20.05.2014

Photon-Photon-Collider zur Beobachtung des Breit-Wheeler-Effekts

Britisch-Deutsches Team schlägt vor, mit gepulster Bremsstrahlung Licht in Materie umzuwandeln.

Vor achtzig Jahren hatten Gregory Breit und John Wheeler berechnet, wie aus reinem Licht Materie entstehen kann. Der Breit-Wheeler-Effekt, bei dem durch Kollision zweier Photonen ein Elektron-Positron-Paar entsteht, ist der Umkehrprozess der Paarvernichtung. Ganz ohne Zugabe von Materie konnte dieser Effekt bisher nicht nachgewiesen werden. Doch jetzt haben Physiker in London ein realistisches Experiment vorgeschlagen, durch das dieser Nachweis gelingen könnte.

Abb.: Im vorgeschlagenen Photon-Photon-Collider entstehen beim Aufprall von GeV-Elektronen auf ein Gold-Target neben Bremsstrahlung auch unerwünschte Elektron-Positron-Paare, die ein Magnetfeld herausfiltert. Die Gamma-Photonen der Bremsstrahlung gelangen in einen Hohlraum, wo sie mit denen der Hohlraumstrahlung durch den Breit-Wheeler-Effekt Elektron-Positron-Paare erzeugen. (Quelle: O. J. Pike et al. / NPG)

Die Forscher um Oliver Pike und Steven Rose vom Imperial College in London und Felix Mackenroth vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg wollen den Breit-Wheeler-Effekt mit gepulster Bremsstrahlung nachweisen, die in einen mit intensiver Strahlung gefüllten Hohlraum eintritt. Wie Computersimulationen gezeigt haben, würden mit jedem Strahlungspuls durch Photonenkollision Tausende von Elektron-Positron-Paaren erzeugt. Geeignete Hohlräume und die benötigte kurzwellige Strahlung für dieses Schlüsselexperiment liegen im Bereich des Machbaren.

Bei ihren Berechnungen konnten die Forscher auf die Erfahrungen zurückgreifen, die man bisher bei der Erzeugung von intensiver Bremsstrahlung und der Umwandlung von Licht in Materie gemacht hatte. Aus Gründen der Impulserhaltung kann sich ein einzelnes Photon nicht in ein Elektron-Positron-Paar umwandeln, auch wenn seine Energie größer ist als die Ruheenergie des Paares. Doch in der Nähe eines Atomkerns, der die Impulsdifferenz aufnimmt, ist die Umwandlung möglich. Diese von Bethe und Heitler 1934 vorhergesagte Paarerzeugung ist intensiv erforscht worden.

Ebenfalls 1934 hatten Breit und Wheeler berechnet, dass es auch durch Kollision zweier Photonen mit ausreichender Energie zur Paarerzeugung kommen kann. Für den zugehörigen Wirkungsquerschnitt erhielten sie jedoch nur etwa 10–29 m2, sodass ein experimenteller Nachweis des Effektes angesichts der dafür nötigen extrem hohen Photonendichten lange Zeit unmöglich schien. In der Hochenergieastrophysik spielt er indes eine wichtige Rolle.

Der Stanford Linear Accelerator Center konnte 1999 den Breit-Wheeler-Effekt in modifizierter Form beobachten, indem man dort Elektronen mit 46,6 GeV in einen intensiven Laserstrahl schoss. Compton-Streuung an den Elektronen brachte die Laserphotonen auf so hohe Energien, dass es anschließend durch ihre nichtlineare Wechselwirkung mit dem Laserfeld zur Paarerzeugung kam. Dabei zählte man etwa hundert Positronen.

Zur völlig „materiefreien“ Umwandlung von Licht in Elektron-Positron-Paare macht das britisch-deutsche Forscherteam jetzt folgenden Vorschlag. Zunächst wird ein gepulster Strahl von Elektronen mit einer Energie von zirka 2 GeV auf ein Gold-Target geschossen. Dabei entsteht nicht nur scharf gebündelte und intensive Bremsstrahlung, sondern es kommt auch zur Paarerzeugung nach Bethe und Heitler. Die entstehenden Elektronen und Positronen werden mit einem Magnetfeld abgelenkt, sodass reine Bremsstrahlung in Form von Gamma-Photonen ihren Weg fortsetzen und in einen zentimetergroßen Strahlungshohlraum gelangen kann, der die Form einer zylindrischen Röhre hat.

Im Hohlraum befindet sich ein Strahlungsfeld mit einer Temperatur von kT = 200 eV (also mehr als 106 K), das durch intensive Laserstrahlung erzeugt wurde. Die Photonen der Hohlraumstrahlung und die Gamma-Photonen der Bremsstrahlung wechselwirken nichtlinear und können Elektron-Positron-Paare erzeugen. Die geladenen Teilchen werden von einem Magnetfeld abgelenkt und schließlich detektiert.

Für die gegenwärtig erreichbaren Intensitäten und Energien der gepulsten Bremsstrahlung und der Hohlraumstrahlung errechnen die Forscher, dass pro Puls zwischen 1000 und 100.000 Teilchenpaare entstehen. Sie sind deshalb zuversichtlich, dass ein Nachweis des Breit-Wheeler-Effekts schon mit der vorhandenen Technik gelingt. Zudem könnte man so auch die elastische Photonenstreuung untersuchen, bei der es nicht zur Paarerzeugung kommt. Die elastische Photonenstreuung spielt eine wichtige Rolle in der Quantenelektrodynamik, ihr experimenteller Nachweis steht indes noch aus.

Rainer Scharf

OD

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