20.11.2014

Philae: Dreiklang aus dem All

Forscher verschiedener Instrumente präsentieren weitere vorläufige Analysen von Daten des Rosetta-Landers.

Es ist ein kurzer, aber bedeutender „Rumms“, den das Instrument CASSE bei der ersten Landung von Philae auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko aufzeichnete – das Zwei-Sekunden-Stück aus dem All dokumentiert nicht weniger als den allerersten weichen Bodenkontakt eines menschengemachten Objekts mit einem Kometen. Die Sensoren sitzen in allen drei Füßen des Landers und lauschten am 12. November 2014 bereits im Anflug auf den Kometen. „Es war ein komplizierter Bodenkontakt, aber wir können die Daten wissenschaftlich auswerten“, sagt Martin Knapmeyer, Geophysiker am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Mitglied im CASSE-Team.

Der Dreiklang der Lander-Füße ist für die Forscher aufschlussreicher, als es sich für den Laien anhört: „Erst setzt Lander Philae auf einer mehreren Zentimeter dicken, weichen Schicht auf, dann treffen die Füße einige Millisekunden später auf eine harte, vielleicht eisige Schicht auf 67P/Chur­yumov-Gera­simenko“, erläutert DLR-Forscher Klaus Seidensticker, der für das komplette Surface Electric Sounding and Acoustic Monitoring Experiment (SESAME) zuständig ist, zu dem auch CASSE gehört.

Während der Abstiegsphase hatte das Cometary Acoustic Surface Sounding Experiment zunächst die Vibrationen des Schwungrads wahrgenommen, das für einen stabilen Flug sorgte. Nach dem ersten Boden­kontakt prallte Philae wieder ab, weil die Harpunen zur Verankerung nicht ausgelöst wurden. „Aus unseren Daten können wir lesen, dass unmittelbar nach dem ersten Abprallen um 16:34:04 Uhr mitteleuropäischer Zeit innerhalb von dreißig Minuten keine zweite Landung stattfand“, erläutert Planeten­forscher Knapmeyer vom DLR. Gemeinsam beispielsweise mit den Daten des ROMAP-Instruments zeigte die Daten-Auswertung noch in der Nacht vom 12. auf den 13. November, dass Philae nach dem ersten Touchdown nicht unverzüglich wieder auf den Kometen­boden zurücksank.

Insgesamt drei Mal landete Philae, bis er dann um 18.31 Uhr auf der Kometenoberfläche stehenblieb und die nächsten Messungen beginnen konnten. So „hörte“ CASSE auch das Hämmern der Thermalsonde MUPUS. Vermutlich wackelte der Lander bei diesem Hämmern leicht und bekam mit verschiedenen Sohlen Kontakt zum Boden, denn das MUPUS-Signal wurde nicht in allen Füßen gleichzeitig von CASSE registriert.

Auch die beiden Instrumente DIM und PP des SESAME-Experiments konnten während den mehr als sechzig Stunden Betrieb von Philae messen und Daten zur Erde senden. Die Daten des Dust Impact Monitor lassen nach ersten Auswertungen darauf schließen, dass 67P an der Landestelle am Rande eines Kraters derzeit nicht aktiv ist - die Wissenschaftler konnten kein einziges Teilchen feststellen. Dies bedeutet, dass sich in der unmittelbaren Umgebung des Kometen wohl nur wenige aufgewirbelte Staub­partikel befinden. Die Permittivity Probe (PP) schickte von einer der Fußsohlen Wechselströme unterschiedlicher Frequenz durch den Kometenboden und konnte feststellen, dass sich zumindest unter einem Teil von Philae eine größere Menge Wassereis befindet.

Als am 12. November 2014 im Lander-Kontrollzentrum bereits kurz nach dem ersten Aufsetzen klar war, dass die Harpunen den Lander nicht verankert hatten und Philae sehr wahrscheinlich abgeprallt war, befürchtete DLR-Forscher Klaus Seidensticker zunächst einen ungünstigen Ausgang der Mission. „Aber jetzt haben wir viel mehr Messdaten, als ich mir zu diesem Zeitpunkt auch nur erhofft hatte.“

Abb.: Darstellung des Landers Philae mit seinen Geräten auf der mutmaßlichen Kometenoberfläche (Bild: ESA)

So auch beim Team des Alpha-Röntgen-Spektrometer aus Mainz. Nach bisherigem Erkenntnis­stand funktionierte APXS nach der endgültigen Landung von Philae wie erwartet. „Wir haben den Stromverbrauch und andere Parameter gemessen und können daraus schließen, dass alle Schritte wie geplant abgelaufen sind", teilt Göstar Klingelhöfer von der Johannes Gutenberg-Universität mit. Demnach ist APXS etwa 30 bis 40 Zentimeter ausgefahren und hat Messungen vorgenommen. „Wir haben viel investiert, damit wir das Instrument absetzen können, und hatten große Bauchschmerzen, ob der Bewegungs­mechanismus funktionieren würde. Umso mehr haben wir uns gefreut, als die ersten Daten kamen“, so Klingelhöfer.

Das Alpha-Röntgen-Spektrometer, das am Institut für Anorganische Chemie und Analytische Chemie der JGU und dem MPI für Chemie in Mainz entwickelt wurde, sollte direkt auf der Oberfläche des Kometen Untersuchungen vornehmen. Durch die Bestrahlung der Oberfläche mit Alpha­teilchen und Röntgen­strahlen und der Messung der Rückstreuung der Teilchen können die Wissen­schaftler die chemische Zusammensetzung des Materials ableiten und unter anderem das Vorkommen der wichtigen Elemente Kohlen­stoff und Sauer­stoff bestimmen.

Unklar ist derzeit, was das APXS genau gemessen hat. „Wir kennen die aktuelle Position des APXS nicht, nehmen aber an, dass möglicher­weise Kometen­staub in das Gerät eingedrungen ist“, so Klingel­höfer. Der Austausch mit den anderen Teams der Mission wird hier in den nächsten Wochen und Monaten Aufklärung bringen, sodass hoffentlich ein Gesamtbild über die Lage und Position des Landers und schließlich auch über die Situation auf dem Kometen entsteht. Zunächst werden Klingel­höfer und sein Team die Daten analysieren. Und falls sich die Solarbatterie von Philae auflädt, wenn sich Tschur­jumow-Gerasi­menko der Sonne nähert, könnten vielleicht weitere Messungen folgen.

DLR / JGU / OD

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