Photonen im Paartanz
Erstmals Produktion identischer Photonen für Quantennetzwerke und Quantencomputer auf Knopfdruck gelungen.
Im Unterschied zu den beiden Nobelpreisträgern des letzten Jahres, Serge Haroche und David Wineland, setzen Sven Höfling, Christian Schneider und Martin Kamp am Lehrstuhl für Technische Physik der Universität Würzburg auf Photonen und Halbleiterstrukturen. Damit seien sie einer technischen Umsetzung näher als ihre preisgekrönten Kollegen, die mit Atomen und Ionen arbeiten, hofft Höfling.
Abb.: Durch resonante Anregung senden Halbleiterquantenpunkte auf Knopfdruck ununterscheidbare Photonen aus. (Bild: JMU)
Quantennetzwerke, in denen Lichtteilchen Informationen transportieren, benötigen dafür ganz spezielle Photonen: Diese müssen in sämtlichen ihrer physikalischen Eigenschaften absolut identisch sein. So lassen sich Quantenspeicher über weite Entfernungen miteinander verschränken und somit für die Datenverarbeitung und den Datentransfer nutzen.
Solche Photonen quasi auf Knopfdruck, in großer Zahl und in der gewünschten Qualität herzustellen, ist jetzt einem international zusammengesetzten Team von Wissenschaftlern gelungen. Während die optischen Experimente im chinesischen Hefei stattfanden, haben Höfling und seine Mitarbeiter bei der Planung mitgewirkt, die notwendigen Quantensysteme maßgeschneidert und realisiert, und im Anschluss die Daten analysiert.
„Uns ist es gelungen, Photonen zu produzieren, die bis zu einem Grad von 97 Prozent ununterscheidbar waren“, beschreibt Höfling das Ergebnis dieser Experimente. Damit hätten sie eine Qualität erreicht, wie sie zuvor nur mit Atomen und Ionen zu erreichen gewesen war. Produziert wurden diese Photonen von Quantenpunkten, die das Würzburger Forscherteam zuvor im Mikrostrukturlabor der Universität hergestellt hatte.
Quantenpunkte liefern auf einen optischen Impuls mit einem Laser hin deterministisch angeregt einzelne Photonen. Die Schwierigkeit dabei: „In einem Festkörper sind die einzelnen Quantensysteme starken Wechselwirkungen ausgesetzt, die als Störungen wirken“, sagt Sven Höfling. „Und solche Störungen, die wir durch das optische Anregungsschema minimiert haben, sind dafür verantwortlich, dass die ausgestrahlten Photonen eben nicht absolut identisch sind“, so der Physiker weiter.
Mit Laserpulsen einer exakt definierten Länge haben Physiker in den chinesischen Labors den Quantenpunkt aus Würzburg deterministisch in einen angeregten Zustand versetzt und somit die Emission von Photonen in Gang gesetzt. Jeweils zwei von ihnen wurden anschließend an einem Strahlteiler überlagert. Mit Hilfe weiterer optischer Komponenten wurde anschließend das „kontrollierte NOT-Gatter“ als universelles Quantengatter eingesetzt. „Damit lassen sich optische Quantencomputer aufbauen und verschränkte Zustände erzeugen“, sagt Höfling.
Ob die von ihnen erzeugten Photonen tatsächlich ununterscheidbar sind, haben die Wissenschaftler mit folgendem Experiment untersucht: Treffen zwei Photonen gleichzeitig auf Strahlteiler, existieren prinzipiell vier Reaktionsmöglichkeiten: Beide werden reflektiert, beide wandern unverändert hindurch, jeweils eines wird abgelenkt, das andere aber nicht. Dies gilt für konventionelle Photonen. Sind die zwei Photonen aber ununterscheidbar, so beobachtet man nur zwei Reaktionsmöglichkeiten: Entweder werden beide reflektiert oder es wandern beide ohne Ablenkung durch den Strahlteiler hindurch. Wegen der Ununterscheidbarkeit der Photonen werden die anderen durch Quanteninterferenzeffekte ausgelöscht.
Höfling sieht im Erfolg dieses Experiments einen wichtigen Schritt hin zu Quantennetzwerken und Quantencomputern – vor allem im Zusammenhang mit einem Forschungsergebnis eines Forscherteams mit Würzburger Beteiligung aus dem vergangenen Jahr. Damals ist es den Physikern gelungen, den Elektronenspin mit Photonen zu verschränken. Die Messung des Spinzustandes des Elektrons gibt somit sofort Auskunft über den Polarisationszustandes des Photons, da die beiden quantenmechanisch miteinander verknüpft sind. Umgekehrt kann bei bekanntem Polarisationszustand des Photons unmittelbar auf den Spinzustand des Elektrons geschlossen werden. Die Kombination beider Forschungsergebnisse biete nun die Chance, Quantennetzwerke aufzubauen, die die Kommunikationstechnologie und den Bau von Computern revolutionieren könnte.
JMU / OD