24.11.2004

Perfekte Linsen

Karlsruher Forscher sind 'linkshändigen' Meta-Materialien für die Optik ein großes Stück näher gekommen.


Auf dem Weg zu "perfekten Linsen"


"Linkshändige" Meta-Materialien für die Optik in greifbarer Nähe

In der aktuellen Ausgabe der renommierten Wissenschaftszeitschrift "Science" beschreiben Physiker des Instituts für Nanotechnologie des Forschungszentrums Karlsruhe und des DFG-Centrums für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) der Universität Karlsruhe (TH) zusammen mit Wissenschaftlern aus den USA und Griechenland erstmalig künstliche Nanostrukturen, die eine magnetische Resonanz für hochfrequente elektromagnetische Wellen im Bereich von 100 Tera-Hertz aufweisen (Science, Vol. 306, 5700, S. 1351-1353). Diese Arbeit ist ein wichtiger Schritt zu so genannten Meta-Materialien mit negativem Brechungsindex, die "perfekte Linsen" für das nahe Infrarot und den sichtbaren Spektralbereich möglich machen könnten.


Ob Brille, Fotoobjektiv oder Mikroskop - sie alle enthalten Linsen, die dem Snelliusschen Brechungsgesetz gehorchen. Danach wird ein Lichtstrahl beim Übergang zwischen zwei verschiedenen Materialien, z.B. Luft und Glas, abgelenkt. Wie stark der Lichtstrahl gebrochen wird, hängt vom Brechungsindex der Substanzen ab. Alle natürlichen Materialien sind "rechtshändig", das heißt, ihr Brechungsindex ist positiv.

Obwohl bereits 1968 theoretisch vorhergesagt, konnten Wissenschaftler künstliche "linkshändige" Materialien erst 2001 herstellen. Aufgrund ihres negativen Brechungsindex lenken diese Meta-Materialien elektromagnetische Wellen gleichsam in die "falsche" Richtung ab. Dieser Effekt beschränkte sich bisher allerdings auf Mikrowellen mit Wellenlängen von mehreren Zentimetern. Mit ihren Forschungsergebnissen sind der Karlsruher Dr. Stefan Linden und seine Kollegen jetzt "linkshändigen" Meta-Materialien für kurzwelliges Infrarot- und sichtbares Licht mit Wellenlängen von etwa einem Mikrometer (= ein Tausendstel Millimeter) und darunter ein großes Stück näher gekommen.

Die Forscher konstruierten durch Elektronenstrahl-Lithografie regelmäßige Gitter aus Tausenden von winzigen Gold-Ringen mit einem feinen Schlitz. Diese nanoskaligen Strukturen stellen hochfrequente Schwingkreise dar. Wie in einem Radio regen elektromagnetische Wellen darin einen oszillierenden Ringstrom an. Einem Elektromagneten vergleichbar, erzeugt dieser Ringstrom ein Magnetfeld, das eine magnetische Resonanz zeigt - es schwingt mit derselben Frequenz wie das eingestrahlte Lichtfeld. Die Forscher konnten diesen Effekt bei einer Frequenz von 100 Tera-Hertz nachweisen, was einer Wellenlänge von drei Mikrometern entspricht. "In diesem Bereich zeigt unser System eine negative magnetische Permeabilität, die entscheidende Voraussetzung für linkshändige Meta-Materialien", erläutert Linden. Er sei optimistisch, dass auf Basis dieser Ergebnisse auch Strukturen für noch kleinere Wellenlängen möglich seien.


Winzige Goldringe mit schmalem Schlitz stellen hochfrequente Schwingkreise dar. Jeder der regelmäßig angeordneten Schwingkreise ist nur etwas mehr als 300 Nanometer breit.


Damit wären "linkshändige" Materialien nicht nur wissenschaftlich, sondern auch wirtschaftlich interessant. In "perfekten Linsen" könnten sie präzisere lithografische Verfahren z.B. in der Halbleiterindustrie ermöglichen oder als Bauteile in der Telekommunikation Verwendung finden. Für das Wissenschaftsmagazin Science waren diese zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten mit ein Grund, bereits im Dezember 2003 "linkshändige" Materialien - die zu dem Zeitpunkt nur für Mikrowellen existierten - zu einem der zehn wichtigsten wissenschaftlichen Durchbrüche des Jahres zu küren.

Das Forschungszentrum Karlsruhe ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,1 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.

Quelle: Gemeinsame Presseinformation des Forschungszentrums Karlsruhe mit dem DFG-Centrum für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) der Universität Karlsruhe (TH)

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