Photonen zerstörungsfrei messen
Mit einem speziellen Resonator können französische Physiker ein Photon für gut eine zehntel Sekunde einfangen und den Quantenzustand viele Male hintereinander messen.
Mit einem speziellen Resonator können französische Physiker ein Photon für gut eine zehntel Sekunde einfangen und den Quantenzustand viele Male hintereinander messen.
Wenn Photodetektoren ein Lichtteilchen und dessen Zustand bestimmen, zerstören sie dieses unweigerlich. Genau diesen Nachteil konnten nun französische Physiker aus dem Weg räumen. Mit einem speziellen Resonator fingen sie ein Photon für gut eine zehntel Sekunde ein und konnten den Quantenzustand viele Male hintereinander messen. Dieses Experiment, das große Bedeutung für das wachsende Feld der Quanteninformation haben könnte, stellen sie in der Zeitschrift „Nature“ vor.
„Standard-Photodetektoren absorbieren Licht und können dadurch kein Lichtteilchen zweimal nachweisen“, schreiben Sébastien Gleyzes und seine Kollegen vom Laboratoire Kastler Brossel an der Ecole Normale Supérieure in Paris. Daher entwickelten sie eine Art transparenten Lichtdetektor, durch den weder der Quantenzustand noch das Photon selbst zerstört wurde. Dieser besteht aus einem Mikrowellen-Resonator, der auf unter ein Kelvin abgekühlt wird. In diesem liegen zwei gewölbte Kupferspiegel gegenüber, die mit einer supraleitenden Schicht aus Niob beschichtet wurden. In dieser Photonenfalle konnten die Forscher ein Lichtteilchen für etwa 0,129 Sekunden speichern.
Zur Messung des Quantenzustands des Photons schickten Gleyzes und Kollegen einen feinen Strahl aus Rubidium-Atomen durch diesen Mikrowellenresonator. Ist in diesem ein Photon gespeichert, tritt dessen elektrisches Feld in Wechselwirkung mit den Atomen. Dadurch verändert sich der Quantenzustand des Atoms, der hinter der Photonenfalle mit einem so genannten Ramsey-Interferometer nachgewiesen werden kann. Ein und dasselbe Photon konnte so mit vielen hundert, durchlaufenden Rubidiumatomen mehrmals hintereinander nachgewiesen werden, ohne selbst absorbiert zu werden. So bestimmten die Forscher die Amplitude der entsprechenden Lichtwelle exakt, wogegen die Phase gleichzeitig aufgrund der Heisenbergschen Unschärfe nicht gemessen werden konnte.
Abb.: In dem Mikrowellen-Resonator liegen zwei gewölbte Kupferspiegel gegenüber, die mit einer supraleitenden Schicht aus Niob beschichtet wurden. Darin lassen sich Photonen für rund eine zehntel Sekunden speichern. Das kleine Bild zeigt das Innere des Resonators. (Quelle: Michel Brune)
„Diese erfolgreiche Demonstration einer zerstörungsfreien Quantenzustandsmessung eines einzelnen Photons hat signifikante Auswirkungen auf das sich rasant entwickelnde Felder des Quantencomputings“, schreibt Ferdinand Schmidt-Kaler von der Universität Ulm in einem begleitenden Kommentar. So können die Quantenzustände von Atomen gleich mehrfach durch den Qubit-Zustand eines einzigen Photons vollständig kontrolliert werden. Koautor Michel Brune kann sich sogar vorstellen, den Resonator als Schalter für die Quantenzustände von Atomen zu nutzen.
Neben der Bildung und der Kontrolle von miteinander verschränkten Photonen und Atomen will Brune das Experiment nun mit mehreren Photonen wiederholen. Durch die gleichzeitige Speicherung in der Resonatorfalle erhofft er sich Einblicke in den „semi-klassischen“ Bereich zwischen einer Quantenbeschreibung eines Photons und der klassischen Darstellung des gleichen Teilchens als kontinuierliche elektromagnetische Welle.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
Sébastien Gleyzes et al., Quantum jumps of light recording the birth and death of a photon in a cavity, Nature 446, 297 (2007).
http://dx.doi.org/10.1038/nature05589 - Kommentar:
F. Schmidt-Kaler, Total surveillance, Nature 446, 275 (2007).
http://dx.doi.org/10.1038/446275a - Département de Physique de l'Ecole Normale Supérieure, Paris:
http://www.phys.ens.fr - Laboratoire Kastler Brossel:
http://www.spectro.jussieu.fr - Institut für Quanteninformationsverarbeitung, Universität Ulm:
http://www.uni-ulm.de/qiv/