08.03.2024

Photonen als fliegende Qubits

Neues Verfahren soll den stabilen Informationsaustausch im Quantencomputer ermöglichen.

Der Quantencomputer gilt als nächster großer Evolutions­schritt der Informations­technologie: Er soll Rechenprobleme lösen, zu denen unsere heutigen Computer schlichtweg nicht in der Lage wären oder sehr lange bräuchten. Weltweit arbeiten Forschungs­gruppen daran, den Quantencomputer real werden zu lassen. Das ist alles andere als einfach, denn allein schon die Grundbausteine dieses Computers, die Quantenbits oder Qubits, sind äußerst fragil. Eine Variante von Qubits besteht aus dem Eigendreh­impuls eines einzelnen Elektrons. Schwer genug, ein so fragiles System intakt zu halten. Noch schwieriger wird es, zwei oder mehrere dieser Qubits miteinander zu verschalten. Doch es kann gelingen, einen stabilen Informations­austausch zwischen Qubits zu erreichen.

Abb.:  Illustration eines Quantensystems, welches mit einem Resonator...
Abb.: Illustration eines Quantensystems, welches mit einem Resonator wechselwirkt. Zusätzlich wird das Quantensystem durch ein Kontrollfeld eines grünen Lasers angesteuert.
Quelle: B. Tissot

Die beiden Konstanzer Physiker Benedikt Tissot und Guido Burkard entwickelten nun ein theoretisches Modell, wie der Informations­austausch zwischen Qubits gelingen könnte, indem Photonen als Transport­mittel der Quanten­information genutzt werden. Die Grundidee: Der Informationsgehalt im Elektronen­spin-Zustand des materiellen Qubits wird in ein fliegendes Qubit, genauer in ein Photon, umgewandelt. Der besondere Clou in ihrem Modell: Für den Umwandlungs­prozess des Qubits in ein Photon werden stimulierte Raman-Emissionen genutzt – ein Verfahren, das mehr Kontrolle über die Photonen erlaubt. „Wir schlagen einen Paradigmen­wechsel von der Optimierung der Steuerung bei der Erzeugung des Photons zur direkten Optimierung des zeitlichen Verlaufs des Lichtpulses beim fliegenden Qubits vor“, sagt Guido Burkard.

Benedikt Tissot vergleicht das grundlegende Verfahren mit dem Internet: „Beim klassischen Computer haben wir unsere Bits, diese sind auf einem Chip in Form von Elektronen kodiert. Wenn wir Informationen über lange Distanzen verschicken wollen, wird der Informations­gehalt der Bits in ein Lichtsignal umgewandelt, das durch optische Kabel geleitet wird.“ Beim Informations­austausch zwischen Qubits im Quanten­computer ist das Grundprinzip ganz ähnlich: „Auch hier müssen wir die Information in Zustände umwandeln, die man gut übertragen kann – und dafür bieten sich Photonen an“, so Tissot. 

„Dabei gibt es Aspekte, die man beachten muss“, fährt Tissot fort: „Wir möchten steuern, in welche Richtung die Information fließt – wann, wie schnell und wohin. Deswegen brauchen wir ein System, mit dem wir Kontrolle ausüben können.“ Diese Kontrolle bietet das Verfahren mittels Resonator-erweiterter, stimu­lierter Raman-Emissionen. Hinter diesem Begriff steckt ein Drei-Level-System, welches zu einem mehrstufigen Verfahren führt. Diese Stufen bieten den Physikern Kontroll­möglichkeiten über das entstehende Photon. „Wir haben hier mehr Knöpfe, die wir bedienen können, um das Photon zu steuern“, veranschaulicht Tissot. Dass stimulierte Raman-Emissionen zum direkten Versand von Qubit-Zuständen eingesetzt werden, ist ungewöhnlich. Das neue Verfahren könnte es ermöglichen, zwischen den Folgen von Störeffekten der Umgebung und unerwünschten Neben­effekten schneller Änderungen des zeitlichen Verlaufs des Lichtpulses zu balancieren, sodass der Informations­transport akkurater implementiert werden kann.

U. Konstanz / JOL

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