Photonen als fliegende Qubits
Neues Verfahren soll den stabilen Informationsaustausch im Quantencomputer ermöglichen.
Der Quantencomputer gilt als nächster großer Evolutionsschritt der Informationstechnologie: Er soll Rechenprobleme lösen, zu denen unsere heutigen Computer schlichtweg nicht in der Lage wären oder sehr lange bräuchten. Weltweit arbeiten Forschungsgruppen daran, den Quantencomputer real werden zu lassen. Das ist alles andere als einfach, denn allein schon die Grundbausteine dieses Computers, die Quantenbits oder Qubits, sind äußerst fragil. Eine Variante von Qubits besteht aus dem Eigendrehimpuls eines einzelnen Elektrons. Schwer genug, ein so fragiles System intakt zu halten. Noch schwieriger wird es, zwei oder mehrere dieser Qubits miteinander zu verschalten. Doch es kann gelingen, einen stabilen Informationsaustausch zwischen Qubits zu erreichen.
Die beiden Konstanzer Physiker Benedikt Tissot und Guido Burkard entwickelten nun ein theoretisches Modell, wie der Informationsaustausch zwischen Qubits gelingen könnte, indem Photonen als Transportmittel der Quanteninformation genutzt werden. Die Grundidee: Der Informationsgehalt im Elektronenspin-Zustand des materiellen Qubits wird in ein fliegendes Qubit, genauer in ein Photon, umgewandelt. Der besondere Clou in ihrem Modell: Für den Umwandlungsprozess des Qubits in ein Photon werden stimulierte Raman-Emissionen genutzt – ein Verfahren, das mehr Kontrolle über die Photonen erlaubt. „Wir schlagen einen Paradigmenwechsel von der Optimierung der Steuerung bei der Erzeugung des Photons zur direkten Optimierung des zeitlichen Verlaufs des Lichtpulses beim fliegenden Qubits vor“, sagt Guido Burkard.
Benedikt Tissot vergleicht das grundlegende Verfahren mit dem Internet: „Beim klassischen Computer haben wir unsere Bits, diese sind auf einem Chip in Form von Elektronen kodiert. Wenn wir Informationen über lange Distanzen verschicken wollen, wird der Informationsgehalt der Bits in ein Lichtsignal umgewandelt, das durch optische Kabel geleitet wird.“ Beim Informationsaustausch zwischen Qubits im Quantencomputer ist das Grundprinzip ganz ähnlich: „Auch hier müssen wir die Information in Zustände umwandeln, die man gut übertragen kann – und dafür bieten sich Photonen an“, so Tissot.
„Dabei gibt es Aspekte, die man beachten muss“, fährt Tissot fort: „Wir möchten steuern, in welche Richtung die Information fließt – wann, wie schnell und wohin. Deswegen brauchen wir ein System, mit dem wir Kontrolle ausüben können.“ Diese Kontrolle bietet das Verfahren mittels Resonator-erweiterter, stimulierter Raman-Emissionen. Hinter diesem Begriff steckt ein Drei-Level-System, welches zu einem mehrstufigen Verfahren führt. Diese Stufen bieten den Physikern Kontrollmöglichkeiten über das entstehende Photon. „Wir haben hier mehr Knöpfe, die wir bedienen können, um das Photon zu steuern“, veranschaulicht Tissot. Dass stimulierte Raman-Emissionen zum direkten Versand von Qubit-Zuständen eingesetzt werden, ist ungewöhnlich. Das neue Verfahren könnte es ermöglichen, zwischen den Folgen von Störeffekten der Umgebung und unerwünschten Nebeneffekten schneller Änderungen des zeitlichen Verlaufs des Lichtpulses zu balancieren, sodass der Informationstransport akkurater implementiert werden kann.
U. Konstanz / JOL