte Konfiguration der Quarks voraus, diese Rechnungen waren allerdings unter Kollegen umstritten.
In den letzten zwei Jahren bestätigten zehn andere Experimente die Beobachtung des Θ + – doch fanden genau so viele keinen Hinweis auf dieses Teilchen. Dies ist im Prinzip nicht weiter verwunderlich, da die verschiedenen Detektoren und untersuchten Teilchenreaktionen möglicherweise eine sehr unterschiedliche Sensitivität auf das Pentaquark haben können. Von verschiedenen Experimenten wurden zudem Hinweise auf weitere Pentaquarks mit einem unterschiedlichen Quarkaufbau gefunden. Wiederum konnte dies nicht von allen Experimenten bestätigt werden.
In dieser Situation, in der die Existenz der Pentaquarks von den Physikern weltweit diskutiert und hinterfragt wird, veröffentlichte im April dieses Jahres die CLAS-Kollaboration die Ergebnisse einer Analyse, in der speziell nach Pentaquarks gesucht wurde. Das Experiment befindet sich am Thomas-Jefferson-Laboratorium in Virginia, USA, und wurde speziell für die Suche nach Pentaquarks und möglichen angeregten Zuständen in Photon-Proton-Kollisionen konzipiert. Ziel war es, eine mindestens zehnmal höhere Datenmenge zu sammeln als mit bisherigen Experimenten. Etwa 70 Millionen Kollisionen hochenergetischer Photonen mit Energien von 1,6 bis 3,8 GeV mit Protonen wurden bis Januar 2005 aufgezeichnet. Das Ergebnis: Es fand sich kein Hinweis auf die Existenz des Pentaquark mit der entsprechenden Masse. Dieses Ergebnis fällt wegen der hohen Statistik schwer ins Gewicht.
Dies hat die Diskussion weiter entfacht. Es gibt Hinweise, dass Pentaquarks möglicherweise in bestimmten Reaktionen nicht produziert werden. So konnten sie beispielsweise in keinem der Experimente mit Elektron-Positron-Kollisionen beobachtet werden, ebensowenig wie in Experimenten mit hochenergetischen Kollisionen von Hadronen. Im Rahmen der QCD ist das schwer zu verstehen.
Derzeit vergleichen die Physiker weltweit ihre Ergebnisse und versuchen die unterschiedlichen und einander widersprechenden Daten miteinander in Einklang zu bringen. Auch die Theoretiker sind etwas im Zugzwang. So würde man beispielsweise in einem einfachen Quarkmodell erwarten, dass das Pentaquark eine positive Parität besitzt, Gitterrechnungen sagen eine negative Parität voraus.
Möglicherweise existieren Pentaquarks also gar nicht. Dann müsste man die vermeintlichen Beobachtungen der verschiedenen Experimente, die durchweg statistisch nicht unbedingt überzeugend waren, durch eine statistische Fluktuation erklären. Dies wiederum ist aufgrund der Vielzahl der Beobachtungen relativ unwahrscheinlich. Die Forscher suchen deshalb in ihren Analysen auch nach möglichen systematischen Fehlern.
Für die QCD wäre die Existenz des Pentaquarks jedenfalls ein Glücksgriff, da sie einzigartige Einblicke auf den Mechanismus der starken Wechselwirkung zuließe.
Thomas Ziegler, Princeton
Quelle: Physik in unserer Zeit, 4/2005, S. 157.
Weitere Infos:
- M. Battaglieri et al., Vortrag auf der Jahrestagung der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft, April 2005, Tampa, USA.
- T. Nakano et al., Phys. Rev. Lett. 2003, 91, 012002.
- UPDATE 7/7/2005: Higher Precision Analysis Doesn’t Yield Pentaquark
http://www.interactions.org/cms/?pid=1020874