23.04.2009

Pfiffiger Nanoresonator

Über eine effiziente Methode zur Umwandlung von elektrischen in mechanische Schwingungen berichten Forscher der Universität München



Über eine effiziente Methode zur Umwandlung von elektrischen in mechanische Schwingungen berichten Forscher der Universität München

Nanoelektromechanische Systeme (NEMS) machen derzeit eine rasante Entwicklung durch. Das sind in Halbleiterchips integrierte mechanische Resonatoren, z. B. Mikrometer große Balken, die durch elektrische Spannungssignale zum Schwingen angeregt werden. Dabei nutzt man piezoelektrische, kapazitive, magnetische oder auch elektrothermische Kräfte, die auf die Balken wirken. Umgekehrt wirken die mechanischen Schwingungen der Balken auf die Eingangsspannung zurück, sodass man z. B. leichte Verstimmungen der Resonatoren, verursacht etwa durch anhaftende Moleküle, elektrisch nachweisen kann. Forscher der Universität München haben jetzt ein NEMS entwickelt, das mit elektrischen Dipolkräften arbeitet und sehr günstige mechanische und elektrische Eigenschaften hat.



Abb.: Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Nanobalkens (grün) aus Siliziumnitrid, der über Goldelektroden (gelb) auf einem Siliziumchip aufgehängt ist. (Bild: Quirin Unterreithmeier, LMU München)


Das Herzstück des von Jörg Kotthaus und seinen Mitarbeitern vorgestellten NEMS ist ein freistehender 30 bis 40 µm langer Balken aus Siliziumnitrid von 200 nm Breite und 100 nm Dicke, der an beiden Enden auf dem Chip befestigt ist. Die Eigenfrequenz des Balkens lag bei etwa 7 MHz, seine Güte erreichte einen Wert von 150000. Bei den bisher genutzten elektrischen Anregungsmechanismen mussten den Schwingungsbalken meist zusätzliche Komponenten beigefügt werden, wie elektrische Kontakte oder piezoelektrische Elemente,  die die mechanischen Eigenschaften der Resonatoren beeinträchtigten. Beim Münchner NEMS ist der Balken monolithisch, also gewissermaßen aus einem Guss.

Angeregt wird der Balken durch elektrische Dipolkräfte. Dazu wurden streifenförmige Goldelektroden rechts und links unterhalb des Balkens auf das Chipsubstrat aufgebracht. An die einander gegenüberliegenden Elektroden wurde eine Gleichspannung von einigen Volt angelegt, die das nichtleitende Material das Balkens elektrisch polarisierte. Daraufhin wirkte eine statische Dipolkraft auf den Balken, die ihn in vertikaler Richtung auslenkte. In ähnlicher Weise wird ein aus dem Wasserhahn fließender Wasserstrahl von einem elektrisch geladenen Kamm abgelenkt. Wurde nun zusätzlich eine schwache elektrische Wechselspannung von weniger als 1 mV an die Goldelektroden gelegt, so konnte sie dank der starken elektrischen Polarisation des Balkens eine merkliche Wirkung entfalten und den Balken zu Schwingungen anregen.

Die Balkenschwingungen wurden durch optische Interferometrie beobachtet, die so empfindlich war, dass man mit ihr die Brownsche Bewegung des Balkens nachweisen konnte. Die Eigenfrequenz des Balkens hing nicht nur von seinen mechanischen Eigenschaften ab sondern auch von seiner elektrischen Polarisation und damit von der angelegten Gleichspannung. Um die jeweilige Eigenfrequenz zu ermitteln, veränderten die Forscher die elektrische Anregungsfrequenz und beobachteten mit dem Interferometer, bei welcher Frequenz der Balken in Resonanz geriet. Die Breite der Resonanz betrug nur etwa 100 Hz, doch ihre Lage ließ sich mit Hilfe der angelegten Gleichspannung über einen mehr als tausendmal größeren Bereich variieren!

Wenn der Balken stark genug angeregt wurde, zeigten seine Schwingungen ein deutlich nichtlineares Verhalten und es konnte parametrische Resonanz auftreten. Dazu regten die Forscher den mechanischen Resonator mit einer Frequenz an, die doppelt so groß war wie die Resonanzfrequenz. Es kam zu einer Instabilität, bei der der Balken selbsterregt weiter schwang, auch wenn die Wechselspannung abgeschaltet worden war.

Umgekehrt verursachte der polarisierte Balken durch seine Schwingungen eine elektrische Wechselspannung zwischen den Goldelektroden. Auf diese Weise ließen sich Schwingungsamplituden von weniger als einem Nanometer elektrisch nachweisen. Die Forscher räumen zwar ein, dass andere elektromechanische Wandler bislang eine größere Empfindlichkeit haben, doch der einfache Aufbau des neuen NEMS lässt noch viel Spielraum für weitere Verbesserungen. So kann der Schwingungsbalken auch aus einer Vielzahl anderer polarisierbarer Materialien hergestellt werden. Außerdem ließen sich die neuen Resonatoren problemlos in großer Zahl auf einem Chip integrieren und mit unterschiedlich abgestimmten Resonanzfrequenzen parallel betreiben. Der Anwendung in der Signalverarbeitung und der Sensorik werden damit vielfältige Möglichkeiten eröffnet.

RAINER SCHARF


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