Phobos-Grunt: Rücksturz zur Erde
Fraunhofer-Forscher verfolgen den bevorstehenden Absturz der russischen Marssonde mit ihrer Radaranlage.
Abb.: Die Tira-Aufnahmen von Phobos-Grunt zeigen deutlich den Tankring (unten) und die entfalteten Solarpaneele (Mitte; Bild: Fraunhofer FHR)
Erneut steht der Absturz eines großen Raumfahrzeugs bevor. Fraunhofer-Forscher prognostizieren einen Wiedereintritt der havarierten Marssonde Phobos-Grunt zwischen dem 15. und dem 17. Januar 2012. Auch hier kommt – wie beim Absturz des Satelliten Rosat – das Weltraumbeobachtungsradar Tira (Tracking and Imaging Radar) des Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR zum Einsatz. Die russische Sonde startete am 9. November 2011 in Baikonur, sollte auf dem Marsmond Phobos landen und dort Bodenproben nehmen. Allerdings scheiterte das Verlassen der Erdumlaufbahn.
Nach den glimpflich verlaufenen Abstürzen der Satelliten UARS und Rosat im letzten Jahr sind auch jetzt weltweit Forschungs- und Raumfahrtorganisationen damit beschäftigt, eine genaue Absturzprognose zu liefern. Ludger Leushacke, Leiter der FHR-Abteilung „Radar zur Weltraumbeobachtung“, konkretisiert die Gefahr, die von der Sonde ausgeht: „An Bord befinden sich 11 Tonnen des Treibstoffes Hydrazin, welcher giftig und leicht entzündlich ist.“ Er geht jedoch davon aus, dass das flüssige Hydrazin beim Eintritt in die Erdatmosphäre verbrennt und damit keine Gefahr für die Menschen darstellet. Bei der Größe der Sonde und ihrer Masse von 13 Tonnen können jedoch auch deren Einzelteile auf der Erdoberfläche auftreffen.
Aus diesem Grund ist es umso wichtiger möglichst genau den Absturzort und -zeitpunkt zu kennen. Für die Wiedereintrittsprognose sind drei Faktoren wichtig: Hochpräzise Bahndaten, die Masse und angeströmte Fläche des Objekts und die Dichte der Hochatmosphäre, die maßgeblich von der momentanen Sonnenaktivität abhängt.
Abb.: Die „Kugel“ – der mit 49 Metern Durchmesser weltweit größte Radom – dominiert die Silhouette des Fraunhofer FHR auf dem Wachtberg nahe Bonn-Bad Godesberg. (Bild: Fraunhofer FHR)
Die Forscher des Fraunhofer FHR können mit Hilfe des Weltraumbeobachtungsradars Tira die Bahn und die angeströmte Fläche bestimmen. Bei 16 Erdumläufen pro Tag kommt das Objekt drei bis fünf Mal pro Tag in den Erfassungsbereich der Antenne. Bei einer Messung arbeiten zwei verschiedene Radarsysteme gleichzeitig, die im Weltraumbeobachtungssystem integriert sind. Das Zielverfolgungsradar vermisst präzise die Bewegung des Objekts auf seiner Umlaufbahn, das Zielabbildungsradar bildet es ab. Die Forscher können anhand dieser Bildfolgen feststellen, ob Teile abgebrochen sind oder ob sich die Sonde in einer Taumelbewegung befindet und damit die angeströmte Fläche berechnen. Nach aktuellen Schätzungen des Fraunhofer FHR tritt Phobos-Grunt zwischen dem 15. und 17. Januar in die Erdatmosphäre ein. Der Absturzort ist allerdings noch ungewiss. Er liegt irgendwo zwischen dem 51. Breitengrad Nord (Linie Essen-Kassel-Leipzig) und dem 51. Breitengrad Süd und lässt sich erst einige Stunden vor dem eigentlichen Absturz genauer eingrenzen.
Dennoch ist die Gefahr für Menschen nur sehr gering. Denn bei einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 100.000.000.000 von Weltraumschrott getroffen zu werden, ist es zum Beispiel eine Millionen Mal wahrscheinlicher im Haushalt ums Leben zu kommen.
FhG / OD