22.03.2023

Perowskite aus Algen

Algen und andere kalzitbildende einzellige Organismen eignen sich zur Herstellung von Perowskiten mit steuerbaren elektrooptischen Eigenschaften.

Perowskite sind Materialien, die aufgrund ihrer bemerkenswerten elektrischen, optischen und photonischen Eigen­schaften für eine Vielzahl von Anwendungen immer beliebter werden. Perowskite haben das Potenzial, die Bereiche Solar­energie, Sensorik und Detektion, Photo­katalyse sowie Laser und andere zu revolutionieren. Die Eigenschaften von Perowskiten lassen sich durch Veränderung ihrer chemischen Zusammen­setzung und ihrer inneren Architektur, einschließlich der Verteilung und Orientierung der Kristall­struktur, an bestimmte Anwendungen anpassen. Derzeit sind die Möglichkeiten zur Beeinflussung dieser Eigenschaften durch die Herstellungs­methoden stark eingeschränkt. Einem Forschungs­team der TU Dresden ist es gelungen, Perowskite mit einzigartigen Nano­architekturen und Kristall­eigenschaften aus Algen herzustellen und dabei die jahrelange Evolution dieser einzelligen Organismen zum Vorteil zu nutzen.

 

Abb.: Schalen von L.-granifera-Algen nach chemischer Transformation, abgebildet...
Abb.: Schalen von L.-granifera-Algen nach chemischer Transformation, abgebildet mit dem Elektronen­mikroskop (Bild: Kuhrts et al. / Adv. Sci. 2023)

„Einzellige Organismen haben über Hunderte von Millionen Jahren auf eine Vielzahl von Umweltfaktoren wie Temperatur, pH-Wert und mechanische Belastung reagiert. Dadurch haben sich einige von ihnen so entwickelt, dass sie absolut einzigartige Biomaterialien herstellen können, die nur in der Natur vorkommen", erklärt Igor Zlotnikov, Forschungsgruppenleiter am B CUBE – Center for Molecular Bioengineering, der die Studie leitete. „Mineralien, die von lebenden Organismen produziert werden, haben oft strukturelle und kristallographische Eigenschaften, die weit über die Produktionsmöglichkeiten heutiger Synthesemethoden hinausgehen.“

Das Team konzentrierte sich auf L. granifera, eine Algenart, die Kalzit zur Schalen­bildung verwendet. Ihre kugelförmigen Schalen weisen eine einzigartige Kristall­architektur auf. Die Kristalle sind radial ausgerichtet, sie wachsen also vom Zentrum der Kugel nach außen. „Mit den heutigen Herstellungs­methoden für Perowskite lassen sich solche Materialien nicht synthetisch herstellen. Wir können jedoch versuchen, die vorhandenen natürlichen Strukturen in funktionelle Materialien umzuwandeln und dabei ihre ursprüngliche Architektur zu erhalten", fügt Zlotnikov hinzu.

Um die natürlichen mineralischen Schalen der Algen in funktionelle Perowskite umzuwandeln, musste das Team chemische Elemente im Kalzit austauschen. Dazu adaptierten sie eine Methode, die von ihren Kooperations­partnern am AMOLF-Institut in Amsterdam entwickelt worden war. Während der Umwandlung konnten die Wissenschaftler verschiedene Arten von Kristall­architekturen erzeugen, indem sie die chemische Zusammen­setzung des Materials veränderten. Auf diese Weise konnten sie die elektro­optischen Eigenschaften fein abstimmen. Durch die Umwandlung der Kalzit­schalen in Bleihalogenide mit Jod, Bromid oder Chlorid konnte das Team funktionelle Perowskite herstellen, die so optimiert sind, dass sie nur rotes, grünes oder blaues Licht emittieren.

„Wir zeigen zum ersten Mal, dass Mineralien, die von einzelligen Organismen produziert werden, in technologisch relevante Funktions­materialien umgewandelt werden können. Anstatt mit der Natur zu konkurrieren, können wir von ihrer jahrelangen evolutionären Anpassung profitieren", sagt Zlotnikov. Die von seinem Team entwickelte Methode lässt sich in größerem Maßstab anwenden und eröffnet der Industrie die Möglichkeit, Algen und viele andere kalzit­bildende einzellige Organismen zur Herstellung funktionaler Materialien mit einzigartigen Formen und kristallo­graphischen Eigenschaften zu nutzen.

TU Dresden / DE

 

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