22.08.2016

Perlmutt aus der Retorte

Schnelles Syntheseverfahren liefert extrem bruchfestes Material nach biologischm Vorbild.

Biomate­rialien spielen eine Schlüssel­rolle bei der Entwicklung von künftigen Hoch­leistungswerk­stoffen. Vorbilder aus der Natur wie die Muschel­schale sind richtungs­weisend für chemische Her­stellungs­verfahren, wegen ihres komplexen Aufbaus aber häufig noch unerreicht. Chemikern der Uni­versität Konstanz ist es nun in Koope­ration mit der University of Science and Techno­logy of China in Hefei gelungen, die natürliche Perlmutt­struktur auf künst­lichem Wege herzustellen. Die Chemiker greifen für den Aufbau des herge­stellten Perlmutts auf die Original­komponenten Kalk, Chitin sowie Seidengel zurück und erreichen mit ihrem Verfahren denselben struk­turellen Aufbau und beinahe iden­tische Eigen­schaften wie das natürliche Bio­mineral.

Abb.: Querschnitt durch die Materialstruktur des künstlich hergestellten Perlmutts. (Bild: Hefei Nat. Lab)

Der Schlüssel für die Herstellung von Perlmutt, welches drei­tausendfach bruch­fester ist als der Kalk, aus dem es zu 95 Prozent besteht, liegt in der hierarchisch ange­ordneten Struktur seiner Bausteine auf Teilchen­ebene. Bisherige Ansätze, um künst­liches Perlmutt her­zustellen, versuchten diese Schicht­struktur nachzuahmen, konnten aber nicht den natürlichen Mine­ralisierungs­prozess erreichen, den viele Weich­tiere wie Perl­muscheln oder Schnecken für die Her­stellung von Perlmutt­schalen nutzen. Die Wissenschaftler um Helmut Cölfen kombinierten in ihrem neuen Ver­fahren einen konsekutiven Schichtungs- und Mine­ralisierungs­prozess bei Verwendung der natür­lichen Kompo­nenten von Perlmutt.

In einem meso­skopischen Ansatz kontrol­lierten sie dabei die Mineral­struktur im Nanometer­bereich und Mikrometer­bereich simultan. Die Wissen­schaftler erreichten damit ein Biomineral, das in seinen Material­eigenschaften fast identisch mit dem natür­lichen Perlmutt ist. Das Material ist hart, bruchfest und basiert – im Gegensatz zu den Ergeb­nissen bis­heriger Herstellungs­versuche – wie das originale Perlmutt auf einer wasser­unlöslichen Chitinstruktur.

„Im selben Herstellungs­verfahren können anstelle des spröden Ausgangs­materials Kalk auch hoch­wertigere Kompo­nenten verwendet werden. Das bedeutet, dass unser Fertigungs­prozess mit mechanisch besseren Mate­rialien als brüchigem Kalk zu zukünf­tigen Hoch­leistungs­materialien führen kann – basierend auf dem Design der Muschel­schale und bio­inspiriert“, sagt Helmut Cölfen. In einem Aspekt ist sein Herstellungs­verfahren der Natur sogar voraus: Es ist schneller. Die Entstehung von natür­lichem Perlmutt dauert Monate, in manchen Fällen sogar Jahre. Helmut Cölfens Verfahren verkürzt diese Dauer auf zwei Wochen.

U Konstanz / JOL

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